vonDetlef Berentzen 14.11.2018

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

Mehr über diesen Blog

Nein, Hanna Mittelstädt erzählt diesmal nicht von den Proben zur „Franz-Jung-Revue“, wie sollte sie auch, gestern war schließlich Generalprobe und nun gibt es erst einmal nichts mehr zu erzählen, denn heute abend ist Premiere. Die gute Hanna (Pseudonym „Clara Diabolis“) wird also in diesem Moment das angemessene Lampenfieber haben, mit dem revolutionären Geist des alten Franz (1888-1963) und ihren Kumpanen in der Garderobe des Berliner HAU 2 sitzen, auf gute Winde hoffen und darauf, daß niemand ihr Theaterschiff entführt.

Es war auch an der Zeit, all das elend durchgestylte Postfaktische mit Hilfe dieses wunderbar verrückten Franz Jung zu schleifen, mit „Mehr Tempo!, Mehr Glück! Mehr Macht!“ gegen das Immergleiche anzutreten, …genau wie er es proklamierte, der Abenteurer und Revolutionär.

Kaum jemand dürfte sich noch daran erinnern , dass es Jung (s.o. ) war, der mit einigen anderen revolutionären GenossInnen nicht nur lodernde Zeitschriften herausgab, sondern in Piratenmanier gleich einen kompletten Dampfer (kein Theaterschiff!) kaperte, um sich Richtung Murmansk einzuschiffen, wo er mit Lenin und Bucharin über die Aufnahme seiner ziemlich anarchistischen Arbeiterpartei (KAPD) in die „Kommunistische Internationale“ verhandeln wollte – was ob der autoritären Gemengelage in der Sowjetunion selbstverständlich nicht glückte und ihm nach seiner Rückkehr den deutschen Knast bescherte. Eben dort schreibt er sie auf, formuliert sie: „Die Technik des Glücks“, will den Hass aus der Welt schaffen, gegen die elende Vereinzelung des Menschen antreten und behauptet keck: „Jeder Widerspruch enthält ein Glücksgefühl!“

 

Genau das, meint die ebenfalls fröhlich-anarchistische Hanna Mittelstädt (s.o.), genau das gilt heute noch! Und erzählt das auch gerne mal im Radio. Gestern zum Beispiel dem staunenden Moderator der „Lesezeit“ im Deutschlandfunk Kultur. Und lacht dabei noch fröhlich. Nicht umsonst hat sie das gesamte Werk des Franz Jung, seine Theaterstücke, seine Aufzeichnungen, Artikel, Schriften, Romane, sein ganzes „Gedankenplasma“ gemeinsam mit Lutz Schulenburg (Deckname: „Attila Eisenherz“) in der Edition Nautilus verlegt. Doch, wie gesagt, das allein reichte ihr nicht. Die Sätze müssen aus den Büchern springen, auf die Bühne und sich als „Revolutions-Revue“ präsentieren. Heute, morgen und überhaupt. Die ersten Vorstellungen sind mehr oder weniger ausverkauft.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/spurensuche/2018/11/14/widerspruch-und-gluecksgefuehl-6/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert