Heute um 10:24 Uhr erhielten ich vom Bundesinnenministerium Antworten auf im Januar gestellte Fragen; die Fragen und die Antworten sowie die Vorgeschichte gibt es dort:
http://blogs.taz.de/theorie-praxis/files/2024/08/sonntaeglicher_mail-Wechsel.pdf
Bleibt vielleicht noch die Frage: Warum diese ganzen akribischen Fragen?
Weil
- das Bundesinnenministerium nur befugt ist, die Auflösung bestimmter Vereine zu verfügen, aber nicht befugt ist, das künftige Erscheinen (bestimmter oder beliebiger) Medien zu verbieten1
und
- es deshalb einen – zumindest juristisch – erheblichen Unterschied bedeutet,
- ob ein bestimmtes Medium bloß als faktischer Kollateralschaden eines Vereinsverbot nicht mehr erscheintoder
- das BMI verfassungswidrig beansprucht, das künftige Erscheinen (bestimmter oder beliebiger) Medien im Rechtssinne verbieten zu dürfen.
Dieser juristische Unterschied hat wiederum Auswirkungen darauf, wie riskant oder – vorläufig – risikofrei es ist, rebellisch auf die bundesinnenministerielle ‚Medien-Schikanierung via Vereinsverbot‘ zu reagieren. Siehe zu Letzterem den Abschnitt
Spielraum für ein bisschen Rebellischkeit
im Artikel Deja-vu: Medien-Schikanierung via Vereinsverbot von Achim Schill bei substack vom 18.07.2024.2
1 Siehe dazu:
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„es [gibt] keine presserechtliche Ermächtigungsgrundlage für das Verbot eines Pressemediums durch den Bund (übrigens auch nicht durch die Länder)“ (Paula Rhein-Fischer, Zeitungsverbot durch die Hintertür?, in: Verfassungsblog vom 19.07.2024).
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„The practice of banning the future publication of entire periodicals […] went beyond any notion of ‘necessary’ restraint in a democratic society and, instead, amounted to censorship.“ (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte [Straßburg], Case of Ürper and others v. Turkey, Applications, nos. 14526/07 u.a., § 44)
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Prof. Christoph Gusy äußerte am 16.06.2024 gegenüber die Legal Tribune Online, es „sei […] besondere Vorsicht geboten, weil die besonderen Schrankenbestimmungen des Art. 5 GG für Publikationsorgane ‚im Vereinsrecht nicht abgebildet werden‘. Das gilt insbesondere für das Erfordernis eines allgemeinen Gesetzes gemäß Art. 5 Abs. 2 GG und die unmissverständliche Wertung des Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG: ‚Eine Zensur findet nicht statt.‘“
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#Unteilbares Zensurverbot: Warum das Verbot von linksunten.indymedia grundgesetzwidrige Zensur darstelllt, in: de.indymedia vom 23.03.2019; https://de.indymedia.org/sites/default/files/2018/10/Unteilbar-Flugi.pdf (4 DIN A 5-Seiten).
2 Vgl. dazu auch: Achim Schill / Detlef Georgia Schulze, Ein neues linksunten? (Pro und Contra), in: de.indymedia.org vom 20.06.2020 sowie „Näncy“ – Berliner Staatsschutz-Staatsanwaltschaft mag (vorerst) nicht von Amts wegen ermitteln (taz-Blogs vom 02.08.2024).