In eine Zeitschrift setze ich unter Chiffre folgenden Text:
„Kater sucht Schmusekätzchen.“, in die andere: „Ich ficke gern.“
Nach zehn Tagen schließe ich die Aktion ab und mache mich an die
Auswertung. Auf die Anzeige „Schmusekätzchen“ haben sich vier
Frauen beworben, auf „Ich ficke gern“ erhalte ich hundertundzwölf
Antworten.
Zuerst lese ich die Antworten der Chiffre Anzeige
„Schmusekätzchen „ durch. Eine einzige
scheint interessant zu sein. Eine Ärztin, die in einem Krankenhaus
arbeitet, möchte weiteren Kontakt. Anschließend beginne ich den
Stapel der Anzeige „Ich ficke gern“
durchzulesen. Schon nach wenigen Briefen muss ich
eine Pause machen, trinke einen Kaffee und schalte den
Fernseher ein, um mich etwas abzulenken. Danach gehe ich
wieder an den Schreibtisch und sehe weiter
jeden einzelnen Brief durch. Es haben nicht nur Frauen geschrieben,
auch fünfunddreißig Männer. Bei einigen liegen Fotos bei, Köpfe aus
Fotoautomaten, schwarz/weiß und in Farbe, andere zeigen sich
in ihrem häuslichen Ambiente, auf dem Sofa, oder im Garten, meist
lächelnd. Zwei Frauen winken aus einem Bett. Eine
Frau, nackt und gebückt, präsentiert die Rundungen ihres
schönen Hintern. Auf fünf verschiedenen Fotos liegen
Frauen in unterschiedlicher Umgebung, mal im Gras, auf
dem Fußboden eines Zimmers, im Sessel und zeigen
demonstrativ auf ihre behaarte Scham. Eine Frau hat
neben ihr Foto „Leck mich“ geschrieben.
In der Kategorie der Männer taucht überwiegend der Wunsch
nach gemeinsamen schönen Stunden mit „ausgefülltem“
oder „häufigen“ Geschlechtsverkehr auf. Hier liegen nur
wenige Portraits bei, ein sonnengebräuntes, wie aus einem
Modemagazin.
Sieben Männer zeigen Abbildungen, die sich ausschließlich auf
ihre Geschlechtsteile konzentireiren, falls es ihre eigenen sind. Drei
befinden sich in erigiertem Zustand. Bei zwei
weiteren sind verschiedene Piercing Metallteile an der oberen
Penishaut angebracht, meiste Ringe, kurz vor der Eichel. Ein Foto zeigt
ein kleines Vorhängeschloss, auf dem schmalen Umfeld
des Geschlechtsteils sind Tätowierungen zu erkennen.
Diese Fotos sind nur mit kurzen Kommentaren
begleitet, handschriftlich und oft mit orthografischen
Fehlern. „Komme her du Süser“, „Lek meinen RiesenSchwanz,
saug ihn aus“ oder „Alles deins“.
Ich beantworte keinen Brief.
Nach einer Woche nehme ich Kontakt mit einer
Frau aus der Anzeige „Schmusekätzchen „ auf.
Es ist der einzige Kontakt, den ich mache und wir treffen uns
nach Absprache „Ich habe eine Frankfurter Rundschau
auf dem Tisch oder in der Hand“ in einem italienischen Restaurant.
Wir finden uns und bestellen, sie Spaghetti pommodoro, ich
a la Olio, damit sie gleich sehen kann, dass ich nichts
gegen Knoblauch habe. Ich frage, warum sie auf diese meine
Anzeige reagiert habe und sie antwortet, sie habe zwei
Katzen. Ihre Arbeit im Krankenhaus als Anästhesistin
langweile sie und sie verreise gern.
In einer Schweigepause, nach etwas einer halben Stunde
unseres Treffens, erwähne ich momentane Geldschwierigkeiten
und ob sie mir nicht mit fünftausend
Euro vorrübergehend aushelfen könne.
Sie schaut mich an und sagt.
„Natürlich, heute ist Sonntag, morgen gehe ich
zur Bank und hole das Geld ab.“
Ich bin erstaunt, hatte ich doch aus einer Laune gefragt,
einfach so, um zu testen, wie weit man in kurzer Zeit gehen kann.
Diese spontane Großzügigkeit machte mich stutzig.
„ Sie haben unter hundert von Kleinanzeigen eine herausgegriffen
„Kater sucht Schmusekätzchen“, die hat ihnen
gefallen, OK. Jetzt treffen Sie sich mit
einem Menschen, von dem Sie nur den Vornamen kennen,
sonst nichts, nicht wo er wohnt, wie er heißt, und ob er wirklich
so heißt und, der seit einer halben Stunde mit ihnen zusammen
Spaghetti isst und dem wollen Sie gleich fünftausend Euro leihen?“
„Ja aber ich habe die Fünftausend aber wirklich auf
meinem Konto.“
„Ich würde gerne zahlen, alles zusammen bitte. „
Mit der linken Hand schob meinen Stuhl einen halben Meter zurück.
„Die Euros lassen Sie bitte auf Ihrem Konto. Ich habe noch einen wichtigen
Termin. Auf Wiedersehen.“
Nee,nee,wat dat nich’ allet gibt.
Die Geschichte nimmt dir doch keiner ab!