vonDetlef Georgia Schulze 16.07.2024

Theorie als Praxis

Hier bloggt Detlef Georgia Schulze über theoretische Aspekte des Politischen.

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Das Bundesinnenministerium hat am 5. Juni 2024 u.a. verfügt und heute (Dienstag, den 16.07.2024) im Bundesanzeiger bekannt gemacht:

„1. Der Verein ‚COMPACT-Magazin GmbH‘ einschließlich seiner Teilorganisation ‚CONSPECT FILM GmbH‘ richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung.
2. Der Verein ‚COMPACT-Magazin GmbH‘ und seine Teilorganisation ‚CONSPECT FILM GmbH‘ sind verboten und werden aufgelöst.“
(BAnz AT 16.07.2024 B1)

Verbotsgrundlage und „Wirtschaftsvereinigungen“

 



 

[Teil I. und II. in einer gemeinsamen .pdf-Datei.]

 

Dieses Vorgehen gegen einen „Verein“ (auch sog. Wirtschaftsvereinigungen sind gemäß § 17 Vereinsgesetz „Vereine“) hat mehrere Vorbilder. Bevor wir zu den Vorbildern kommen, aber zunächst zum Wortlaut des § 17 Vereinsgesetz und der – beanspruchten – verfassungsrechtlichen Verbotsgrundlage, Artikel 9 Absatz (1 und) 2 Grundgesetz:

„(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.“
(https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_9.html)

Die Vorschriften dieses Gesetzes sind auf Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, konzessionierte Wirtschaftsvereine nach § 22 des Bürgerlichen Gesetzbuches, Europäische Gesellschaften, Genossenschaften, Europäische Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit nur anzuwenden,
1. wenn sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten oder
2. wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit den in § 74a Abs. 1 [Definition und Konzentration der Zuständigkeit für leichtere Staatsschutz-Delikte bei bestimmten Landgerichten] oder § 120 Abs. 1 und 2 [Definition und Konzentration der Zuständigkeit für schwere Staatsschutz-Delikte bei bestimmten Oberlandesgerichten] des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Strafgesetzen oder dem § 130 [Volksverhetzung] des Strafgesetzbuches zuwiderlaufen oder
3. wenn sie von einem Verbot, das aus einem der in Nummer 1 oder 2 genannten Gründe erlassen wurde, nach § 3 Abs. 3 [Verbot] als Teilorganisation erfaßt werden, oder
4. wenn sie Ersatzorganisation eines Vereins sind, der aus einem der in Nummer 1 oder 2 genannten Gründe verboten wurde.“
(https://www.gesetze-im-internet.de/vereinsg/__17.html; Hv. hinzugefügt)

Vorbilder

 

1961: Verlag „Hohe Warte“ – ein gescheitertes Verbot

1961 – noch vor Verabschiedung des Vereinsgesetzes – wurde die Auflösung des – mit der antisemitischen „Ludendorff-Bewegung“ in Verbindung stehenden – Verlages „Hohe Warte“ auf Ebene der Bundesländer bzw. Regierungsbezirke angeordnet.


Schaubild 1: Gemeinsames Ministerialblatt 1966, 1 – 26 (20 f.); rote Hervorhebungen hinzugefügt.

Mehrere dieser Verbote wurde bereits bis 1966 von Verwaltungsgerichten oder Oberverwaltungsgerichten/Verwaltungsgerichtshöfen aufgehoben. (Ich kam noch nicht dazu, nach diesen Entscheidungen zu suchen.)

1971 erging – in zweiter Instanz – ein (veröffentlichtes) Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu dem bayerischen Verbot. Dieses Verbot hob das Gericht zwar auf – aber nicht, weil Organisationen, die sich hauptsächlich oder ausschließlich in Form des Verlegens oder Herausgebens von Medien betätigen – prinzipiell nicht verboten werden dürften; sondern vielmehr deshalb, weil nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts aus der Verbotsverfügung nicht hinreichend bestimmt hervorging, welche Struktur konkret mit der Bezeichnung „Verlag ‚Hohe Warte‘ “ gemeint war.

