vonErnst Volland 01.09.2024

Vollands Blog

Normalerweise zeichnet, schneidet, klebt Ernst Volland, oder macht Bücher. Hier erzählt er Geschichten.

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Klaus Volland: Kleine neue Welten, Limericks (September 2024)

 

Wir erfreuten sie mit Heimatliedern,

und sie wollten uns etwas erwidern,

doch ihre Sangeskunst war viel zu platt:

„Frisia non cantat.“

Es schüttelte uns in unseren Miedern!

 

Gestern traf ich Peterchen.
Er misst nur ein Meterchen
und ist schon achtzig Jahre alt,
aber immer noch unheimlich verknallt

in sein süßes Metachen.

 

Mitten im tiefen China
begegneten wir der schiefen Tina.
Wie hatte sie es hierher geschafft?
Wir haben es nicht gerafft.
Fest steht: Die schiefe Tina war im tiefen China!

 

Wir sollen in Ratingen
im Rat singen.
Schon im schwarzen Rathaus in Wermelskirchen

sangen wie nur mit Heulen und Zähneknirschen.

Lasst uns dann lieber gleich im Tschad singen!

 

„Guten Tag, sind Sie Frau Emma Krause?“ „

Ich bin nicht zu Hause.“
„Sie haben in der Lotterie gewonnen,
das ist nicht gesponnen.“

„Oh, dann bin ich doch zu Hause!“

 

Dein Telefonjoker hatte keine Ahnung,
er war ja auch erst kurz nach der ersten Zahnung.

Du hättest besser den Professor genommen,
mit dem wärest du viel, viel weiter gekommen.

Er ist schon weit jenseits der zweiten Zahnung!

 

„So, mein lieber Achmed,
hier ist dieses Schachbrett,
wir spielen jetzt Schach,
dafür bist du nicht zu schwach.“
„Ach, ich springe lieber in das Bachbett!“

 

 

 

Ich bin jetzt hier in Recklinghausen.

Wo mag nur dieser Reckling hausen?

Ich möchte ihn besuchen
und komme sogar mit Kuchen.

Ich find ihn nicht. Warum heißt das hier nur Recklinghausen?

 

„Rübe ab!“, sprach das Gericht.

Doch das gefiel mir nicht.
Ich beschloss zu fliehn
bis ins sichere Wien.

Die Rübe nahm ich mit.

 

Neulich traf ich Iwan Igel.
Er gab mir Brief und Siegel:
„Ich bin es nicht gewesen,
es war der Hase Jason.“
„Der sitzt schon lange hinter Schloss und Riegel!“

 

Auch um die längsten Ehen
ist es irgendwann geschehen.
Entweder macht der Herr im Himmel Schluss,

oder man macht selber Schluss.
Danach heißen Ehen ehedem.

 

Zehn tief schnarchende Chinesen
liegen überm Tresen.
Haben sie zu viel getrunken?
Fuhren sie zu lang auf Dschunken?

Konnten sie die Speisekarte nicht lesen?

 

Wieder bin ich der Älteste,
aber nicht der Kälteste.
Immer noch habe ich feste Pranken,
immer noch mache ich mir warme Gedanken.

Ob ich das hier mal schnellteste?

 

Rein in die Kartoffeln,
raus aus den Kartoffeln. Rein in die Pantoffeln,
raus aus den Pantoffeln,
und dann auf zum Popoffeln!

 

 

Ich sinke in den Liegestuhl.
Da überkommt mich ein Glücksgefühl:
Ich schräge alte Henne
liege hier schmökend an der Lenne,
und nahebei spielt mein Männe

mit alten Freunden Boule.

 

 

 

Der Verlust von Hildegard
traf die Gilde hart.
Hildegard wohnt jetzt auf Mallorca

in einer Bucht mit einem Orca,

der Tag für Tag auf Hilde harrt.

 

Sie spielten auf Mandolinen
irgendwo in Argentinien,
und in der lauen Dezembernacht
haben sie so manches traute Lied gebracht.

Innig lauschten die Gespielinnen.

 

Die wilde Reiterin
raste zu dem wilden Reiter hin,

und mit des Pferdes Nasenspitze

erreichte sie die Spitze
und wurde so Weltmeisterin.

 

Jüngst kamen sich ein Nasenbär
und seine Base näher,
und so ward ein Kind gezeuget,
das nun in die Welt rein äuget
und genauso aussieht wie ein Nasenbär.

 

Pauls Auto ist funkelnagelneu.
Mein Auto ist dunkelhagelscheu.
Alle wollen mit Pauls Auto fahren,
mit meinem Auto wollte noch niemand fahren.
Aber bald ist auch Pauls Auto nicht mehr funkelnagelneu!

 

Noch ist es nicht so weit,
ich habe noch etwas Zeit.
Doch bald ist es zu Ende,
und man faltet mir die Hände.
Aber erst mal schlüpf ich in dies hübsche Kleid!

