Das Spiel ist immer das gleiche: Wenn gegen ein Land Sanktionen verschärft werden, reden die Sanktionierenden von der besonderen Schärfe und neuen Effektivität, während die Sanktionierten das Ganze als wirkungslos abwinken.
Die gestern im UN-Sicherheitsrat beschlossenen neuen Iran-Sanktionen bilden da keine Ausnahme. US-Präsident Barack Obama bezeichnete den neusten Sicherheitsratsbeschluss als die „härtesten Sanktionen, die jemals gegen den Iran ausgesprochen wurden“.
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad gab sich dagegen betont unbeeindruckt.“Von links und rechts verabschieden sie Resolutionen, aber für uns sind sie wie lästige Fliegen, wie ein gebrauchtes Taschentuch“, lautet dessen erste Reaktion.
Es ist die vierte Runde von UN-Sanktionen gegen den Iran ein. Sie richten sich inhaltlich gegen die Revolutionsgarden, ballistische Raketen und mit dem Atomprogramm verbundene Investitionen.
Tatsache ist, dass die Sanktionen gegen den Iran sehr schwer zu kontrollieren sind. Eine der Hauptgründe dafür ist, dass die meisten Geschäfte mit der Islamischen Republik indirekt abgewickelt werden. Das kleine arabische Emirat Dubai erweist sich dabei als wichtigster Vorposten des iranischen Aussenhandels. Bei meiner letzten Reise nach Dubai habe ich das recherchiert. Der Text war in der taz unter dem Titel „Die Hintertür Dubai“ im Februar veröffentlicht worden und gilt inhaltlich auch für die neuste Sanktionsrunde.
Wenn man vom Handel mit Öl absieht, steht für den großen Iran das kleine Dubai auf Platz eins der Außenhandelsstatistik. Der offizielle Warenverkehr zwischen Dubai und dem Iran hat sich in den letzten Jahren laut Dubaier Handelskammer auf 12 Milliarden Dollar verdreifacht. Gleichzeitig sind die Arabischen Emirate laut US-Rechnungshof der größte Importeur von US-Gütern in der Region.
„Man kann alles kaufen und in den Iran verschiffen“, beschreibt Morteza Masoumzadeh die Lage, Besitzer einer Reederei, die zwischen Dubai und dem Iran tätig ist. „Jede iranische Firma hat in Dubai einen Repräsentanten“, sagt er.
Laut dem iranischen Business Council sind in Dubai 8.000 iranische Firmen, darunter 1.200 Handelsunternehmen tätig. Viele davon gehören den iranischen Revolutionsgarden, die jetzt auch wieder zur Zeilscheibe der neusten Sanktionen geworden sind. Eigentlich als wichtigstes Repressionsinstrument des iranischen Regimes gegen die Opposition verrufen, zählen die Wächter der Revolution inzwischen zu den größten Wirtschaftsunternehmen des Landes. Sie sollen ein Drittel der Wirtschaft kontrollieren. Erst Ende letzten Jahres kauften sie das größte Telekommunikationsunternehmen des Landes.
Die große Unbekannte in der Rechnung ist die Frage, wie sich die globale Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Dyanamik zwischen dem Iran und Dubai auswirken wird. Das „Übermorgenland“ Dubai ist hoch verschuldet und es ist das benachbarte Abu Dhabi, das einen Großteil der Schulden übernommen hat und nun die Wirtschaft Dubais kontrolliert. Abu Dhabi ist seit jeher gegenüber dem nördlichen Nachbarn Iran verhaltener und der dortige Emir Scheich Khalifa will die USA nicht verprellen.
Vielleicht hat die Wirtschaftskrise aber auch den gegenteiligen Effekt. Nachdem viele westliche Firmen und Goldsucher im letzten Jahr in Dubai ihre Koffer gepackt haben, könnten gerade die Handelsbeziehungen zum Iran zum Rettungsring werden, mit dem sich das Emirat über Wasser hält. In der Katerstimmung nach dem Goldrausch sind die Geschäfte mit dem Iran das wirkungsvollste Aspirin.