„Die Revision des Klägers zu 1, ‚V. [Verlag „Hohe Warte“]‘, hat Erfolg, weil die gegen ihn gerichtete Verfügung vom 15. Mai 1961 nicht bestimmt genug die Vereinigung bezeichnet, die verboten und aufgelöst wird. Ein belastender Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er nicht genügend bestimmt ist, insbesondere – auch im Wege der Auslegung – nicht eindeutig genug und der Vollziehung fähig erkennen läßt, wen er treffen soll (vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 9. Aufl., § 11 S. 212; Wolff, Verwaltungsrecht I, 7. Aufl., § 50 II S. 332; Stumpp, DVBl. 1968, 330). An diesem Rechtsmangel leidet die Verfügung vom 15. Mai 1961, soweit sie sich gegen den ‚V.‘ richtet. Denn sie läßt – auch im Wege der Auslegung – nicht eindeutig erkennen, welche Vereinigung unter dieser Bezeichnung verboten und aufgelöst werden soll.“
(BVerwG, Urteil vom 23.03.1971 zum Aktenzeichen I C 54.66, Textziffer 31 f.)

„Verlag ‚Hohe Warte‘“ war bloß die „Firma“ (siehe FN 2) eines Einzelkaufmans – also kein Verein

„Verlag ‚Hohe Warte‘“ war nämlich bloß

„die Firma des Verlagsinhabers Franz F. K. von B. also der Name, unter dem er als Einzelkaufmann seine Verlagsgeschäfte betreibt (§ 1 Abs. 2 Nr. 81, § 172 des Handelsgesetzbuchs). […]. Nun kann allerdings eine natürliche Einzelperson nicht nach Art. 9 Abs. 2 GG und den Vorschriften des Vereinsrechts verboten und aufgelöst werden. Etwas Derartiges ist anscheinend mit der Verfügung vom 15. Mai 1961 auch nicht beabsichtigt. Welche Vereinigung unter der Bezeichnung ‚V.‘ durch diese Verfügung getroffen werden soll, läßt sich jedoch aus dem Inhalt der Verfügung auch im Wege der Auslegung nicht hinreichend eindeutig ermitteln“.
(ebd., Textziffer 33 und 34; Hyperlinks ausgetauscht3; FN hinzugefügt)

Soweit (vielleicht) der (Einzelkaufmann und) seine abhängig Beschäftigten oder eine mit dem Verlag verbundene „Vortrags-“ oder „Rednerorganisation“ gemeint waren, so wurden diese Personenkreise jedenfalls nicht bestimmt genug bezeichnet

In Betracht wäre auch noch gekommen, daß

  • „der Zusammenschluß des Verlagsinhabers F. v. B. mit den kaufmännischen und technischen Angestellten und Arbeitern […], mit deren Hilfe er sein Verlagsunternehmen H.‘ betreibt“ (ebd., Textziffer 35), gemeint war.

Außerdem war auch noch

  • eine „Rednerorganisation“ und „Vortragsorganisation“ in der Verbotsverfügung erwähnt. Dazu hieß es in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:

    Es könnte „eine Personengruppe“ gemeint gewesen sein, „die sich aus dem Vortragsleiter sowie den Rednern und Ordnern des ‚V.‘ zusammensetzt und zu der möglicherweise auch der Verlagsleiter F. v. B. rechnen ist. Diese Personengruppe wird in den ‚Gründen‘ der Verfügung bezeichnet als ‚Mitarbeiterstab, dem auch die für die Öffentlichkeitsarbeit (Veranstaltungen, Vorträge) Verantwortlichen angehören‘, als ‚Rednerorganisation‘ und ‚Vortragsorganisation, der neben einem Vortragsleiter mehrere Redner und örtliche Ordner angehören‘ und die ‚den Weisungen des Verlags unterworfen‘ sei.“
    (ebd., Textziffer 38)

Welche dieser beiden Möglichkeiten tatsächlich gemeint war, ging aber nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht klar genug aus der Verbotsverfügung hervor.

Die Pressefreiheit blieb damals unerörtert

Da die Verbotsverfügung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts schon wegen dieses Bestimmtheitsmangels aufzuheben war, ist das damalige Urteil für die fall-übergreifend wichtigen und interessanten Fragen unergiebig. Bei diesen fall-übergreifend wichtigen und interessanten Fragen handelt es sich um folgende Fragen:

  • Ist in Bezug auf Organisationen, die sich hauptsächlich oder ausschließlich in Form des Verlegens oder Herausgebens von Medien betätigen4 (im folgenden kurz: „Medienorganisationen“), Artikel 9 Absatz 2 Grundgesetz überhaupt einschlägig? Oder sind insoweit vielmehr die Medienfreiheiten aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz und deren spezifischen Schranken in Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz sowie die Schranken-Schranke des Zensurverbots aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz die vorrangige lex specialis („lex specialis derogat legi generali“ [Das speziellere Gesetz verdrängt das allgemeinere])?Artikel 5 Absatz 1 und 2 Grundgesetz lauten:

