Er saß auf einer Ofenbank. Immer hockten die Alten auf einer Ofenbank. Damals jedenfalls. Da durften sie auch noch ein Pfeifchen rauchen, die ollen Holzpantinen anziehen und sich draußen in den Wind stellen. Die Fahrensleute trugen eine schwarze Kappe auf dem Kopf, stützten sich auf ihren Stock und hatten den Blick auf’s brausende Meer gerichtet. Moin, moin, ja, so war das. So hat man sie gemalt. Heute müssen die Alten fernsehen, jede Menge Tabletten schlucken, E-Bike fahren und fast 90 Jahre alt werden, bevor sie den goldenen Rollator bekommen. So alt bin ich noch nicht. Längst nicht.
Trotzdem lass ich meinen Alten auf einer Ofenbank sitzen, denn es ist meine Geschichte und ich hab’s gern warm, vor den Fenstern schneit es, in der Küche die Kanne mit heißem Friesentee und draußen, auf dem Giebel des Hauses, steht zu lesen, dass der Alte lieber tot als ein verdammter Sklave wäre. Ein bisschen verwittert die Schrift, genauso wie der Alte, macht aber nix, er seufzt ein wenig, die Frau liest weiter ihre Süddeutsche, schaut ihn ab und zu besorgt an, denn das ist nicht mehr der Straßenkämpfer von einst, der in Hamburg jede Hafenstraße besetzte, die ihm vor die Schleuder kam. Der Alte hier schreibt nur noch melancholische Gedichte, kifft seinen grünen Strandhafer, sitzt auf der Ofenbank und grämt sich, statt endlich das Reetdach neu zu decken.
Doch mein Alter grämt sich zu recht. Es ist Weihnachten, die Kerzen brennen, er hat im Schuppen ein paar Geschenke gebastelt und nun kommt niemand. Seit Wochen kein Anruf von seinem Sohn und der hat doch das frisch gebackene Enkelkind bei sich, das ist erst ein paar Monate alt und der Opa hat der Kleinen mit der Stichsäge in langen Nächten einen ganzen Kinderladen (s.o.) gebaut, aber das interessiert wohl keinen, kommt ja niemand, also noch ne Tasse Tee und ein Pfeifchen. Wird er mit seiner Frau eben alleine ein paar Kerzen anzünden und die Platte von diesem Regener auflegen, die mit dem Vorschlaghammer, mit dem man alles platt macht.
So weit kann ich es nicht kommen lassen. Also hören wir vor dem Haus plötzlich ein Motorengeräusch, eine Wagentür klappt, dann Stimmen, Schritte, die Haustür fliegt auf, der Alte in den Pantinen raus auf den Flur und da sind sie: die Kinder und allen voran das Enkelkind, irgendjemand hält es ihm hin, es schaut noch ein wenig skeptisch (s. o.), man kann ja nicht jedem trauen, aber meinem Alten, der hat die Pfeife weg gelegt und ist mächtig aufgeregt. Seine Frau flüstert noch: Denk an deine Herztabletten!, aber heute schützt ihn der Heiland, also setze ich nun alle auf die Ofenbank, sie puhlen frische Nordseekrabben, draußen heult der steife Wind, dicke weiße Flocken treiben Richtung Leuchtturm und der Alte nickt und freut sich, dass es auch zum Weihnachtfest manchmal Geschichten gibt, in denen am Ende alles gut wird.
….wünsche Dir fröhliche Feiertage!