 

 

Mitten durch das Schweineland
sich die stille Leine wand
bis hin zur Aller,
wo sie – weit entfernt von jeglicher Walhalla –

unverhofft entschwand.

 

Wieder mal fasste mir die Hempel
leichthin an den Schenkel.
Ich dachte: Was sollen denn schon wieder diese Hempeleien?

und antwortete mit kleineren Rempeleien.
Da griff mir die Hempel ganz kräftig an den Stempel.

 

Jan ist der Mann, der alles kann.
Stan ist der Mann, dem noch nie etwas gelang.

Neulich begegneten sie sich beim Soccer,
Stan trug schwarz, und Jan trug ocker.
Und ihr glaubt’s nicht: Stan gewann!

 

Neulich traf ich Paul Dahlke
und drückte ihm fest die Pranke.
„Sie waren von den alten Schauspielern
einer von denen, die mir am besten gefielen!“

„Entschuldigen Sie, mein Name ist Mahlke!“

 

Wir nehmen zwei Millionen in die Hand

und drucken zwanzig Band,
schließen sie ein in einen Schrank
und sagen der Autorin Lang:

„Ricarda, dein Raunen ist gebannt!“

 

Als hundert Jahr’ ward Nestor,
trat für ihn auf ein Restchor.
Alle Sänger waren klapperig,
und es klappte überhaupt nichts.
„Da hilft auch kein Testosteron, Nestor!“

 

Neulich traf ich Poldi.
Er ist einfach ein Goldi
und hat das Herz auf der Zunge.
Er spürt keinen Schmerz auf der Lunge

und kickt immer noch wie Mendelssohn-Bartholdy.

 

 

Noch auf dem Totenbett
sagte er dem Boten Ted:
„Stell unbedingt die Tonne raus
und schließ gut ab das Haus!“
So sind sie, die Leute hier in Rotenstedt!

 

Jeden Morgen gehe ich über die Brücke,

weil ich auf der anderen Seite frühstücke.

Bei der schönen Fischerin
ist immer eine Überraschung drin.

Heute gibt es: nichts. „Mut zur Lücke!“

 

Mein Lieblingsspieler Marcel Sabitzer
ist ein toller Rasenflitzer.
Sein Passspiel ist ein Hochgenuss,
und er trifft mit fast jedem Schuss.
Meine Großeltern wohnten in Breslau in der Gabitzer.

 

Neulich war ich in einem U-Boot

und verdiente mir ein kleines Zubrot.

Doch ich merkte fix:
Das wird hier nix.
Das war ein X-für-ein-U-Boot!

 

Ach, die armen blinden Lüt

sehen nicht die Lindenblüt’!

Doch diesen wunderbaren Duft

in der milden Frühlingsluft

schnuppern auch die blinden Lüt!

 

Diesen hier ist nicht mehr zu helfen:
Sie kämpfen immer noch für die Welfen.
Jene verdienen sehr wohl ein Fäustchen:
Sie kämpfen immer noch für Preußen.
Als spielten sie in dreimal abgestiegenen Elfen!

 

Neulich traf ich Händel.
Er biss gerade in ein Hendl.
Da sagte ich als Sohn von Mendel:
„Ich will auch ein Hendl!“
„Dann renn ganz schnell nach Sankt Wendel!“

 

 

Der größte Teil des Lebens ist vorbei.

Was leg ich da noch ein Ei?
Von nun an erscheint mir opportun:

Ich spiel das blinde Huhn

und zähl nur noch bis drei.

 

„Oje, oje!“, so rief der Türmer,

ich habe keine Würmer
für die Angel,
die ich auswerfe in die Quangel.

Ich kann hier doch nicht türmen!

 

„Juhu, juhu, das Pflümli!“
So jubiliert Frau Rühmli.
Wo führt das noch hin?
Die Frau ist schließlich Landrätin!

„Der beste Schnaps ist Pflümli!“

 

Da oben, dieser Baummann,
das ist mein Traummann!
Doch wie komme ich an ihn ran,

die ich gar nicht klettern kann?

Ach, er sieht mich auch kaum an!

 

Mein Vetter wohnt recht südelich
und ist schon ziemlich tüdelig.
Mein Schwager wohnt recht nördelich

und ist schon ziemlich nörgelig.

Mein Enkel liebt sein Buddelschiff.

 

Indisch Blau
liebt meine Frau.
Mondengelb
lieb ich selbst.
Doch es herrscht irdisch Grau.

 

Neulich traf ich Henriette.
Ich wusste, sie ist gut im Bette.

Doch wie sollte ich geh’n zu Werke?

Da besann ich mich auf eine Stärke

und faltete ihr eine Papierserviette.

 

 

Auf unsrer letzten Chinareise
bekamen wir jeden Tag dieselbe Speise: Reis, Zwiebeln und Tomaten.
Wir fühlten uns wie Automaten
und stöhnten ständig: „Blöde Scheiße!“

 

 

Oh, wie unsere Ilse
verfallen war dem Pilse!
Von früh an bis zur späten Stunde

hatte sie ein Pils im Munde.