    „(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
    (https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html)

     

  • Falls derartige Verbote von Medienorganisationen (1.) grundsätzlich und (2.) im jeweils konkret in Rede stehenden Fall zulässig sind – welche Konsequenzen hat das für die Medien dieser Organisationen?
    • Klar – die verbotene Organisation darf die Medien nicht mehr herausgeben bzw. verlegen, denn das Existenzverbot in Bezug auf die Organisation impliziert ein Betätigungsverbot in Bezug auf die Organisation:

      „Vom Verbot ist infolge der umfassenden organisatorischen Auflösung des Vereins auch die Abschaltung seiner Internetpräsenzen und der von ihm geschaffenen Informations- und Kommunikationsstrukturen erfasst. Das in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids enthaltene Verbot der Nutzung der Internetadressen des Vereins wiederholt lediglich die Gesetzeslage (vgl. zum Betätigungsverbot BVerwG, Urteil vom 4. November 2016 – 1 A 6.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:041116U1A6.15.0] – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 72 Rn. 37).“
      (BVerwG, Urteil vom 29.01.2020 zum Aktenzeichen 6 A 1.19, Textziffer 28)

      „Das gleichzeitig gegen den Kläger ausgesprochene Betätigungsverbot (Ziffer 3) ergibt sich aus der Natur des Verbots der Teilorganisationen und der Auflösungsanordnung, ohne dass es einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf.“
      (BVerwG, Urteil vom 04.11.2016 zum Akenzeichen 1 A 6.15, Textziffer 37)

    • Aber dürfen jene Medien künftig von Einzelpersonen (die – wie gesagt – vereinsrechtlich nicht verboten werden können) und/oder von nicht-verbotenen Vereinen herausgegeben bzw. verlegt werden – jedenfalls, sofern das Recht an den Titeln jener Medien nicht – markenrechtlich – zum Vermögen der verbotenen Organisation gehört?

Ich setze erst einmal mit den weiteren Vorbildern des jetzigen Verbotes fort und komme unten (siehe morgigen Teil II.) auf diese beiden Fragen zurück.

2008: Betätigungsverbot für den dänisch-kurdischen Fernsehsender Roj TV – ein zunächst aufgeschobenes Verbot, aber Verbot einer Produktionsfirma

Nach dem Bundesverwaltungsgerichts-Urteil von 1971 gab es dann – soweit ersichtlich – erst einmal längere Zeit kein vereinsrechtliches Vorgehen gegen Medienorganisationen.

20085 wurde dann aber wieder vereinsrechtlich gegen Medienorganisationen vorgegangen – nämlich gegen den kurdischen Fernsehsender Roj TV, eine Aktiengesellschaft, und dessen Muttergesellschaft sowie gegen eine Wuppertaler Fernsehproduktionsfirma.6 Bei diesem Vorgehen handelte es sich um

„Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann.“

in Verbindung § 15 Absatz 1 Vereinsgesetz:

„Für Vereine mit Sitz im Ausland (ausländische Vereine), deren Organisation oder Tätigkeit sich auf den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, gilt § 14 entsprechend.“

gegen

    • den kurdischen Fernsehsender Roj TV, einer Aktiengesellschaft dänischen Rechts,

sowie

  • die Auflösung der – als deutsche „Teilorganisation“ des Fernsehsenders angesehenen – Fernsehproduktionsfirma V. GmbH in Wuppertal.

Auch diese Verfügung wurde vom Bundesverwaltungsgericht teilweise aufgehoben7, aber nicht deshalb, weil sie zwei Aktiengesellschaften und eine GmbH betraf, sondern ausschließlich deshalb, weil Roj TV zu diesem Zeitpunkt in Dänemark noch nicht verboten war und daher das Verbot der Ausstrahlung dessen Programm – nach einer eingeholten8 Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg9 (nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht [des Europarats] in Straßburg) – gegen das EU-Binnenmarktsregime verstieß.

