vonDetlef Berentzen 28.09.2018

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

Mehr über diesen Blog

PROLOG

Eine „Revolutions-Revue“ muss es werden, insistierte Hanna Mittelstädt (Edition Nautilus) bereits vor zwei Jahren (mittlerweile hat sie den Verlag an die MitarbeiterInnen übergeben), klar doch, darunter macht sie es nicht, das braucht es, um diesen einmaligen und konsequenten Nein-Sager aus den Schatten der Literaturen zu holen: Franz Jung, 1888 -1963, vergraben in Stuttgart, soweit ich weiss. Hohe Zeit für die Auferstehung des alten Aanarchisten, schließlich gilt es all das elend durchgestylte Postfaktische mit Hilfe dieses wunderbar Verrückten zu schleifen: „Mehr Tempo!, Mehr Glück! Mehr Macht!“, genau wie er es proklamierte, der Abenteurer und Revolutionär. Und war ja damals auch in inspirierendem Kontakt mit Erich Mühsam, Oskar Maria Graf, Karl Korsch, John Heartfield und dem Psychoanalytiker Otto Groß, doch hat das leider nicht für ein nachhaltiges Leuchten in der literarischen Geisterwelt gereicht, auch dass sein erstes Buch aus dem Jahre 1912 als expressionistisches „Trottelbuch“ daher kam, hat den Geisterfahrer Franz Jung, der sich einst fröhlich im „Club DADA“ herumtrieb, nun ganz und gar nicht berühmt machen können.

Doch wie gesagt, da ist ja Hanna Mittelstädt (s. Foto). Eine wie sie bleibt dran, nutzt ihre Kontakte, gibt nicht auf, hat ja schon zusammen mit Lutz Schulenburg und kleinem Geld die Werkausgabe des Franz Jung gestemmt und sich später die Frage gestellt:“Und wen hat es interessiert? Das Werk? Die Heldentat? Hat das Feuilleton den Arsch bewegt? Gab es eine Explosion in der Literaturwissenschaft?”. Gab es nicht. Natürlich nicht. Alles Ignoranten. Kein Grund zur Depression. Jung wurde weiterbeatmet, seine “Technik des Glücks” sogar von Armin Petras (bis Minuten vor seiner Ausreise aus der DDR) für die Zionskirche inszeniert – Franz ging nicht verloren. Hanna hat ihn auf Lesereise geschickt, doch das reichte nicht, es brauchte noch mehr Intensität, noch mehr Nähe, noch mehr Atem, noch andere Bilder. All das hat sie hinbekommen. Am 14. November 2018 ist im “HAU 2 Berlin” Premiere”: Eine Franz Jung-Revue mit dem Titel „Die Technik des Glücks“ tritt ins Theaterleben. Die Musik für die Revue machen “Die Sterne”. Das Textbuch haben, unter Verwendung der Texte Franz Jungs, Annett Gröschner und die Regisseurin Rosmarie Vogtenhuber geschrieben. Am Konzept ist auch Bühnenbildnerin Constanze Fischbeck beteiligt. Schauspieler auf der Bühne sind Robert Stadlober und Wolfgang Krause Zwieback. Im filmischen Teil der Inszenierug spielt Corinna Harfouch.

Es hat also geklappt: Welch eine Technik! Welch ein Glück! Endlich springen Franz Jungs Sätze aus dem Buch und mitten auf die Bühne. Dort taumeln sie jetzt noch ein wenig und suchen Ort und Bestimmung. Doch das wird und wurde schon. Wie genau, das erzählt Hanna Mittelstädt ab heute immer mal wieder in Wort und Bild bei Dr. Feelgood. Revolutionen, Utopien und sonstige Glücksgefühle bleiben auf der Tagesordnung. Stay tuned! (db)

 

 

Wo anfangen? Vielleicht zunächst mal ein Rückblick!

Die Vorbereitungen begannen schon im Mai: Erste Besprechungen mit den beiden Schauspielern, die Franz Jung auf der Bühne darstellen werden. Wolfgang Krause Zwieback empfing den Geist Franz Jungs unter dem Sonnenschirm im Hof der Edition Nautilus, freundlich, aber skeptisch betrachtet von seinem Kollegen Robert Stadlober ….

Dann, Mitte Juli, es war richtig heiß, folgte die erste gemeinsame Probe mit den Musikern. Von der gibt’s auch ein Foto (s.u.), da sitzen die Jungs vor dem Probenraum der „Sterne“ in Hamburg: Wolfgang Krause Zwieback, Robert Stadlober, Frank Spilker, Thomas Wenzel (Bass) und Christoph Leich (der Drummer):

 

 

 

 

Abends wurde gegrillt. Die weibliche Leitung war zwar auch dabei, ist aber leider auf keinem Bild zu sehen, warum eigentlich nicht?: Annett Gröschner (Textbuch), Rosmarie Vogtenhuber (Regie) und ich, sowie die zauberhafte Assistentin Anna Schwindack. Wir müssen uns wohl erst daran gewöhnen, dass von uns auch Bilder gebraucht werden, nicht nur Ideen!

 

Nach der stundenlangen Probe im engen Raum,
alle Fenster wegen des Geräuschpegels fest geschlossen,
gingen die Jungs dann zum Lüften an den Hafen,
was Wolfgang in einer künstlerisch wertvollen Skizze festhielt …

 

Von der Alster dann an die Spree, besser noch an den Landwehrkanal und in die HAU-Komfortzone: Auf der echten Bühne sieht natürlich alles anders aus als im Muster. Auf der echten Bühne siehst Du im Background Rosmarie und Assistentin Anna.

Die Miniaturbühne (nächstes Foto) ist von Constanze Fischbeck selbst gebaut, sie wird sich verändern. Man erkennt die Inspiration aus der Zeit der früheren Aufführungen der Jung-Stücke.

 

Eigentlich muss die Regie zu all dem nicht viel erklären, aber sie tut es doch, vorsichtshalber.

Die Gastfreundschaft im HAU war übrigens großzügig, wir konnten uns mehrere Tage völlig frei bewegen, und die HAU-Techniker sind für ihre Professionalität, aber auch für ihre kreative Geduld sehr zu loben!

Warum also Franz Jung? Was hat uns alle, 5 Frauen, 5 Männer, geritten, dass wir uns in dieses Projekt gestürzt haben: „Die Technik des Glücks“?! Darüber will ich Dir bis zur Premiere im November berichten, und am Ende wird es hoffentlich mit Franz Jung heißen: „Die Mauern müssten bersten vor Glück“! HM

die technik des glücks

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/spurensuche/2018/09/28/widerspruch-und-gluecksgefuehl-1/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert