Es war einmal, auch zweimal, ich erinnere mich noch genau, nicht allzuviel Jahre nach dem 45er-Crash, ich war noch sehr jung, dicke Popel in der Nase, eine Hose aus Stoffresten über dem schmalen Hintern, und überall gab es noch Holzkrücken, Beinamputierte, Blinde und Bettler genug. Wenn jemand an die Tür unserer StubeKücheAußenkloWohnung klopfte und hatte Hunger oder Durst, bat meine Großmutter ihn an den alten Tisch mit dem Wachstuch, er bekam ein Stück Brot, ein Glas Wasser und erzählte ein bißchen. Daß er fliehen musste, zum Beispiel, und immer noch Granatsplitter im Bein. Oder er trug eine braune Jacke mit nur einem Arm darin, egal, wir hatten Zeit und hörten zu. Irgendwann seufzte meine Großmutter, stand auf und gab dem Gast noch ein Stück Apfel mit auf den Weg. Wenn sie den Gezeichneten nachschaute, nahm sie mich oft in den Arm: „Wir haben nur Glück gehabt!“, sagte sie immer. Und daß man sein Glück teilen muss. Und wir teilten es. Und nichts ist vorbei.
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