vonDetlef Guertler 07.12.2010

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So wie sich die Deutschen in Brüssel gerade benehmen, brauchen sie sich, also wir uns, nicht wundern, dass wir mal wieder als die hässlichen Deutschen beschimpft und mit allen möglichen Verschwörungstheorien beschossen werden. Die hübscheste habe ich in einem obskuren spanischen Blog gefunden: Wir bereiten nämlich gerade das 4. Reich vor. Und zwar in acht Schritten:
1.- Wiedervereinigung der beiden Deutschlands dank der russischen Schwäche.
2.- Quasi-Gratis-Finanzierung der deutschen Einheit mit EU-Geldern und Überschreitung der in Maastricht festgelegten Staatsschulden-Grenze.
3.- Von der (von Deutschland manipulierten) EZB künstlich niedrig gehaltene Zinsen während der deutschen Einheitsfinanzierung.
4.- Bündnis mit China: China darf den europäischen Markt mit Billig-Ramsch überschwemmen, wenn es im Gegenzug deutsche Technologie einkauft und deutsche Patente respektiert – und nur die deutschen.
5.- Hochschrauben der Zinsen just dann, wenn es für Deutschland günstig und für den Rest Europas besonders ungünstig ist.
6.- Zerquetschen der schwächsten europäischen Ökonomien – erst Griechenland, dann Irland.
7.- Rettung der deutschen Banken durch Spezialkonditionen bei der EZB und den Rating-Agenturen.
8.- Vorbereitung des grössten Staatsbankrotts aller Zeiten, so dass am Ende den Deutschen ganz Europa gehört, und die Gläubiger das Nachsehen haben.

Ein Super-Plan, echt. Aber wenn wir weiterhin so tun, als würden alle Probleme Europas dadurch gelöst, dass sich Griechen, Iren und Spanier in schwäbische Hausfrauen verwandeln, ist es nur logisch, dass der Rest Europas etwas angefasst auf die deutschen Welt- und Finanzverbesserungsvorschläge reagiert. Und das Vierte Reich dadurch aus den dunklen Ecken des Irrsinns herauskommt und sich in Richtung Rampenlicht bewegt.

Ach übrigens: Meine Lieblings-Verschwörungstheorie geht genau andersherum: Angela Merkel ist schlau genug um zu begreifen, dass der Euro nur noch gerettet werden kann, wenn es zu einer Fiskalunion kommt – die aber den Deutschen nicht vermittelt werden kann, weil die bei „Fiskalunion“ sofort „Transferunion“ verstehen, und die ist ja verboten. Deshalb fährt Merkel eine harte Linie, mit der der Euro zwangsläufig gegen die Wand krachen muss und halb Europa gleich mit. Wenn es dann zum nächsten hektischen EU-Krisentreffen kommt, bei dem in der Nacht von Sonntag auf Montag die Existenz des Euro und der EU auf dem Spiel steht, kann sie sich dann auf einen Kompromiss einlassen, der zuhause vermittelbar ist und für Brüssel und die Kapitalmärkte den Einstieg in die Fiskalunion markiert beispielsweise eine Exportsteuer, deren Erlöse die EU-Kommission wie einen Länderfinanzausgleich verteilen kann. Und am Ende stünde nicht das Vierte Reich, sondern die Vereinigten Staaten von Europa. Toll, oder?

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