Es ist feministischer Kampftag – es gibt also Vieles zu sagen was wichtig wäre. Es gibt aber immer Vieles zu sagen was wichtig wäre. Außerdem habe ich einfach irgendwie vergessen, dass dieser Tag heute ist. Vielleicht auch verdrängt, weil es langsam aber eben sicher einfach zu viel ist. An allen Ecken und Enden brennt es. Jetzt ist auch noch Krieg.
Und ganz überhaupt wollte ich eigentlich über erste Male schreiben – diese großen ersten Male. Das erste Mal das Licht der Welt erblicken. Das erste Mal selbst Laufen. Das erste Mal ohne Stützen Fahrrad fahren. Der erste Kuss. Das erste Mal die eigene Hand in einer anderen Hose. Das erste mal eine andere Hand in der eigenen Hose. Der erste große Liebeskummer. Der erste Sex. Die erste Geburt. Das erste Mal Laufen beim eigenen Kind beobachten. Das erste Mal jemand für immer verlieren. Das erste Mal einen toten Menschen berühren.
Über das alles wollte ich schreiben. Aber jetzt ist es das erste Mal, dass ich direkt konfrontiert bin mit Krieg, der so nah da ist, dass er mir wirklich Angst macht. Und ja – was ein privilegiertes Leben ich doch bisher hatte und noch immer habe. Das weiß ich. Gerade mehr denn je. Ich denke viel nach. Die vielen Kinder und Jugendliche, Erwachsene, Mütter, Väter, Großeltern – all diese Menschen denen so viele erste Male einfach genommen werden. Die jetzt Angst haben, dass es vielleicht das letzte Mal ist, an dem Sie geliebte Menschen noch einmal sehen und in den Arm nehmen können. Ich bin viel fassungslos.
Aber das erste Mal drehen sich meine Gedanken auch um meine Kinder. Um uns als Familie. Um mich. Denn die Angst ist jetzt da – das erste Mal. Dass jetzt nichts mehr so sein wird wie bisher. Dass ich das erste Mal erleben könnte, wie meine Kinder und ich irgendwo hinlaufen – weglaufen, weil wir da, wo wir gerade sind, nicht mehr bleiben können. Die Vorstellung zwar noch diffus aber gleichzeitig ist sie eben das erste Mal konkret da und zwar als echtes Gefühl.
Jetzt denke ich darüber nach was ich machen würde wenn ich das erste Mal Krieg erleben würde. Würde ich fliehen? Würde ich kämpfen? Würde ich mich von meinen Kindern trennen? Hätte ich überhaupt Wahlmöglichkeiten? Würd ich erwarten, dass Männer bleiben und kämpfen? Ab welchem Punkt würde ich lieber sterben anstatt das alles ertragen zu müssen?
Das erste Mal stelle ich mir diese Fragen.
Während ich erschöpft bin, während und weil die Kitas wieder zu sind. Corona gibt es immer noch. Das erste Mal also auch das Gefühl, dass es keine Lösungen geben wird. Nicht heute und nicht morgen. Dass es vielleicht so bleibt weil es auch schon immer so ist. Eine Katastrophe nach der nächsten. Eine Krise nach der anderen.
Und wir immer mehr mittendrin statt nur dabei.
In diesem Sinne – keine Wahlmöglichkeit an dieser Stelle: Trotzdem weitermachen. Trotzdem weiterkämpfen. Weil vielleicht – ja doch ganz, ganz vielleicht kommt er irgendwann dieser Tag. An dem alle Menschen in Frieden leben und es reicht einfach nur Mensch zu sein um frei zu sein. Ich mein klar – klingt so cheesy. Aber imagine…