Auch zu Covid Zeiten wird der Markt in Friedenau (Berlin) am Samstag gut besucht.
Alle Käufer tragen eine Maske, doch die Maske des dort in der Nähe wohnenden Arztes- keine FFP2- hängt als einzige um das Kinn herum, Nase und Mund sind frei. Er steht vor dem Stand des Kurden, der mit seiner Großfamile zweimal in der Woche seinen Käsestand geöffnet hat. Es gibt auf diesem kleinen Markt am Breslauer Platz noch drei weitere Käsestände, doch der Kurde hat den größten Zulauf. Das liegt am Trick mit dem langen und breiten Messer. Die etwa 100 diversen Käsesorten hat nicht jeder parat, weder Namen, Herkunft noch Geschmack und so säbelt Herr Kurde am mittelalten Emmentaler eine dünne Scheibe ab, zerhackt sie in 5-6 kleine Stücke, so viel wie Personen gerade am Stand stehen und läßt nicht nur den fragenden Kunden probieren, sondern reicht an den vielen Käsevarianten vorbeischreitend jedem das Messer, worauf sich fast alle ein Stückchen nehmen und kauen. Der mir inzwischen gut bekannte Arzt, ein knorriger Mitsiebziger, der soeben seine Praxis für immer geschlossen hatte, puhlt umständlich mit seinen Fingern ein paar Münzen aus seinem Portemonaie.
„Sie sind doch auch Doktor,“ meint der Kurde zu mir, um die Zeit zu überbrücken. Ich bin sogar Professor Doktor“, antworte ich. Der Arzt hebt den Kopf, schaut mich an und grinst. „Jaja, in der Nacht sind alle Katzen grau“. Er ist ein komischer, durchaus witziger Typ, zitiert Ringelnatz und Kästner, er beherrscht ein paar Sätze von den Sprachen seiner Patienten aus der Türkei, Griechenland, Bulgarien und anderen Ostblockländern. Seine Bewertung im Internet war immer voll des Lobes, obwohl er in der Praxis Selbstgedrehte rauchte und im Sommer in kurzen Hosen erschien. Der Arzt zahlt und ich bestelle meinen Fourme D’ambert, etwas Stilton blue und ein einen halben Camembert aus der Normandie. Dann kaufen wir beide Oliven beim Türken gegenüber und verabschieden uns. Es ist heute zu kalt, um noch draußen gemeinsam einen Wein zu trinken und eine Selbstgedrehte zu rauchen.
Genau eine Woche später beginne ich meinen Einkauf auf dem Markt bei Fisch Mausi, deren Wagen immer direkt neben dem Kurden steht. Ich frage nach einem Bismarck in der Soße, eine herrliche Mahlzeit, mit heißen Pellkartoffeln. Bei Mausi bekomme ich die beste Soße zum Bismarck. Das kann ich mit Fug und Recht sagen, denn ich habe einige getestet, auch bei Aldi und Edeka. Mausi ist die Nummer eins. Die Tochter von Mausi bedient mich. Es ist nicht viel los am Stand. Herr Mausi spricht mich an. „Sie sind doch ooch Doktor, also ick habe da mal ne Frage zum Impfen und zu Covid. Wie soll ich det verstehn, also, muss ich da zu meinem Hausarzt gehen und wie ist det überhaupt, also ich versteh die ganze Sache nich, geben Sie mir doch bitte mal nen Tipp. Ich habe gehört…“ Die Tochter von Mausi hat inzwischen den Bismarck in ein Plastikgefäß gedrückt, abgewogen und den Preis genannt. Ich lege ihr 2 Euro 10 auf den Glastresen, wende mich direkt ihrem Vater zu und sage “Ich weiß nicht, woher Sie die Information haben und meinen, ich sei Arzt. Aber wenn Sie einen brauchen, dann komme ich gern zu Ihnen.“