[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=C_wYAdUuErw&feature=related[/youtube]
Let’s say goodbye with a smile, dear,
Just for a while, dear, we must part.
Don’t let the parting upset you,
I’ll not forget you, sweetheart.We’ll meet again, don’t know where, don’t know when,
But I know we’ll meet again, some sunny day.
Keep smiling through, just like you always do,
‚Til the blue skies drive the dark clouds far away.
Als ich 2002 oder 2003 die Libertines das erste Mal in Originalbesetzung sah, wusste ich noch nicht, dass es auch das eigentlich letzte Mal sein würde. Aber auch so hatte der damalige Gig eine Bedeutung wie kein zweiter, hatte ich noch nie zuvor (und leider auch nie mehr danach) soviel Mensch gewordene Energie gesehen, ein so raues, pures, wildes, energetisches Spiel. Selbst wenn die Libertines damals zwei Stunden zu spät auf die Bühne kamen und nur etwas über eine halbe Stunde spielten, war das Erlebnis dermaßen überwältigend, dass ich – als mit 77s-Punkrock sozialisierter Indiejunge – das Gefühl bekam, dass sich so womöglich damals die Punk-Gigs angefühlt haben mögen, die ersten Auftritte von The Clash, der Pistols, der Ramones.
Die Band erst nach acht langen Jahre später wieder zu sehen ist unter diesen Voraussetzungen natürlich durchaus schwierig. Und um es vorwegzunehmen: nein, es ist nicht mehr das Gleiche. Barat und Doherty sind acht Jahre älter geworden, all ihre Geschichte hat Spuren hinterlassen. Die in den Himmel reichenden, unmöglich zu erfüllenden Erwartungen schienen ihnen schwer auf den Schultern zu liegen, beinah eine gewisse Schüchternheit durchzuschimmern. Auf der anderen Seite hat die Band selten tighter, konsequenter geklungen, musikalisch sicherlich um ein vielfaches versierter als in den frühen Jahren. Pete strahlt zwar nur noch selten jenes unwerfende Charisma aus, das uns Dohertyans ihm immer all den Scheiß hat verzeihen lassen, aber dafür sieht er so gesund und sauber aus wie seit vielen Jahren nicht mehr.
But I know that we’ll meet again…
Der erste Auftritt der Libertines, eine Art „secret gig“, findet in der wunderschönen 2000-Mann-Location „Forum“ in Kentish Town, London, statt. Einige Verrenkungen waren nötig um sich letztendlich doch Zutritt zu verschaffen, aber, oh Boy, hat sich das gelohnt! Dank einer äußerst strikten Kartenvergabe-Politik (das Recht, maximal zwei Karten zu erwerben, wurde über eine Verlosung auf der Libertines-Homepage vergeben) sorgte erfolgreich dafür, 2000 Fanatiker für den allerersten gemeinsamen Auftritt seit 2004 zu versammeln.
Dementsprechend lag eine elektrisierende Spannung in der Luft als zu den Klängen von Vera Lynns „We’ll meet again“ (wunderbare Idee!) das Coverartwork des Libertines-Debüts als Banner hochgezogen wurde, die Band auf die Bühne kam und gleich mit dem kleinen, dreckigen Punksong „Horrorshow“ startete. Dass sie als Song Nummer Zwei eine alte b-Seite, „The Delaney“, spielten, war eine wunderbare Überraschung, zeichneten sich die Libertines-Gigs doch immer durch eine völlige Unberechenbarkeit dank des willfährigen Durcheinanderwerfens von Singles, b-Seiten und unveröffentlichtem Material aus. Auch wenn sie sich im Folgenden auf das veröffentlichte Material (zwei Alben, zwei Singles) beschränkten und auf alle in der gemeinsamen Zeit geschriebenen, aber später von Doherty unter dem Babyshambles-Banner veröffentlichten Songs wie „Albion“ oder „Killamangiro“ verzichteten, erstaunt doch, wie viele verdammte Hits in diesem dünnen Backcatalog verborgen sind.
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[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Qse2mGuGPis[/youtube]
Der größte Unterschied zu den good old days dürfe in der deutlich geringeren Interaktion auf der Bühne sowie der völligen Absenz von Bühnenansprachen liegen. Als kleines Bonbon für die hier versammelten alten Fans überraschte die Band dann doch noch mit einem Griff in die reich gefüllte Schatztruhe an unveröffentlichten Songs und spielte „Lust Of The Libertines“, das noch aus der allerersten Phase der Libertines um 1999 stammt.
Zwei Tage später auf dem Leeds Festival ähnelt sich die Setlist und alle Befürchtungen, dass die Libertines unter dem Druck der riesigen Erwartungen zerbrechen, erweisen sich als unbegründet. Besonders überraschend, dass all die hierzulande so zahlreich bei Doherty-Konzerten erscheinenden Zyniker, die nur den armen Junkie von der Bühne fallen sehen wollen, in England völlig fehlen. Und das gar bei einem als sehr rüde verschrieenen Publikum des Leeds/Reading-Festivals, wo es zur guten Sitte gehört, Künstler mit gefüllten Urinfläschchen von der Bühne zu werfen. Nein, es ist die Heimkehr der verlorenen Söhne, die größte Extase und Begeisterung des Wochenendes, ja, sogar die größte Publikumsmenge zu verzeichnen. Selbst der eigentliche Headliner Arcade Fire spielt direkt nach den Libertines vor einem um die Hälfte geschrumpften Publikum, auch Testament dem Emotionstsunami der Libertines. Time For Heroes, wie soll jemand danach noch Zeit für Helden der Moderne haben?
