vonDetlef Berentzen 19.11.2018

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Alle wollen Donald Trump erklären. Fast alle. Doch die Gegenwart reicht allein nicht aus, um das jahrhundertealte Phänomen von Wahn, Besessenheit und Egomanie komplett zu begreifen. Nicht einmal die Couch der Analytiker hat viel genutzt. Doch dann kam Shakespeare, gerade neulich, verkleidet als der US-Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt. Der legte, wohl aus gegebenem Anlass, ein Buch vor, diesmal über “Tyrannen” (Shakespeare on Politics), also über Macht, Habgier, Irrsinn, Intrigen und die dazugehörigen Köpfe, ob nun die von Richard, Cäsar oder eben auch von Macbeth. Wer Trump verstehen will, sollte den alten Macbeth lesen.

Oha, das hörte die Chefin der deutschen Shakespeare Gesellschaft, Claudia Olk, im Interview des Deutschlandfunks Kultur nun gar nicht gern: „Der Vergleich zu Macbeth wäre doch ein sehr großes Kompliment für den gegenwärtigen amerikanischen Präsidenten.” Es stimmt schon, was Trump betrifft, sind Komplimente fehl am Platz. Und trotzdem: Form und Struktur tyrannischer Machthaber werden bei der Lektüre von Macbeth durchaus klarer. Und bekommen geschichtliche Dimensionen.

“Juckend sagt mein Daumen mir/Etwas Böses naht sich hier/Nur herein/Wer’s mag sein?” Das kam von der Dritten Hexe. Und was von Macbeth kommt, kann durchaus schon mal Trump spiegeln. Auch wenn der Mann nur eine verrückte Potenz seines aus den Fugen geratenen Publikums ist. Doch lesen Sie selbst.

 


(…)
In jedes Auge heißt Thränen locken
Und jedes Herz zur Wuth entflammen wird –
Ich habe keinen Antrieb, als den Ehrgeiz,
Die blinde Wuth, die sich in tollem Anlauf
Selbst überstürzt und jenseits ihres Ziels
Hintaumelt – Nun! Wie steht es drinn?

 

(…)Komm, laß uns
Den blut’gen Vorsatz mit der schönsten Larve
Bedecken! Falsche Freundlichkeit verhehle
Das schwarze Werk der heuchlerischen Seele!

 


(…)
Ich habe keinen Sinn mehr für die Furcht.
Sonst gab es eine Zeit, wo mir der Schrei
Der Eule Grauen machte, wo mein Haar
Bei jedem Schreckniß in die Höhe starrte,
Als wäre Leben drin – Jetzt ist es anders.
Ich hab’ zu Nacht gegessen mit Gespenstern,
Und voll gesättigt bin ich von Entsetzen.

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