vonDetlef Berentzen 20.08.2015

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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In Sant’Agata ließ er sich vom Verwalter begleiten, über den Zustand der neuen Einrichtungen berichten, ob die Mühle noch funktioniere, die Käserei mit Erfolg arbeite, die Bewässerung keine Schwierigkeiten mache. Peppina spottete über seinen Eifer, seine Verwandlung vom Maestro zum Bauern. (Peter Härtling: „Verdi“)

Nach der Hitze des Südens, nach dem Eintauchen in kühle Seen und der Flucht in klimatisierte Räume, nach dem radikalen Sturz ins angemessen Herbstliche und dem Staunen über eine Einladung von italienischen Freunden ausgerechnet nach Sant’Agata, …nach all dem plötzlich der Geburtstag der alten Dame und der steht samt Krawatte unverhofft vor der Tür und verlangt nach Stoff – Lesestoff. Eifriges Überlegen, kleine Verzweiflungen, welches Buch dieser exaltierten Leserin schenken, welche Sätze könnten der alten Dame Freude machen?

Wir stehen in einem dieser kleinen Buchläden, die es in der oberschwäbischen Provinz noch gibt, und wollen schon aufgeben, da hört Emma das leise Lachen der Peppina, dazu ein geflüstertes „O!Gloria“ des großen Alten, sie wendet sich um und da steht er: Giuseppe, wohl behütet und verbeugt sich: „Buongiorno Signora! Ho aspettato si lungo!“ Emma nickt: „Stimmt! La Traviata ist lange her. Auch der letzte Verdi-Flashmob in Bologna.“ Und jetzt dieses Buch mit neun Fantasien. Von diesem Härtling.

Verdi schmunzelt, er weiß in dem Buch seine letzten Jahre genauestens erfunden, aus nächster Nähe fast zärtlich erspürt: “ Wir sind uns nahe gekommen, haben manchen Becher gemeinsam geleert, er hat es ja aufgeschrieben, der Härtling, gleich zu Anfang: Er betreibt den waghalsigen Austausch unser beider Erfahrungen. Und meint damit nicht nur die Erfahrungen mit der Kunst, der Musik, dem Schreiben, sondern auch die Erfahrungen mit unseren Frauen, den Kritikern, den Jungen, dem Anfang, dem Ende, dem Finale. Siamo Vicini! Er erzählt uns beide!“

Natürlich haben wir Härtling und seinen „Verdi“ im Triumphmarsch zur Kasse getragen und so kam Giuseppe, bunt verpackt, ins Haus unserer alten Dame. Sie hat inzwischen längst angefangen, die Beiden zu lesen, ihren Verdi, ihren Härtling. Und warum nicht wiedermal eine Reise nach Sant’Agata?, fragt sie, „Du hast doch lange genug in der Gegend gelebt! Hast du keine Sehnsucht nach deiner Emilia-Romagna? “ Doch habe ich. Und ich will ja. Morgen schon. Nur erst noch den alten Verdi bis kurz vor Schluß lesen. Und das Ende in Sant’Agata erleben. Meinetwegen auch in Kresniks „Villa Verdi“, alt genug sind wir. Auf alle Fälle bleibt diesmal keine Zeit für Härtlings Buchpremiere. Leider! Denn diese Premiere samt Lesung findet heute abend statt. In Frankfurt. Es soll noch „Restkarten an der Abendkasse“ geben, ist zu hören.

Buchpremiere

Verdi. Das Buch.

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