vondorothea hahn 14.03.2011

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„Lächerlich, kontraproduktiv und dumm“ – ridiculous, counterproductive and stupid“ – hat Philip J. Crowley die Behandlung des Gefreiten Bradley Manning in einem US-Militärgefängnis genannt. Für den Sprecher des Aussenministeriums sind das ungewohnt klare Worte. Zumal sie sich gegen ein anderes Ministerium richten: Das Pentagon, dessen Militärrichter unter anderem wegen „Kollaboration mit dem Feind“ gegen Manning ermitteln.

Zwei Tage später muss Crowley seinen Hut nehmen. Er tritt am Samstag in Washington zurück. Er ist der erste in den USA, der über die Wikileaks-Affaire gestolpert ist.

Präsident Barack Obama hat sich hinter das Pentagon gestellt. Und damit auch das Schicksal von Crowley besiegelt. Bei einer Pressekonferenz am Freitag antwortet Obama auf eine Frage nach den Haftbedingungen von Manning, das Pentagon habe ihm mitgeteilt, der Gefangene werde angemessen behandelt: „auf der Höhe unserer Grundstandards“.

über die „angemessene“ Behandlung des 23jährigen Manning, der verdächtigt wird, die Quelle füer geheime Dokumente über die Kriege im Irak und in Afghanistan, sowie 250.000 Dokumente aus dem Aussenministerium zu sein, gibt es andere Meinungen. Manning sitzt seit vergangenem Juli 23 Stunden pro Tag in Einzelhaft und wird alle paar Minuten kontrolliert. In der 24. Stunde darf er in einer anderen Zelle auf und abgehen. Seit Anfang März muss er abends seine komplette Kleidung – inklusive Slip – abgeben und musste zumindest einmal  (nach anderen Informationen mehrfach) auch zum Morgenappell nackt antreten.

Der 79jährige Daniel Ellsberg, der vor vier Jahrzehnten geheime Dokumente über den Vietnam-Krieg enthüllt hat, reagiert scharf auf Obamas Worte. „Wenn er das glaubt, glaubt er alles“, schreibt Ellsberg in der Londoner Zeitung Guardian.  Schlafberaubung, Erniedrigung und erzwungene Nacktheit seien Methoden aus dem Handbuch des CIA, wie sie in Guantanamo und Abu Ghraib zum Einsatz kamen. Ellsberg glaubt, dass das scharfe Regime für Manning nicht von dessen Bewachern, sondern sehr viel weiter oben in der Hierarchie entschieden wird: „im Pentagon. Wenn nicht sogar im Weissen Haus“.

Auch der Vater des gefangenen Gefreiten meldet sich erstmals zu Wort. Brian Manning hat eine sanfte Stimme und war selbst einmal Soldat. Er hat seinen Sohn zum Militärdienst gedrängt, weil er glaubte, das sei gut für dessen Entwicklung. In einem Interview mit dem Sender PBS nennt der Vater das Regime, dem sein Sohn unterworfen ist, „nicht richtig“.

In einem Brief an seinen Anwalt hat Manning über eine frühere Verschärfung seiner Hafbedingungen geschrieben, dass sie als Antwort auf Proteste vor dem Militärgefängnis verhängt worden seien.

Die  „Suizidgefährdung“ Mannings, die immer wieder von seinen Bewachern als Argument für besondere Haftbedingungen angeführt wird, erscheint seinem Verteidiger als vorgeschoben. Weder der Verteidiger  noch andere Bersucher halten Manning für selbstmordgefährdet. Der Verteidiger zitiert auch mehr als ein Dutzend Einträge aus der Zeit von August bis Januar in der Medizinakte des Gefangenen, wonach keine Suizidgefahr bestehe.

Freunde vermuten, dass Manning unter Druck gesetzt werden soll, um über Julian Assange auszusagen: Um den Gründer von Wikileaks zu belasten. Offenbar fehlen dem Justizministerium Beweise. Bislang hat es, trotz intensiver Arbeit am Thema, keine Anklage gegen Assange vorgelegt.

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