vonWolfgang Koch 08.07.2011

Wolfgang Kochs Wienblog

Vom letzten Glanz der Märchenstadt oder wie es sich an der blauen Donau gerade lebt.

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Den von der Nationalratsmehrheit  favorisierten Kompromiss formulierte zuerst die Österreichische Bischofskonferenz. Man möge doch bitte »das Unterschreiten der Mitgliederzahl als Grund für die Aberkennung der Anerkennung ausdrücklich auszunehmen«.

Die Juristen des Bundeskanzleramt schlugen »die Möglichkeit eines Ermessenentscheides« bei der Quote vor. Doch der Wert von 0,2 Prozent liegt ohnehin schon erheblich unter dem eigentlich Notwendigen für das Schmied-Ministerium.

Die Wurzel des  Problems reicht offenbar tiefer. Um einen Kult auszuüben, bedarf es nicht zwingend einer Organisation. Der Buddhismus zum Beispiel durchläuft gerade zum dritten Mal in seiner Geschichte den Status einer Modereligion in Österreich, Buddha ist in den letzten Jahren  zu einer Art neuem Gartenzwerg aufgestiegen. Die ÖBR vereint als Dachorganisation buddhistische Orden und Gruppen von unterschiedlichster Herkunft und Zielsetzung – ein internationales Vorzeigemodell trotz einer mickrigen Mitgliederzahl von ca. 6.000 Personen.

Das es so wenige sind, hat nichts zu sagen. Viele BuddhistInnen verwehren sich nun einmal gegen die »Verkirchlichung« ihres Weges. Sie sehen im Dharma eher eine »Psychologie der Praxis«, einen philosophische Lebensweise, als eine Transzendenzlehre. Dazu kommt, dass die aus Asien zugewanderten Anhänger des Buddhismus noch nie einen Grund gesehen haben, ihre Hausaltäre durch Unterschriften zu beglaubigen.

Die schärfste Kritik an der Novelle kommt übrigens von rechtstheologischen Gutachtern der Universität Wien. Für Richard Potz und Brigitte Schinkele stellen Mitgliederzahl und Wartefrist keine »fair opportunity« dar und sind eindeutig konventionswidrig. Lediglich fünf der gegenwärtig anerkannten Kulte würden mehr als erforderliche Quotenmenge aufbringen.

Was die positiven Grundeinstellung zum Staat betrifft, erkennen die beiden Rechtstheologen in dieser Forderung »einen Eingriff in die Religionsfreiheit« und »einer Rückkehr zum System der Staatskirchenhoheit des 19. Jahrhunderts«. Das Rad der Geschichte drehe sich ein Stück zurück.

© Wolfgang Koch 2011

 

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