vonChristian Ihle 06.01.2011

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1. Der Film in einem Satz:

Der sichtbare Dritte, in Venedig.

2. Darum geht‘s:

Die schöne, mysteriöse Elise Clifton-Ward (Angelina Jolie) ist die Freundin des untergetauchten Meisterdiebs Meisterbuchhalters Alexander Pierce. Observiert vom britischen Finanzamt, dem Pierce 700 Millionen Pfund schuldet, fährt sie zu einem heimlichen Treffen nach Venedig. Um die Finanzagenten zu verwirren, schnappt sie sich auf Anweisung von Pierce auf der Zugfahrt den ahnungslosen Frank Tupelo (Johnny Depp), der ihm in „Größe und Statur“ ähnelt. Einige Bootsverfolgungsjagden, wütende Russen und Luxushotels später wird Pierce seinen größten Trick vollführen…

Nach seinem in Amerika stürmisch umjubelten „Das Leben der Anderen“ hatte Florian Henckel von Donnersmarck mehr oder minder carte blanche bei der Auswahl seines ersten Hollywood-Projekts. Dass er sich dazu ausgerechnet ein Remake eines französischen Films („Anthony Zimmer“, mit Sophie Marceau) ausgesucht hat, verwundert doch. Unvorteilhaft ist es zudem, denn Donnersmarcks Regie ist seltsam blutleer: Einige Standard-Verfolgungsjagden, hübsche Ausstattung und schöne Schauspieler machen noch keinen Film. Am nachteiligsten ist jedoch die völlig fehlende Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern. In keiner Sekunde ist auch nur annähernd glaubwürdig, dass sich Jolie in Depp verlieben könnte, keine Funken, kein Sprühen, nichts. Insbesondere Johnny Depp schlafwandelt durch „The Tourist“ als sei er im falschen Film – wohingegen sich Jolie leidlich bemüht, die klassische Femme Fatale Rolle überzeugend in all ihrer Doppelbödigkeit auszuspielen. Depp dagegen spielt seine Rolle mit soviel Esprit wie es ein Film verdient hat, in dem das Finanzamt einen Buchhalter jagt.

Man merkt Donnersmarck an, dass er einen „klassischen“ Abenteuerfilm drehen wollte, einen, der sich der Hektik entsagt, dessen Schauwerte in schönen Hotels und tollen Panoramen liegt, in hübschen Menschen und eleganter Kameraführung – eine Antithese zu den neuen James Bonds mit ihren Wackelkameras, zur Aufgeregtheit der Michael-Bay-Ära. Auch ist ihm hoch anzurechnen, dass er sich um Effizienz bemüht: wer einmal einen Hollywood-Abenteuerfilm mit einer Spiellänge von 130 Minuten plus durchstanden hat, ist Donnersmarck für seine sparsamen – und völlig ausreichenden – 97 Minuten dankbar! Dennoch: The Tourist muss als Enttäuschung verbucht werden, mit zu wenig Sinn für eine sich zuspitzende Dramaturgie (die ja im Plot angelegt ist!) hat Donnersmarck seinen US-Erstling inszeniert.

3. Der beste Moment:

Der angenehm spannende Beginn – bevor Johnny Depp auftritt und The Tourist in den Zug nach nirgendwo setzt.

4. Diese Menschen mögen diesen Film:

Die Tourismusbehörde Venedigs.

* Regie:
* imdb

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