Ein Neunzigjähriger Vogel, der sehr gut fotografiert.
Der Fotograf Walter Vogel ist am 18. Oktober dieses Jahres 90 Jahre alt geworden. Dieses Ereignis hat er zum Anlaß genommen, seinen Freunden, Kollegen, Sammlern und der Verwandtschaft durch Großzügigkeit zu danken.
Es beginnt um 12 Uhr mittags mit einem Festschmaus im Brauhaus Füchschen, in der Altstadt zu Düsseldorf, Ratinger Strasse. Im gesteckt vollen Raum thront Vogel auf einer mit drei Stufen erreichbaren Empore auf einem soliden Stuhl und empfängt die anstehenden Gratulanten like the Queen. Geschenke waren nicht erlaubt: no red roses, no Pralines, no Cigars, so stand es auf der Einladung.
Zu Flönz, Altbier und reichlich Thüringer Rotwurst mit Zwiebeln stellt er in launigen Worten die für ihn wichtigsten Personen der Reihe nach vor. Liebhaber seiner Fotos aus 70 Jahren, aber auch Kaffeekenner und Mitarbeiter, Förderer und Verleger seiner diversen Bücher zu den Themen Expresso, Cafes, Italien, Travestie, Paris, Ruhrgebiet, Leica.
Dann rezitiert eine Schauspielerin Passagen aus seiner Biografie, ein genuesischer Sänger erfreut mit italienischen Liedern und ein Balletttänzer- eine Leidenschaft Vogels- zeigt zwischen den Tischen so gut es geht seine Kunst.
Anschließend wandert die ganze Gesellschaft 50 Meter weiter in die Galerie Troner. Dort hängen fünf Düsseldorfmotive an der Wand, speziell für die Präsentation seiner auf 30 Exemplare limitierten Edition „Düsseldorf“ in Buchform. Erstaunlich für den auf äußerste Druckqualität achtenden Walter Vogel, schwärmt er doch über die grafische Qualität des fotokopierten Booklets. Zur Edition spricht in kurzen interessanten Sätzen Christoph Danelzik-Brüggemann, Leiter der Fotografischen Sammlung des Stadtmuseums. Er würdigt Vogel als einen bedeutenden Fotografen auch für Düsseldorf, da dieser vor allem in den 60er jahren wichtige künstlerische Ereignisse in der Stadt dokumentiert hat. Allseits bekann sollte die beuyssche Aktion sein „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ in der Galerie Schmela am 25. November 1965. Vogels Klassiker dazu: Der vergoldete Beuys hält den Hasen im Arm.
Dann zieht sich Vogel, es ist inzwischen 15 Uhr, mit einem halben Dutzend engster Getreuen, darunter einige Sammler, zum Plausch zurück.
Um 18 Uhr ist die Verwandtschaft zum Ausklang des Tages vorgesehen,
Treffpunkt im Moskito, gleich um die Ecke seiner Wohnung. Den Geburtstagstisch für sechs Personen reservierte Vogel bereits vor Wochen in einem persönlichen Gespräch mit dem Chef des Hauses. Als die handvoll
alter und junger Familienmitglieder dort pünktlich erscheint, steht Vogel vor einer Flasche Sprudelwasser und einer Tasse Kaffee.
„Gleich wieder raus hier, hier bleibe ich nicht. Also so was, bieten die mir hier einen sogennannten Expresso an, die letzte Plörre und obendrein erdreistet die Bedienung sich, mir auch noch zu erklären, warum das ein sehr guter Expresso sei. Die habe ich schon länger auf dem Kiecker, also raus raus raus.“
Doch wohin? „Zum Italiener!“ Der Gang zum Italiener überrascht, hat er doch dort seit einem Jahr Hausverbot. Es folgt die Aufklärung und die enthält eine echte Überraschung. Walter Vogel hat dem Besitzer des Lokals einen Entschuldigungsbrief geschrieben und darf seit ein paar Wochen dort wieder speisen und Expresso trinken. Eine kluge Aktion, denn der Italiener hat Niveau, es schmeckt, die Kellner sind unaufdringlich freundlich.
Ein großer Tisch in einer Nische wird gerade frei. Der Kellner verteilt die großformatigen Speisekarten. „Halt“, Vogel blickt den Kellner an. „Zuerst bitte einen Doppio.“ Der Doppio kommt, Vogel setzt die Lippen an die Tasse, strahlt.
„Jetzt könnt ihr bestellen, was ihr wollt, Ihr seid natürlich eingeladen.“

Dokument Walter Vogel. Foto privat