Das Verbot der Fernsehproduktionsfirma V. GmbH wurde dagegen vom Bundesverwaltungsgericht – zeitgleich mit der Entscheidung, die genannte Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen – bestätigt (weil es insoweit nicht um Ausstrahlung von Dänemark nach Deutschland [= EU-Binnenmarkt], sondern um Produktion in Deutschland ging):

„In der Sache bleibt der Klage der Erfolg versagt. Die Erstreckung des gegenüber R. TV ergangenen Vereinsverbotes auf die Klägerin und die in der Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 13. Juni 2008 enthaltenen weiteren Entscheidungen, die die Klägerin betreffen, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO10).“
„Durch ihre Rechtsform als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist die Klägerin nach den Umständen des konkreten Falles nicht von der Anwendung der Bestimmungen des Vereinsgesetzes ausgenommen.“
(BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 zum Aktenzeichen 6 A 5.08, Textziffer 17, 19; hinzugefügt)

Auf die Grundrechte aus Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz (Meinungsäußerungs- und Medienfreiheiten; Wortlaut: siehe oben) ging die Entscheidung nicht ein.

2016: Altermedia-Verbot

2016 wurde der „Verein ‚Altermedia Deutschland‘“ verboten (BAnz AT 27.01.2016 B1):

Gemeint war mit dieser Bezeichnung der BetreiberInnenkreis der rechten Internet-Plattform, die so („Altermedia“) hieß (diese war aber – anders als die verschiedenen linken indymedia-Seiten [siehe zu linksunten.indymedia sogleich den nächsten Abschnitt] – keine open posting-Plattform, sondern es gab redaktionelle Entscheidungen vor Artikel-Veröffentlichung). Gegen diese Verbot wurde keine Klage erhoben. Es wurde also auch bestandskräftig (BAnz AT 08.04.2016 B1). Die Fragen, ob der BetreiberInnenkreis der Plattform tatsächlich genauso hieß wie die Plattform und ob der BetreiberInnenkreis von Altermedia überhaupt vereinsförmig im Sinne des weiten § 2 Vereinsgesetz organisiert war, sei an dieser Stelle offenlassen; § 2 Vereinsgesetz lautet:

„(1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.
(2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
1. politische Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes,
2. Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder.“
(https://www.gesetze-im-internet.de/vereinsg/__2.html)

2017: linksunten-Verbot

2017 erfolgte dann das Verbot des angeblichen „Verein[s] ‚linksunten.indymedia‘“ (BAnz AT 27.01.2016 B1):

Die Vereinsförmigkeit des BetreiberInnenkreises von linksunten.indymedia war sehr fraglich, denn es handelte sich um eine autonom-linksradikale Struktur; über solche Strukturen heißt es aber noch 1992 in einem Aufsatz in der juristischen Fachzeitschrift Verwaltungsrundschau:

„Gerade die diffuse Szene der sog. ‚Autonomen’ widersetzt sich jeder Art vereinsmäßige Fühlung miteinander, um dadurch ein Höchstmaß an Spontaneität und Flexibilität zu erreichen. […]. Autonome sind trotz ihrer zum Großteil in Gruppen durchgeführten spektakulären Aktionen keine Vereine. Hier fehlt es bereits am Merkmal des Zusammenschlusses.“
(Michael Deres, Die Praxis des Vereinsverbotes – Eine Darstellung der materiellen Voraussetzungen, in: Verwaltungsrundschau 1992, 421 – 431 [424])

Ähnlich äußerten sich auch Reinhard Marx und Wolfgang Sailer in der sechsten Auflage des Handbuchs des Polizeirechts von 2018:

„Das Erfordernis eines Zusammenschlusses [… kann] bei […] autonomen Gruppen schwierig [festzustellen] sein.“
(Kapitel J, Randnummer 21)

Und das Bundesinnenministeriums selbst zitierte in seiner Verbotsverfügung aus einem Selbstverständnis-Text des linksunten-BetreiberInnenkreises: „Wir organisieren uns basisdemokratisch und treffen Entscheidungen nach dem Konsensprinzip“ohne dieser Selbstdarstellung zu widersprechen. Wenn aber (tatsächlich) nach Konsensprinzip entschieden wird, dann unterwirft (§ 2 Absatz 1 Vereinsgesetz: „einer organisierten Willensbildung unterworfen“) sich aber keine Minderheit unter eine Mehrheit oder die Basis unter der Führung, sondern es wird solange diskutiert, bis ein Kompromiß gefunden wird, den alle mittragen können – oder es wird gar nicht kollektiv gehandelt. Wegen dieses recht schwerfälligen Charakters von Basisdemokratie dürfte es insoweit an organisations-spezifischer Gefährlichkeit fehlen; siehe zur organisations-spezifischen Gefährlichkeit:

„Eine gleichgesinnte Gemeinschaft ist bedrohlicher als Individualität.“
(Löwer, in: von Münch / Kunig, Grundgesetz. Bd. 1, 20126, RN 1; s.a. RN 48: „gesteigerte Gefährlichkeit kollektiver Verwirklichung strafbaren Tuns“.)

