Über eine studentische Agentur wurden
Tages und Stundenjobs vermittelt. Ich suchte einen
längeren Job, nicht nur für ein paar Stunden einen Keller leer
räumen oder alle Teppiche einer Wohnung klopfen. Man kann
damit manchmal Glück haben und einen guten Stundenlohn erzielen,
muss aber auch Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen, wie
das völlige Verschmutzen der Kleidung, oder sehr üble Gerüche
inhallieren.
Unangenehm war einmal das Aufräumen einer
Wohnung in Anwesenheit einer alten Dame,
die anschließend verreisen wollte und daher ihren Kühlschrank
gereinigt und leer wünschte. Sie versuchte mich zu überzeugen,
dass es auch zu meinem Job gehöre, von ihr angefangene Joghurtbecher erst
aufzuessen und dann in den Müll zu werfen. Sie nötigte mich jeden Obst und
Gemüserest zu vertilgen, auch wenn der Frucht schon jeder
Geschmack entwichen war. Als das Beharren auf den Jobpflichten
mich nicht überzeugte, kam sie mit der moralischen Tour
und bezichtigte mich als „Memme“ oder lamentierte über
die allgemeine Not in der Welt. So in die Enge getrieben, und vor
die Alternative gestellt, ganz ohne Bezahlung in die nächste
Kneipe zu gehen, verdrückte ich den einen oder anderen
angefangenen Becher und machte mich über das Dörrobst.
Durch Zufall entdeckte ich einen Aushang beim Deutschen Roten Kreuz.
Dort wurde ein außergewöhnlicher Job angeboten, mit kurzer regelmäßiger
Arbeitszeit und überdurchschnittlichem Stundenlohn. Garantiert 50 DM in
einer Stunde war das Zauberwort und es handelte sich hier um sehr viel Geld.
Es stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Job um eine
Art Test und eine spezielle Übung handelte.
Eine bekannte Hautcremefirma hatte sich mit dem Roten Kreuz
zusammengetan und in einem Babywickelkurs
die Konsistenz einer neuen Babycreme testen wollen und gleichzeitig
einen kostenlosen Wickelkurs angeboten, in dem die Creme zum ersten
Mal getestet werden sollte. Da man hierfür weder Plastikbabys
noch lebende Babys nehmen konnte, war die Firma auf
die Idee gekommen, junge Studenten anstelle der Babys auf
den Wickeltisch zu legen und angehenden jungen Müttern
und Vätern fast gleichen Alters das behutsame und vorsichtige Wickeln
beizubringen, mit Einreiben der Creme so wie es bei
kleinen Babys üblich ist. Das seriöse Rote Kreuz wurde als Partner
gefunden und man war auf der Suche nach zarten Studenten.
Ich kam in die engere Auswahl und hatte jetzt meine erste
Wickelstunde mit einer hochschwangeren jungen Mutter und einem
nervösen Vater vor mir. Ich zog den Bademantel aus und legte mich
mit dem Rücken auf den bereitgestellten Tisch, der kurze Beine
hatte und auf dem eine stabile Plastikfolie lag.
Eine Dame in weißer Bluse und blauem Rock erklärte an einer
Tafel mit Positionszeichnungen den Wickelvorgang in einzelnen
Phasen. Die Creme befand sich in einer Dose mit Übergrösse.
Auf dem Prototyp stand der Name des neuen Produktes:
Babybig.
Die Dame forderte den jungen angehenden Vater auf,
kräftig in die Masse zu greifen und mit dem Einreiben zu beginnen..
Im Raum saßen noch sieben weitere Pärchen.
Die Creme fühlte sich auf meiner Haut sehr kalt an.
Am Anstrengendsten war, immer in der Käferhaltung zu verharren
und die Beine in die Höhe zu halten.
Die Windel wurde umgebunden, ich musste aufstehen und
deren Festigkeit demonstrieren, danach wurde sie wieder abgenommen,
und ein Reiniger, eine weiteres neues Produkt der Hautfirma aufgetragen,
und die Prozedur ging mit einem anderen Pärchen von neuem los.
Als alle sieben Paare die Phasen des Wickelvorganges durchgeführt hatten,
konnte ich mich wieder in meinen Bademantel schlüpfen.
Dann wurde ich in einem separaten Raum einem Arzt vorgeführt, der mit
einer Lupe meine Hautpartien betrachtete und sich Notizen machte.
Ich bekam anschließend 100 DM. Zu Hause duschte ich mich eine Stunde.
Dann rief ich einen Bekannten an und erzählte ihm, beim Deutschen
Roten Kreuz sei ein Job frei, gab ihm die Telefonnummer und ging
ein Bier trinken. Später gab ich eine Runde aus.