Der Rechtsstreit Associated Press v. White House Deputy Chief of Staff (siehe taz-Blogs von Montag, den 24.02.2025) nahm am Dienstagabend MEZ eine neue Wendung. Am Montagabend sah es noch recht gut für die Pressefreiheit aus:
„Judge denies @AP a TRO to return them to White House press pool, but warns that case law in DC is against Trump and ‚it might be a good idea‘ to adjust the policy.“
(https://x.com/joshgerstein/status/1894141430471209317)
Später ergänzten Josh Gerstein and Kyle Cheney von Politico:
„[Richter] McFadden said he saw no legal obstacle to ending the White House Correspondents Association’s role organizing the press pool.“
(https://www.politico.com/news/2025/02/24/trump-associated-press-court-hearing-00205852)
(Mit „press pool“ ist der Umstand gemeint, daß bisher die Vereinigung der White House-JournalistInnen selbst entschied, welche JournalistInnen sie zu Orten [Oval Office; Air Force One, …] und Ereignissen, wo nur wenig Platz ist, schickt – und diese stellten dann ihre Aufnahmen und Notizen allen KollegInnen zur Verfügung, die die Informationen verwenden, ergänzen und kommentieren können. Zu diesem pool gehörte bisher – falls ich recht verstanden habe: auf Rotationbasis [*] – u.a. die Nachrichtenagentur AP.)
Die oben zitierte, gestrige Richter-Anregung griff das Weiße Haus nun heute auf:
„A group of DC-based journalists, the White House Correspondents‘ Association, has long dictated which journalists get to ask questions of the President of the United States. […]. Not anymore. Moving forward, the ‘White House Press Pool,’ will be determined by the White House Press Team.“
(https://x.com/PressSec/status/1894470524857614825/history; Hv. hinzugefügt)
Dies scheint mir – durchaus in Übereinstimmung mit dem Richter – verfassungsrechtlich jedenfalls weniger fragwürdig zu sein, als der Ausschluß speziell von AP deshalb, weil sie nicht so berichtet, wie es Trump gefallen würde. Gestern schrieb ich:
„Zwei Dinge, die sollten klar sein:
1. PräsidentInnen der US haben, soweit es keine entgegenstehenden Gesetze gibt (was hier nicht der Fall zu sein scheint), das Recht, den Regierungs-Sprachgebrauch [es geht um den Golf von Mexiko, den Trump lieber als „Gulf of America“ bezeichnet wissen möchte] festzulegen.
2. AP – als zivilgesellschaftliche bzw. Presse-Akteurin – hat das Recht, solche Festlegungen zu folgen, oder es sein zu lassen.“
„Während auch ziemlich klar sein dürfte, daß US-PräsidentInnen entscheiden dürfen – und wegen begrenzten Platzes – auch entscheiden müssen, welchen Zugang sie welchen JournalistInnen zum Weißen Haus und zur Air Force One gewähren, lautet die zentrale Frage: Dürfen sie bei diesen Entscheidungen Berichterstattung und Kommentierung der JournalistInnen zum Kriterium machen? Oder müssen sie ihre Entscheidungen inhalts-indifferent treffen?“
„Ich habe bisher den Eindruck, daß die Regierung der entscheidenden Frage, ob sie für den Ausschluß von AP auf den Inhalt der Berichterstattung von AP abstellen darf, bloß ausweicht, statt eine Antwort auf die Frage zu geben.“
Aber wenn Trumps Pressesprecherin versucht, die heutige Entscheidung als, „Today, I was proud to announce that we are giving the power back to the people“, zu verkaufen, dann ist das jedenfalls politisch ein Hohn. Denn das Weiße Haus gibt die Macht ja nicht an die Bevölkerung zurück, sondern geeignet sie sich selbst an; es ersetzt zivilgesellschaftliche Selbstorganisation der Presse durch Regierungs-Entscheidung („the ‘White House Press Pool,’ will be determined by the White House Press Team“). Daran ändert nichts, daß – nach der Audio-Spur des Videos zum zitierten X-post zu urteilen – gleichzeitig der Zugang für nicht-etablierte Medien erweitert wird, was zu begrüßen wäre, falls es nicht nur in Richtung der rechtspopulistischen Medien-Blase von Trump selbst erfolgt.
Der Vorsitzende der Vereinigung der JournalistInnen, die beim Weißen Haus akkreditiert sind (White House Correspondents’ Association), erklärte zur heutigen Entscheidung des US-Präsidialamtes:
“This move [The White House Announcement on Press Pool] tears at the independence of a free press in the United States. It suggests the government will choose the journalists who cover the president. In a free country, leaders must not be able to choose their own press corps.
For generations, the working journalists elected to lead the White House Correspondents’ Association board have consistently expanded the WHCA’s membership and its pool rotations to facilitate the inclusion of new and emerging outlets.
Since its founding in 1914, the WHCA has sought to ensure that the reporters, photographers, producers and technicians who actually do the work – 365 days of every year – decide amongst themselves how these rotations are operated, so as to ensure consistent professional standards and fairness in access on behalf of all readers, viewers and listeners.
To be clear, the White House did not give the WHCA board a heads up or have any discussions about today’s announcements. But the WHCA will never stop advocating for comprehensive access, full transparency and the right of the American public to read, listen to and watch reports from the White House, delivered without fear or favor.”
(https://whca.press/2025/02/25/whca-statement-on-white-house-announcement-on-press-pool/)
[*] Mir ist im Moment nicht ganz klar, ob ausschließlich die pool-Mitgliedschaft ab und an wechselt oder ob auch innerhalb des pool von Ereignis zu Ereignis rotiert wird. Jedenfalls gibt es – über den pool hinaus – einen viel größeren Kreis von JournalistInnen, die beim Weißen Haus akkreditiert und in o.g. Vereinigung organisiert sind.