„der Begriff der Vereinigung [setzt] die Unterordnung des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit voraus. Eine solche Unterordnung ist bei einem Zusammenschluß von nur zwei Personen nicht möglich. Denn hier steht der einzelne nur dem Willen eines anderen Individuums gegenüber, mit dem er sich einigt oder dem er sich unterordnet. Der andere repräsentiert hierbei immer nur einen eigenen individuellen Willen, nicht den einer hinter ihm stehenden Mehrheit. Die für eine organisierte Vereinigung typische besondere Gefährlichkeit, die gerade in der Bildung eines von der individuellen Einzelmeinung losgelösten Gruppenwillens liegt, ist hier noch nicht erreicht.“
(BGHSt 28, 147 – 150 [149 = Wolters Kluwer-Tz. 7]; Hv. hinzugefügt)

Bei Anwendung des Konsensprinzips gibt es keinen „von der individuellen Einzelmeinung losgelösten Gruppenwillen“, sondern jede beteiligte Person hat ein Vetorecht.

Trotzdem bejahte das Bundesverwaltungsgericht 2020 die Vereinsförmigkeit des BetreiberInnenkreises von linksunten.indymedia:

„Die verbotene Vereinigung ‚linksunten.indymedia‘ war im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids ein Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG. Die Bedeutung der dort genannten Strukturmerkmale ist in der Rechtsprechung geklärt (aa.). Der Senat kann sich seine Überzeugung auf der Grundlage der vorgelegten Ausdrucke zahlreicher Internetseiten bilden, eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist nicht geboten (bb.). Bei ‚linksunten.indymedia‘ handelte es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss einer Mehrheit von Personen zu einem gemeinsamen Zweck (cc.). Die Mitglieder dieser Vereinigung haben sich einer organisierten Willensbildung unterworfen (dd.). ‚linksunten.indymedia‘ bestand auch im Zeitpunkt des Erlasses des Verbotsbescheids (ee.).“
(BVerwG, Urteil vom 29.01.2020 zum Aktenzeichen 6 A 1.19, Textziffer 37)

Diese Auffassung wurde zwar vom Bundesverwaltungsgericht bei den Textziffern 38 bis 47 näher begründet; aber speziell auf den Begriff „unterworfen“ sowie auf „Basisdemokratie“ / „Konsensprinzip“ ging das Bundesverwaltungsgericht nicht ein. Außerdem übersah es, daß der BetreiberInnenkreis der Subdomain linksunten.indymedia.org gar nicht „linksunten.indymedia“, sondern „IMC [Independent Media Centre] Linksunten“11 hieß – also auch bei diesem Verbot die Bestimmtheit der Bezeichnung des Verbotsobjektes fraglich war.

Eine Sachentscheidung über das linksunten-Verbot traf das Bundesverwaltungsgericht nicht, da die AdressatInnen – aus strafrechtlicher Vorsicht – vorzogen, nicht als VereinsvertreterInnen gegen das Verbot zu klagen (und sich nicht einmal zur Mitgliedschaft im BetreiberInnenkreis von linksunten bekannten). Das Bundesverwaltungsgericht unterstellte ihnen die Mitgliedschaft ‚gnädigerweise‘ trotzdem:

„Zwar hat die Klägerin unter Verweis auf eine drohende strafrechtliche Verfolgung nicht gesagt, ob sie der verbotenen Vereinigung ‚linksunten.indymedia‘ angehört hat. Sie hat aber ausdrücklich auf die Rechtsprechung zum Anfechtungsrecht Einzelner Bezug genommen, auf die Aushändigung des Bescheids zu ihren Händen verwiesen und ihr Interesse an dem Betrieb eines zumindest ähnlichen Nachrichtenportals bekundet. Daher bietet ihr Vortrag in Zusammenschau mit dem Akteninhalt noch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ihre Zugehörigkeit zum verbotenen Personenzusammenschluss zumindest möglich erscheint. Insbesondere indiziert die Aushändigung des Verbotsbescheids zu ihren Händen, dass die Verbotsbehörde selbst von einer Zugehörigkeit der Klägerin zur verbotenen Vereinigung ausgeht.“
(BVerwG, Urteil vom 29.01.2020 zum Aktenzeichen 6 A 1.19, Textziffer 23)

Aber allein eine Mitgliedschaft in dem verbotenen Verein genügt nach Ansicht das Bundesverwaltungsgerichts nicht, um Anspruch auf inhaltliche Überprüfung des Verbots zu haben; vielmehr müßten verbotene Vereine als Kollektiv (Organisation) klagen, um einen Anspruch auf inhaltliche Überprüfung des Verbots zu haben:

„Einzelne Personen, die sich gegen ein Vereinsverbot wenden, können danach nur geltend machen, dass das Vereinsverbot sie in ihrer von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Betätigungsfreiheit verletzt […]. Hierzu müssen sie darlegen, dem als Verein verbotenen Personenzusammenschluss anzugehören und durch das Verbot gehindert zu werden, ihre bisherige Betätigung im Rahmen des vom Verbot aufgelösten Zusammenschlusses auch in Zukunft fortsetzen zu können. Sie können nur rügen, dass das Vereinsgesetz als Rechtsgrundlage des Verbots keine Anwendung findet und kein Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG vorliegt. Treffen diese Einwände zu, ist die Verbotsverfügung aufzuheben, um den durch sie hervorgerufenen Eingriff in die Betätigungsfreiheit zu beseitigen.“
(BVerwG, Urteil vom 29.01.2020 zum Aktenzeichen 6 A 1.19, Textziffer 22)

Damit blieb auch diese Entscheidung für das Verhältnis von Vereinigungsfreiheit und Medienfreiheiten sowie das Verhältnis deren jeweils spezifischer Schranken zueinander unergiebig:

„Zwar wäre ein Vereinigungsverbot mit den Anforderungen des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren, wenn es nur das Mittel wäre, Meinungsäußerungen oder Publikationen zu untersagen, die für sich genommen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießen. Der Schutz durch andere Grundrechte darf von einem Vereinigungsverbot nicht unterlaufen werden. Insbesondere darf ein Vereinigungsverbot nicht bewirken, dass auf diesem Wege untersagt wird, was die Freiheitsrechte sonst erlauben. Dieser Frage ist aber nicht auf der Ebene der Anwendbarkeit der vereinsrechtlichen Verbotsnorm, sondern im Rahmen der Prüfung der Verbotsgründe nachzugehen (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12, 1 BvR 670/13, 1 BvR 57/14 – BVerfGE 149, 160 Rn. 93, 113). “
(BVerwG, Urteil vom 29.01.2020 zum Aktenzeichen 6 A 1.19, Textziffer 34; Hv. hinzugefügt)

Eine „Prüfung der Verbotsgründe“ fand aber im Falle „linksunten“ – aus dem gerade schon dargestellten Grund (es wurde nicht als Verein/Kollektiv geklagt) – nicht statt.

2019: Mezopotamien Verlag und MIR Multimedia GmbH

2019 wurden die Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH und die MIR Multimedia GmbH als angebliche „Teilorganisationen“ der PKK verboten. Die dagegen eingereichten Klagen wurden am 26.01.2022 vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen.12 Mit diesem Urteil wurden nun die Medienfreiheiten und auch die Kunstfreiheit, die nach dem wirklichen Wortlaut des Grundgesetzes unbeschrankt (und nicht bloße Abwägungsmasse) ist13, ganz ausdrücklich zur quantité négligeable im Verhältnis zu Vereinsverboten erklärt:

„Das Grundrecht, an dem sich ein Vereinigungsverbot messen lassen muss, ist in erster Linie die in Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Vereinigungsfreiheit. Das bedeutet nicht, dass die Wertungen weiterer Grundrechte im Rahmen der Prüfung am Maßstab des Art. 9 GG keine Berücksichtigung finden. Die weiteren Grundrechte werden damit aber nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab. Für Verbote von Vereinigungen gilt, auch soweit sie andere Grundrechte betreffen, in erster Linie die spezielle Norm des Art. 9 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12 u.a. – BVerfGE 149, 160 Rn. 93 und 98 m.w.N.).
Hiernach ist der mit der angefochtenen Verfügung verbundene Eingriff in die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit, auf die sich die Klägerin zu 1. beruft, jedenfalls gerechtfertigt. Wie sich aus den in Art. 5 Abs. 2 GG festgelegten Schranken der Pressefreiheit und einer Abwägung mit dem verfassungsrechtlichen Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2 GG ergibt, haben Meinungs- und Pressefreiheit dort zurückzutreten, wo sie – wie hier – ausschließlich der Verwirklichung verbotswidriger Vereinszwecke dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1997 – 1 A 13.93 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26; Beschluss vom 19. August 1994 – 1 VR 9.93 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 19). Nichts anderes kann im Schutzbereich der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) gelten, auf die sich die Klägerin zu 2. beruft und die im Rahmen kollidierenden Verfassungsrechts ebenfalls durch Art. 9 Abs. 2 GG begrenzt wird.“
(BVerwG, Urteil vom 26.01.2022 zum Aktenzeichen 6 A 7.19, Textziffer 100 f.; Hv. und Hyperlinks hinzugefügt)

