Hallo, mein Lieber,
nach acht Jugendbüchern und mehreren Kunst- und Kulturführern habe ich
meinen ersten Krimi geschrieben: „Stramme Burschen“. Lag mir auf der Seele. Kannst zur Vernissage in die Schrankgasse kommen!
Auf bald
M
Servus, Michael,
mit solchen Einladungen, das weißt Du, tue ich mich schwer – die Schrankgasse liegt nicht gerade auf dem Weg zum Kottbusser Tor. Aber schick doch mal ein paar Textauszüge.
d.
Hallo,
ich schick dir einfach den ganzen Krimi. Für Erregung in Berlin. Im Krimi geht’s um rechte Recken, eine linke Anwältin und ihre beste Freundin, die – wir sind in Wien – natürlich Hofrätin in einem Ministerium ist. Lies mal!
Baba
M
Salut,
danke, alles angekommen. Nur bin ich wegen „Charlie“ so gut wie gar nicht zum lesen gekommen. Habe für’s erste nur mal ein wenig geblättert. Den Spittelberg-Verlag kannte ich gar nicht. Ein kleiner wohl, ohne großen Auftritt. Immerhin ein Anfang. Der Plot der „Strammen“ kommt, wie ich sehe, auf alle Fälle „brandaktuell“ daher. Wir haben diesen lodernden Hass seit Jahrzehnten (auch in Wien) diskutiert, dagegen publiziert und demonstriert. Und es brennt immer wieder. Und heute noch. Kein gutes Zeichen. Ich werde mal ein paar Sätze aus Deinen „Burschen“ in meinen Blog pflanzen. Vielleicht will ja jemand weiterlesen.
merci
d.
(…)„Das Haus ist jüdisch“, erklärt Bertl Hauser. „Woher weißt du das?“ Fanny ist verwundert. „Das Geländer im Stiegenhaus ist mit Davidsternen verziert. Laut Anschlagtafel ist die Hausverwaltung und Hausinhabung die Friedmann GmbH. Doron Friedmann ist ein prominentes Mitglied der …“ „… der israelitischen Kultusgemeinde“ unterbricht Fanny. „Ja, ich weiß.“ Sie zögert kurz und deutet dann auf die beschmierte Wand. „Trotzdem ist das nicht logisch. Denn wieso brennen diese Nazi-Helden dann nicht gleich das ganze Haus nieder, wenn sie auf einem Vernichtungsfeldzug gegen das Judentum sind, sondern gehen gezielt in Bakarnes Wohnung?“
Wieder macht Fanny eine kurze Pause. Sie dreht sich um und mustert die Schildchen auf den Briefkästen an der Wand. „Den Namen nach zu schließen, die ich da lese“, meint sie dann, „könnten hier übrigens auch gute stramme Deutsche ansässig sein.“
„Gute stramme Deutsche, wie du sie nennst, wohnen nicht in einem Judenhaus“, gibt Bertl zu bedenken. „Schon gar nicht mitten im zehnten Bezirk, wo sie von Türken, Bulgaren, Rumänen, Ukrainern, Schwarzen und all dem Gesindel umzingelt sind, das angeblich zum Untergang des Abendlandes führt.“
„Damit magst du vielleicht recht haben“, stimmt Fanny zu. „Dennoch hab ich damit noch keine Antwort auf die Frage, worin die Verbindung zwischen Bakarne, diesen Neonazi-Pyromanen und den jüdischen Hauseigentümern besteht. Und noch etwas ist merkwürdig: ‚Kommando Richthofen‘ haben sie an die Wand gesprüht. Richthofen war doch der ‚Rote Baron‘. Der war zwar Kampfflieger im Ersten Weltkrieg, aber ganz sicher kein Nazi. Was soll Kommando Richthofen bedeuten?“ Bertl Hauser zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Wir werden es schon noch herausfinden.“
Michael Schmid: „Stramme Burschen“, Spittelberg Verlag 2014, A-1070 Wien, Spittelberggasse 3/2