Neulich fiel sie in die Ilse.

 

Müde tappt heran der Affe,

nimmt aus der Karaffe

einen tiefen Schluck,

brummt: „Genug!“

und schlurft hinweg, der riesig Schlaffe.

 

In einer solchen Liebesnacht
selbst dieser Niebes lacht.
Mit einer derart tollen Braut
selbst dieser Brollen taut.
Niemand verliert in einer Liebesschlacht!

 

Immer, wenn er die Sense schwang,
er dabei gern Schwänke sang.
Doch einmal schnitt er sich dabei ins Bein

und war sehr lang am Schrei’n.
So was passiert auch einem Sensenmann!

 

Neulich befiel den Waben-Knut

eine schlimme Knabenwut.

Dieser junge kluge Imker
ging verlustig seiner Simcard.

Er sie nicht mehr haben tut!

 

„Guten Tag, ich liebe Sie,
und ich heiße Sibeli.“
„Oh, was für ein schöner Name,
mein Name ist Vannahme.“
„Ich wünsche mir von Ihnen/dir möglichst rasch ein Bübeli!“

 

 

 

Als wir jung und trunken waren,
zogen wir uns oft lachend an den Haaren,

manchmal aber auch an den Ohren,
bis wir die Lust daran verloren,
weil wir für den Quatsch zu müde waren.

 

Oh, was bin ich Trapper grau!

Doch ich sehr dem Grappa trau.

Wenn er durch die Kehle rinnt,

Leib und Seel’ verjüngt dann sind.

Gefährlich aber ist der Zappa blau!

 

Paula wohnt in Hinterzarten
und besucht dort einen Kindergarten.
Den besuchten auch schon Georg Thomalla und Georg Thoma,

zusammen mit Paulas Uroma.
Die dämmert jetzt im Wintergarten.

 

Neulich fragte mich ein Bismarckhering:
„Warum heiße ich eigentlich Bismarckhering?
Das hat mir noch niemand erklärt,
jeden interessiert nur, dass er sich von unsereins ernährt.“

„Geklärt ist immerhin: Bismarck trug einen Ehering.“

 

Eben noch sahen wir im Dämmerlicht

die Lämmer dicht an dicht.
Nun aber breitet die Nacht ihr Dunkel

nicht nur über Unkel.

Alles schwarz bis Emmerich!

 

Zwischen uns und dem lieben Gott

treibt so mancher Himmelsschrott.

Doch im hoch gelegenen Cochabamba

gibt es einen Lumpensammler,

der räumt jetzt auf mit all dem Schrott.

 

Du siehst’s an meinen Augenrändern:

Es wird sich gar nichts ändern!
Was sollen wir noch zusammen pennen,

wenn uns so viele Dinge trennen!

Unser Schiff, das ist am Kentern.

 

 

Wir wollten wandern in der Zips,
checkten alle Apps und Tipps,
beugten uns noch einmal über unsere Tatra-Karten

und wollten dann endlich starten.
Doch unsere Beine waren hart wie Gips.

 

Heute traf ich Phoebe Hopf.
Sie aß gerade einen Hefezopf.
Nachdem sie den verschlungen hatte,

sagte ich zu der kleinen Ratte:
„Nun verschling auch diesen Lesestoff!“

 

In diesem Sommer flog Wanda

wieder einmal nach Karaganda

in die alte Heimat
und half dort bei der Heumahd,

fernab von jeder Propaganda.

 

„Mann!“, riefen da die Luchse,
„was soll denn das Gedruckse!
Beim Jagen muss man zuschnappen,
sonst geht einem zu viel durch die Lappen.

Man kann es lernen von dem Fuchse!“

 

Neulich, als der Rabe flog,

verirrte er sich nach Langeoog. „

Hier bin ich noch nie gewesen.

Bin ich hier bei den Chinesen?

Ich schau mal nach im Katalog.“

 

 

Sie rief voller Ekstase: „Stecks doch, Hase!

Begreif’s doch endlich:

Unser Leben währt unendlich

dank Dextrodreckstrohlase!“

 

Neulich war ich in Herne.
In Herne bin ich immer wieder gerne. Denn die gemeinen Herner
sind so ähnlich wie die Berner:
Harte Schalen, weiche Kerne.

„Oh, wie ist das peinlich!“,
sagte Bella Beinlich.
„Ich war vorgesehen als Tänzerin,
doch nun bin ich Schwänzerin
beim großen Fest von Großfürst Heinrich.“

Ich hab schon siebzig Jahre auf dem Buckel
und trage immer noch einen Nuckel.
Meine Eltern sind schon hundert Jahre alt
und kümmern sich immer noch um mich mit viel Sorgfalt

und murmeln zärtlich: „Du, du Schnuckel!“

 

Bald wird der Winter kommen.
Dann wird dir der Mut genommen.
Du liegst auf deinem Bette,
willst keine Zigarette
und stehst nicht auf, auch wenn die Kinder kommen.

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