Aber ist diese Rechtsprechung auch zutreffend? Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Recht, daß Artikel 9 Absatz 2 Grundgesetz die Norm ist, die speziell Vereinsverbote regelt; aber ist das auch dann noch die entscheidende Spezialität, wenn der Verein gar nichts anderes macht als publizistisch (also: geistig) tätig zu sein und auch auch nur wenige Mitglieder / GesellschafterInnen hat?

2024: Verbot der COMPACT-Magazin GmbH und der CONSPECT FILM GmbH

Und nun also 2024: Das Verbot der COMPACT-Magazin GmbH und der CONSPECT FILM GmbH. Die Begründung der Verbotsverfügung ist nicht veröffentlicht (wenn ich recht sehe); ich kam auch noch nicht dazu, beim Bundesinnenministerium um ein anonymisiertes Exemplar der mit Begründung versehenen Verbotsverfügung zu bitten.

Ich hatte auch noch nie ein Compact-Exemplar in der Hand. Aber nach dem, was ich über Compact gelesen habe, ist nicht unwahrscheinlich, daß die Compact-Inhalte (und, insoweit dieser für die Inhalte verantwortlich ist, auch der Compact-Verlag) gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Eher erstaunlich ist schon, daß – angesichts rassistischer Zeitschriften-Inhalte – nicht auch wegen Gerichtetheit gegen die Völkerverständigung verboten wurde.

Bleiben aber die – weiter oben anläßlich des Hohe Warte-Verbots aufgeworfenen – zwei Fragen:

1. Ist in Bezug auf Organisationen, die sich hauptsächlich oder ausschließlich in Form des Verlegens oder Herausgebens von Medien betätigen, Artikel 9 Absatz 2 Grundgesetz überhaupt einschlägig? Oder sind insoweit vielmehr die Medienfreiheiten aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz und deren spezifischen Schranken in Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz sowie die Schranken-Schranke des Zensurverbots aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz die vorrangige lex specialis?

2. Falls derartige Verbote von Medienorganisationen (1.) grundsätzlich und (2.) im jeweils konkret in Rede stehenden Fall zulässig sind – welche Konsequenzen hat dies für die Medien dieser Organisationen? Dürfen jene Medien künftig von Einzelpersonen (die – wie gesagt – vereinsrechtlich nicht verboten werden können) und/oder von nicht-verbotenen Vereinen herausgegeben bzw. verlegt werden – jedenfalls, sofern das Recht an den Titeln jener Medien nicht – markenrechtlich – zum Vermögen der verbotenen Organisation gehört?

Die Antwort auf diese beide Fragen folgt morgen.


1 „Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der eine der nachstehend bezeichneten Arten von Geschäften zum Gegenstande hat: 1. […]; 8. die Verlagsgeschäfte sowie die sonstigen Geschäfte des Buch- oder Kunsthandels; 9. […].“

2 „(1) Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgiebt. (2) Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.“

3 https://research.wolterskluwer-online.de/document/787ef32e-74dd-484e-ba9c-f886697e5896 verlinkt die aktuellen Fassungen der §§ 1, 17 HGB. In Bezug auf Artikel 9 Absatz 2 Grundgesetz ergibt sich kein Unterschied, da dieser seit 1949 unverändert ist.

4 Insofern besteht ein Unterschied zu Medien, die vom KPD-Verbot mitbetroffen waren; siehe dazu:
Das Verbot und die Auflösung der KPD bewirkten die Einstellung ihrer sämtlichen Periodika: Parteibüros und Pressehäuser wurden nach Verkündigung des Urteils geschlossen. Nach dem Urteilstext wurden· die Innenminister der Bundesländer mit der Durchführung der Auflösungsverfügung beauftragt. Einsatzkommandos besetzten ‚die Redaktionen, beschlagnahmten das Propagandamaterial und versiegelten die Räume‘, ohne daß es zu Zwischenfällen kam. Unter das Verbot der KPD-Presse fielen ‚13 Tageszeitungen, 4 Wochenzeitungen, 3 Monatszeitschriften sowie 30 Zeitschriften von kommunistischen Hilfsorganisationen‘.“ (Heinz-Dietrich Fischer, Parteien und Presse in Deutschland seit 1945, Schünemann: Bremen, 1971 [Saur: München / New York / London / Paris, 19812., unveränd.], 499)
Die KPD und die ihr nahestehenden, in den 1950er und 60er Jahren ebenfalls verbotenen Organisationen hatten eine deutliche breitere Praxis als nur Medien herauszugeben.

