Ich kenne keine Partei in der Bundesrepublik, die so sehr Heuchler ist wie die CDU/CSU. Plötzlich hört man seit Montag von den Führungsgremien, dass jede Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen und faschistischen AfD ausgeschlossen sei, selbst von Markus Söder (CSU), Kumpel vom ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban, oder vom AKK-Zombie Paul Ziemiak, der als CDU-Generalsekräter nichts Besseres zu tun hat als auf Twitter über eine sechzehnjährige Schwedin zu spotten, die wenigstens etwas Sinnvolles tut. Präsidium und Vorstand der Berliner CDU-Parteizentrale erklären am Montag: „Wer die AfD unterstützt, muss wissen, dass er damit bewusst auch rechtsradikalen Hass und Hetze, extreme Polarisierung und persönliche Diffamierungen in Kauf nimmt.“
War es nicht Alexander Dobrindt (CSU), der letztes Jahr als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe von der »konservativen Revolution« schwärmte, die terminologisch auf die 20er der Weimarer Republik zurückgeht und dem Nationalsozialismus Geburtshilfe für die 30er geleistet hat? War es nicht Horst Seehofer (CSU), der als Bundesinnenminister nach dem faschistischen Schlägermarsch in Chemnitz die Migration als die »Mutter aller Probleme« bezeichnet hat, statt auf der Seite der Opfer zu sein und sich mit den demokratischen Wir Sind Mehr-Kräften zu solidarisieren? War es nicht Hans-Georg Maaßen (CDU), der damals als amtierender Verfassungsschutzpräsident Geheimdienstdaten an die AfD weitergereicht hat, der Ex-AfD-Chefin Frauke Petry Tipps gab, wie ihre Partei einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen könne, jener Maßen, der mit der AfD-Dackelkrawatte Alexander Gauland tuschelte und der die Hetzjagd in Chemnitz leugnete, um anschließend nach dem Ausscheiden vom Amt als Mitglied der Werte-Union in einem Interview davon zu sprechen, dass man nie wisse, ob nicht in Zukunft eine Zusammenarbeit CDU/CSU-AfD möglich sei?
War es nicht dieselbe CDU/CSU, die bloß zynische Kälte für über hundert Flüchtlingsheime übrig hatte, die in Deutschland durch rechte Barbarei in Flammen gesetzt wurden? Dieselbe CDU/CSU, die als Regierungspartei zaghaft bis gar nichts gegen die bewaffneten »Reichsbürger«, gegen rechtsradikale Unterwanderung in Bundeswehr und Polizei, gegen die Vertuschung und Verschleppung im Fall Oury Jalloh, gegen den Verfassungsschutz im Fall Amri und im schändlichen NSU-Prozess unternommen hat – nicht mal Aufklärung, geschweige denn für die Betroffenen? Oder dieselbe CDU/CSU, die Internierungslager für Vertriebene an der deutschen Grenze fordert, Menschen im Mittelmeer sehenden Auges ertrinken lässt, die SOS-Rufe von Iuventa10, Sea-Watch 3 usw. ignoriert und die Festung Europa ausbaut?
Nicht zuletzt auch dieselbe Partei, die nach der Kopfschussermordung des Kasseler CDU-Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen militanten Nazi, der nun nach und nach wie in der NSU-Mordserie zum »Einzelfall« zusammengequetscht wird, eine unheimliche Stille und Teilnahmslosigkeit um sich breitete und breitet, obwohl es sich beim Opfer um jemanden aus der eigenen Partei handelt? Ich könnte das endlos fortführen, bspw. mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen dieses Jahr (Brandenburg, Sachsen, Thüringen), wo führende Konservative Koalitionsbereitschaft mit der AfD zeigen, etwa Ulrich Thomas, CDU-Fraktionsvorsitzender im Magdeburger Landtag. Nichts schürt in mir zugleich Ekel und Verdruss, wie allzu lang über die CDU/CSU zu sprechen.
Aber eigentlich wollte ich nur eine Sache im Zusammenhang mit der Erklärung der Parteizentrale zu Wort bringen: Die CDU/CSU hat die letzten Jahre AfD und Co. mit ihrer Politik unterstützt und „muss wissen, dass [sie] damit bewusst auch rechtsradikalen Hass und Hetze, extreme Polarisierung und persönliche Diffamierungen in Kauf nimmt“ und genommen hat, auch und besonders Rassismus. CDU/CSU unterstützen heißt indirekt AfD & Co. unterstützen.
Wenn der Fall Lübcke nicht tragisch wär, müsste man lachen, dass es gerade Linke und Antifaschisten sind, die nach seiner Ermordung auf die Straßen gehen, spontane Demos veranstalten, sein Porträt neben das der NSU-Opfer einreihen und den Rechten den Kampf ansagen – jene Aufrichtigen, gegen die die Konservativen seit Jahrzehnten mit ihrer schwarzen Ideologie, mit ihrem Hass auf rote Fahnen und mit verstaatlichter Klassengewalt wettern und sie bedrängen, um im Rücken vorgeschobener Unschuldsbehauptungen die Interessen der Banken und Unternehmer in Gesetze zu verwandeln. Aber mir vergeht jedes Lachen. Es gibt nichts zu lachen, wenn man an die CDU/CSU denkt. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, wann CDU/CSU mit AfD ins Bett steigen wird. Jedenfalls neigt sich das Vorspiel allmählich dem Ende. Eine Lehre aus Österreich ist den Konservativen nicht zuzutrauen. Warum? – Weil sie konservativ sind.
“ Eine Lehre aus Österreich ist den Konservativen nicht zuzutrauen. Warum? – Weil sie konservativ sind.“
Eine schöne Zusammenfassung und bedenkliche Erkenntnis