„Und? Was essen wir an Weihnachten?“, fragt Annette ins familiäre Rund. „Lasst ihr euch doch was einfallen“, befinden die Kinder gemeinsam und verkrümeln sich wieder an ihre diversen Computer. „Und? Was essen wir an Weihnachten?“, fragt sie daraufhin mich. Ich kann mich nicht so einfach verkrümeln: Ich bin immerhin eines von zwei Mitgliedern des “Vereins zur Abhaltung historisch korrekter Weihnachtsfeiern e.V.“, der leider immer noch nicht gegründet ist.
Alles, was wir in den vergangenen Jahren an Weihnachtsessen ausprobiert haben, mag mehr oder weniger geschmeckt haben (dem inzwischen achtjährigen Clemens in der Regel eher weniger), aber weder Kürbissuppe noch Feldsalat noch Nussbraten noch noch noch können auch nur ansatzweise den Anspruch erheben, zeitlich oder regional zu jenem Ereignis vor gut 2000 Jahren in Bethlehem zu passen – was aber mit den unvegetarischen Traditionsmahlzeiten Weihnachtsgans, Truthahn oder Karpfen auch nicht besser wäre.
Aber was wäre besser? Just in diesem Moment kommt Lucie, 11, mit ihren Arabisch-Hausaufgaben herein: zu übersetzende und nachzukochende Kochrezepte, unter anderem für Falafel und Linsensuppe. „Wann können wir das mal machen?“ Da fällt der Groschen: Linsen – Jakob – Esau – Bibel – „An Heiligabend!“ antworten wir. Linsensuppe lässt sich prima vorbereiten, schnell aufwärmen, und selbst wenn es nicht ganz so gut schmecken sollte wie damals bei Jakob, sind wir in jedem Fall supertraditionell.
Und für den 25. Dezember mit seinem festlicheren Anspruch an Kulinaritäten entscheiden wir uns für Mezze, arabische Vorspeisen von Hummus bis Baba Ghanousch. Nur der Nachtisch verlässt die nahöstliche Tradition – aber Mousse au chocolat hätte die heilige Familie bestimmt auch gerne gegessen, wenn das damals schon erfunden gewesen wäre.
Aber was immer Sie essen, und wie immer Sie feiern: Frohe Feste für alle!