Snatching defeat from the jaws of victory
Wie kann man in so einem Moment kein „was wäre wenn“ – Gedankenspiel veranstalten, eine alternative Realität konstruieren, in der die Libertines wenigstens einmal dem Drang nach Selbstzerstörung widerstanden und die Meisterschaft im „snatching defeat from the jaws of victory“ nicht wieder und wieder gewonnen hätten? Wenn nicht ihre Epigonen wie Razorlight oder die Arctic Monkeys* die Millionen abkassiert hätten, sondern tatsächlich Carl & Pete auf ihrem Thron sitzen würden. Dass die Libertines gerade jetzt zurückkehren, da Musikszene und Land weitergezogen sind, passt wieder zum Prinzip Libertines: immer an der falschen Stelle sein.
Andererseits ist es natürlich auch gerade der Mythos des ewigen Scheiterns, der unvermeidlichen Rückkehr in die Gosse, auf dem sich das Vermächtnis der Libertines aufbaut. Das macht auch diese Reunion so gefährlich, waren die Libertines doch nie eine normale, nie eine kommerziell motivierte Band, sondern immer versucht, das Spiel auf ihre Weise zu bestreiten, wodurch sich ihr Ruf mindestens so begründet hat wie durch ihr eigentliches Songwriting, was jüngst der Guardian so formulierte:
„This was the Libertines‘ true legacy: not a series of finely honed albums for the rock canon, but a loud reminder that rock’n’roll bands could still be sexy, chaotic, poetic and dangerous.“
Mögen die Libertines auch keine perfekt ausformulierten Alben aufgenommen haben, so sind sie mehr im ursprünglichen Punk-Sinn eine Band mit dem Händchen für den perfekten dreiminütigen Popsong. Eine Band, die nur Singles spielt, was auch in Leeds und London bei den beiden neuen Auftritten wieder deutlich wird.
So bleiben ein brillanter und ein sehr guter Auftritt, die weitaus professioneller waren, als man es der Band je zugetraut hätte. Aber, und wir können wohl alle unsere Jugend nicht reproduzieren, die Professionalität killed natürlich auch ein wenig die Punkkatze. Das Durcheinander, das Manische, es bleibt nur Erinnerung. 2010 ist nicht 2002. (Christian Ihle)
So will you please say hello to the folks that I know,
Tell them I won’t be long.
They’ll be happy to know that as you saw me go,
I was singing this song.After the rain comes the rainbow,
You’ll see the rain go, never fear,
We two can wait for tomorrow,
Goodbye to sorrow, my dear.
* Natürlich sind die Arctic Monkeys musikalisch keine Libertines-Epigonen und selbstredend hat insbesondere das erste Album der Sheffielder Band seinen Erfolg verdient. Nur: ohne die Libs keine Monkeys. Denn selbst der oft kolportierte MySpace-Mythos ist Quatsch, hatten sich die Demos der Arctic Monkeys doch nicht über deren MySpace-Seite verbreitet, sondern waren in dem legendären dot org – Forum der Libertines erstmals hochgeladen worden.
Setlist Forum, London, 25.08.2010:
Horrorshow
The Delaney
Vertigo
Last Post On The Bugle
Tell The King
Boys In The Band
Music When The Lights Go Out
What Katie Did
Can’t Stand Me Now
Death On The Stairs
The Ha Ha Wall
Don’t Look Back Into The Sun
Time For Heroes
Mayday
Plan A
Campaign Of Hate
Begging
Lust Of The Libertines
What Became Of The Likely Lads
The Good Old Days / Radio America
Up The Bracket
What A Waster
I Get Along
Setlist Leeds Festival, Leeds, 28.08.2010:
Horrorshow
The Delaney
Vertigo
Last Post On The Bugle
Tell The King
Boys In The Band
Music When The Lights Go Out
What Katie Did
What Became Of The Likely Lads
Can’t Stand Me Now
Death On The Stairs
The Ha Ha Wall
Don’t Look Back Into The Sun
Time For Heroes
The Good Old Days / Radio America
Up The Bracket
What A Waster
I Get Along
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=0JiEhi4b8Ow[/youtube]
– if you have lost your faith in love and music, then the end won’t be long –
Weiterlesen über The Libertines & Doherty:
Teil 1: Time For Heroes, Anfang 2005
Teil 2: Up The Bracket, Oktober 2002
Teil 3: The Gang Of Gin. And Milk., April 2006
Teil 4: Why Did You Break My Heart?, Mai 2006
Teil 5: Anywhere In Albion, September 2006
Teil 6: König wider Willen, Februar 2007
Teil 7: Das Ende des Konjunktivs, Oktober 2007
Teil 8: Narziss und Goldkind, Juli 2009
Plattenkritiken:
* Peter Doherty – Grace/Wastelands
* Peter Doherty – Last Of The English Roses EP
* The Libertines – Best Of
* Babyshambles – Shotters Nation
* Die zehn besten Alben 2009
* Peter Doherty: Books Of Albion
Livekritiken:
* Two Days Doherty: was bleibt nach der Hymne?
* Pete – wie es wirklich war. Der Doherty und die Hymne.
* Pete Doherty solo in Berlin (2009, BerlinFestival)