5 Siehe: BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 zum Aktenzeichen 6 A 5.08 (zur Klage der V. GmbH), Textziffer 4: „Mit Verfügung vom 13. Juni 2008, die an M., R. TV und die Klägerin gerichtet war, stellte das Bundesministerium des Innern fest, dass der Betrieb von R. TV durch M. sowie die Tätigkeit von R. TV den Strafgesetzen zuwiderliefen und sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten. […]. Die Klägerin wurde als Teilorganisation von R. TV aufgelöst.“
Siehe außerdem: Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.09.2011 zu den Rechtssachen C-244/10 und C-245/10 (= vom Bundesverwaltungsgericht bzgl. Roj TV und Mesopotamia Broadcast eingeholte Vorab-Entscheidung), Textziffer 19 und BVerwG, Gerichtsbescheid vom 23.07.2012 zum Aktenzeichen 6 A 4.11 (endgültige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bzgl. Roj TV), Textziffer 3. – Eine Veröffentlichung des Verbotes selbst konnte ich 2019 (siehe FN 6) weder im Bundesanzeiger noch im Gemeinsamen Ministerialblatt finden (ich habe jetzt nicht noch mal erneut gesucht).

6 Zu den Fällen von 1961 und 2008 hatte ich 2019 bei de.indymedia einen Artikel veröffentlicht: https://de.indymedia.org/sites/default/files/2019/06/Kein_blosses_Schreckgespenst–FIN.pdf, aus dem ich hier Passagen – hinsichtlich der Hyperlinks aktualisiert – übernehme.

7 Siehe BVerwG, Gerichtsbescheid vom 23.07.2012 zum Aktenzeichen 6 A 3.11 (Mesopotamia Broadcast A/S), Tenor: „Die gegen die Klägerin gerichtete Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 13. Juni 2008 wird aufgehoben, soweit das gegenüber der Klägerin angeordnete Betätigungsverbot die Ausstrahlung und Verbreitung von Fernsehsendungen des Senders R. TV der Klägerin von Dänemark aus nach bzw. in Deutschland betrifft und soweit die Verwendung von Kennzeichen der Klägerin oder ihres Senders bei dieser Tätigkeit verboten wird.“
Siehe entsprechend den Tenor der Entscheidung bzgl. Roj TV: BVerwG, Gerichtsbescheid vom 23.07.2012 zum Aktenzeichen 6 A 4.11.
Im vergangenen Jahr hatte ich in Bezug auf die 2008er-Verbote gesagt: „Die dagegen eingereichten Klagen scheiterten.“ (https://de.indymedia.org/sites/default/files/2023/03/Schill_interviewt_Schulze_T_I-1_u_I-2.pdf, S. 9); das war also ungenau / schlecht erinnert bzw. voreilig (siehe sogleich: „ausschließlich deshalb, weil Roj TV zu diesem Zeitpunkt in Dänemark noch nicht verboten war“).

8 BVerwG, Beschluß vom 24.02.2010 zum Aktenzeichen 6 A 6.08 (zu Mesopotamia Broadcast A/S) und Beschluß vom 24.02.2010 zum Aktenzeichen 6 A 7.08 (zu Roj TV).

9 Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.09.2011 zu den Rechtssachen C-244/10 und C-245/10 (die entscheidende Passage des Schlußsatzes vor der Kostenentscheidung [Textziffer 54] ist folgende „sofern […] nicht“-Einschränkung: „sofern die genannten Maßnahmen nicht die Weiterverbreitung im eigentlichen Sinne von Fernsehsendungen, die dieser Veranstalter von dem anderen Mitgliedstaat aus ausstrahlt, im Hoheitsgebiet des Empfangsmitgliedstaats verhindern“).

10 „Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf.“ (https://web.archive.org/web/20240716141456/https://lexetius.de/VwGO/113)

11 https://linksunten.indymedia.org/user/7/index.html.

12 https://rdl.de/beitrag/verbot-der-kurdischen-verlage-mezopotamien-verlag-und-mir-multimedia-bleibt-bestehen und https://www.bverwg.de/de/260122U6A7.19.0.

13 Artikel 5 Absatz 3: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ (Weitere Schranken – über die Schranke, die Satz 2 der Freiheit der Lehre setzt – folgen nicht.)

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