vonDetlef Berentzen 21.09.2018

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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….weil täglich immer mehr passiert, weil der Hass auf Fremde eskaliert und keiner weiß, wie und wann man diesen Schwachsinn stoppen wird… (Die Toten Hosen: „Willkommen in Deutschland“)

Man spricht vom drohenden Rückfall in die Barbarei. Aber er droht nicht, sondern Auschwitz war er. Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall zeitigten, wesentlich fortbestehen. Das ist das ganze Grauen.

Die Gesellschaft in ihrer gegenwärtigen Gestalt beruht auf der Verfolgung des je eigenen Interesses gegen die Interessen aller anderen. Das hat im Charakter der Menschen bis in ihr Innerstes hinein sich niedergeschlagen. Was dem widerspricht, der Herdentrieb der sogenannten „lonlely crowd“, der einsamen Menge, ist eine Reaktion darauf, ein Sich-Zusammenrotten von Erkalteten, die die eigene Kälte nicht ertragen, aber sie auch nicht ändern können.

Weiter wäre aufzuklären über die Möglichkeit der Verschiebung desssen, was sich in Auschwitz austobte. Morgen kann eine andere Gruppe drankommen als die Juden, etwa die Alten, die ja im Dritten Reich gerade eben noch verschont wurden, oder die Intellektuellen, oder einfach abweichende Gruppen. Das Klima, das am meisten solche Auferstehung fördert, ist der wieder erwachende Nationalismus. Er ist deshalb so böse, weil er im Zeitalter der internationalen Kommunikation und der übernationalen Blöcke an sich selbst gar nicht mehr so recht glauben kann und sich ins Maßlose übertreiben muß, um sich und anderen einzureden, er wäre noch substantiell.

Die einzig wahrhafte Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz wäre Autonomie, wenn ich den Kantischen Ausdruck verwenden darf; die Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestimmung, zum Nicht-Mitmachen.

(aus: Theodor W. Adorno, „Erziehung nach Auschwitz“, Hessischer Rundfunk, Frankfurt 1966)

 

Würde, Verantwortung, Demokratie

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