Am 1. Februar 2014 setzten rund 2000 Besucher in der Oberschwabenhalle ein Zeichen gegen Rassismus. Beim Aktionstag „Oberschwaben ist BUNT“ begeisterten Jennifer Rostock, POWER AGE, Moveo, DJ Neexus, Marathonmann und Dj Troy Savoy. Daneben Comedy und Aktionsstände. Ob nun verdi, die Stadt Ravensburg oder das ZfP Südwürttemberg – alle stellen fest: Rassismus geht gar nicht. Der Filmemacher Uli Stöckle und sein Kameramann Gerold Nullmeier haben das Projekt von der ersten Sitzung bis zum Konzert begleitet, Interviews geführt und einen Film darüber produziert. Der rund 70 Minuten lange Film zeigt ein buntes Oberschwaben mit bunten Künstlern. (ver.di)
Dieser Stöckle! Wenn ich wieder mal Biberach bin, spüre ich nur seinen heißen Atem, der Träger vintageverdächtiger Jeansjacken hat immer zu tun. Entweder hockt er in seinem rumpeligen Kreativstudio, sichtet, schneidet, montiert, animiert (!) oder er treibt sich im Offenen herum, mit Kamera, Stativ und Team, irgendein Projekt ist immer, meistens Dokumentarfilme und eben auch diese aktuelle Doku namens „Oberschwaben ist bunt“.
Gerade dieses Bunte, dieses Aufstehen, diese aufrechten Beats gegen alten Wahn und neuen Rassismus dürften ihm besonders gefallen haben, immerhin hat Uli Stöckle (s.Foto rechts) ein Anliegen, lange schon: Demokratie, Transparenz, Menschenrechte, all das, eben raus aus den Hinterzimmern der Schwarzen, die ja lange genug versucht haben, das Bunte in Oberschwaben zu verhindern, was ihnen allerdings längst nicht immer gelang, oft genug wollte da was leuchten, ließ sich nicht kleinmachen, auch Stöckle nicht und was vielleicht die wenigsten (außerhalb der Metropole Biberach) wissen, dieser Filmemacher wollte nicht nur filmisch gegen das Immergleiche intervenieren, sondern – verrückt genug – auch direkt und demokratisch: stellte sich in seiner Heimatstadt Biberach auf den Marktplatz, skandierte „Alles ist möglich!“ und kandidierte im Jahre 2012 (zum zweiten Mal) für den Posten des Oberbürgermeisters – Respekt, das hat nicht einmal Fellini versucht, aber der hat ja auch keine Dokumentarfilme gedreht. Als ich Uli Stöckle neulich während meiner Recherchen zum Thema „Bürgerbeteiligung“ in seinem Studio traf, war er rückblickend immer noch der Meinung, es habe für seine Biberacher Kandidatur keine schlechten Gründe gegeben.
„Ich wollte tatsächlich mehr folgenreiches Mitspracherecht und vor allem, dass in der Stadt Themen diskutiert werden, die einfach auf der Strecke geblieben sind. Biberach ist auf eine gewisse Art und Weise sehr satt. Man ist glücklich mit dem, was läuft, man braucht ja nichts, also muss man auch nicht den kritischen Kopf einschalten. Und ich hatte dann einfach das Gefühl, dass man gewisse Sachen, wie die Jugendarbeit oder die aktuellen Bauvorhaben vielleicht mal öffentlich diskutieren und auch direkt darüber abstimmen sollte.“
Dieses Biberach war Stöckle nicht bunt und offen genug. Also stellte er ein freies und williges Wahlkampfteam zusammen, baute eine Homepage, drehte muntere Spots, ließ sich von so begnadeten Musikern wie dem oberschwäbischen Gitarristen und Produzenten Peter Zoufal (s. Foto links) den Soundtrack montieren und brachte seine eigene Farbe in den Wahlkampf. Wieder mal war Oberschwaben bunt. Aber viele Wähler waren resistent gegen den unbotmäßigen Newcomer.
„Man macht sich ja einfach zum Affen und wenn das Ergebnis nachher auf fünf Prozent raus läuft, dann weiß man: okay, tausend Leute stehen zwar hinter dir, aber was soll’s? Ich hatte extrem viel Streß und musste mich aus eigener Tasche finanzieren, weil ich in keiner Partei bin. Der Aufwand war einfach zu groß, dann mache ich lieber kleine Projekte, ganz konkrete, mit konkreten Menschen und nicht mehr auf dieser Politik-Ebene, wo sich letzlich der ganze Aufwand in Nichts auflöst.“
Bürger Stöckle will kein Kandidat mehr sein. Lieber dreht und produziert er weiter. Filme über’s bunte Oberschwaben zum Beispiel. Gut so. Denn die gelingen ihm durchaus. Just have a look.