vonWolfgang Koch 07.07.2011

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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Das Heilige Land Tirol ist rundum zufrieden mit der neuen Regelung des Religionsfriedens in Österreich; ebenso das Finanzministerium. Umso mehr Einwände kommen von den betroffenen Religionsgemeinschaften selbst. Nahezu übereinstimmend sprechen sie seit Wochen von einem »untauglichen Versuch einer Minimalkorrektur«.

Für den Bund der Baptistengemeinden ist die Mindeststärke »uneuropäisch« und »so nur in Serbien und Weißrussland wieder zu finden«. Die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft (ca. 60.000 Mitglieder) kritisiert den »unzumutbare großen Interpretationspielraum« für das Kultusamt und sieht bereits einer Teilaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof entgegen.

Der Evangelische Oberkirchenrat A. und H.B. spricht von einer »deutlichen Verschlechterung«, plädiert für eine Mindeststärke von 300 Mitgliedern, verurteilt die Dehnbarkeit der Sechs-Monate-Entscheidungsfrist des Amtes, den 20-jährige Beobachtungszeitraum sowie die Existenzdauer von 200 Jahren (»50 muss genügen!«).

Der Begriff Mitglieder sei erst einmal auf das jeweilige Selbstverständnis der Bekenntnisgemeinschaft abzustellen, etwa im Zusammenhang mit der Erwachsenentaufe. Und in der Loyalitätsforderung erkennt der Oberkirchenrat »einen rechtlich unzulässigen Eingriff in die kollektive Religionsfreiheit«. Jedes statutenwidrige Verhalten der Schäfchen (etwa Fehler bei der Ämterbesetzungen), könnte das Kultusamt in Zukunft veranlassen, mit Sanktionen zu drohen. Das gute Verhältnis der Betroffenen zum Staat sei erschüttert.

Tatsächlich sind ja alle Theismen und Polytheismen politisch und moralisch nur dann von Belang, wenn sie im Dienst der Vergewaltigung stehen. Es gibt keinen Glauben, der nicht vielleicht eine Person verbessern kann. Der Staat braucht also gar nicht so wählerisch zu sein zwischen traditionellen und primitiveren Glaubenvorstellungen.

© Wolfgang Koch 2011

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