vonKarim El-Gawhary 26.12.2010

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog
Quelle: http://24sur24.posterous.com

Vielleicht  liegt es daran, dass Al-Kaida oder sonstige Islamisten darin keine Rolle spielen. Oder die Medien schlafen einfach ihren Weihnachtsschlaf. Möglicherweise passt das Ganze auch nicht so recht ins Bild von Tunesien mit seinen traumhaften Mittelmeerstränden und Wintergolfplätzen. Aber der  Elendsaufstand der Jugendlichen in und rund um  tunesische Kleinstadt Sidi Bouzid wurde bisher medial ignoriert. Daher nun ein paar Zeilen dazu, obwohl der Maghreb normalerweise nicht zu meinem Berichtsgebiet gehört.

Die Stadt ist inzwischen von der Armee abgeriegelt. Drinnen versucht die Polizei die Kontrolle wiederzugewinnen. Wie sie das tut, kann man nur erahnen. Hier ein Bild eines Jungen, der mutmasslich eine Nacht auf der lokalen Polzeistation verbracht hatte.

Quelle: http://24sur24.posterous.com

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte das Ganze, als am Weihnachtstag ein Demonstrant in Menzel Bouzaiene von der Polizei erschossen worden war. Die Polizei behauptet in Selbstverteidigung gehandelt zu haben. Zuvor hatten Jugendliche eine örtliche Polizeistation angegriffen, Polizeiautos, eine Lokomotive und ein Büro der Regierungspartei in Brand gesetzt. Hier zwei Videos, die brennende Polizeistation und brennende Polizeifahrzeuge zeigen.

[vimeo]http://vimeo.com/18173084[/vimeo]

[vimeo]http://vimeo.com/18153213[/vimeo]

Die Spannungen begannen letzten Samstag, als sich Mohamed Bouazizi auf offener Straße mit Benzin übergossen und anzündetet hatte. Der 26jährige Gemüsestraßenhändler hatte einen Universitätsabschluss und konnte keine adequate Arbeit finden, um als einziger Brotverdiener seine Familie zu ernähren. Als die Behörden dann zum wiederholten Male seine Waren konfiszierten, hatte er wohl genug vom Leben. Am Mittwoch kletterte dann ein andere arbeitsloser junger Mann einen Strommast hoch und fasste an die Leitung. Zuvor hatte er noch gerufen „Nein zum Elend und nein zur Arbeitslosigkeit”., Seitdem herrscht in und um Sidi Bou Zid, 250 Kilometer südlich von Tunis  ein Ausnahezustand.

Proteste sind selten in Tunesien, wo dem Präsidenten Ben Ali von Menschenrechtsorganisationen immer wieder vorgeworfen wird, jeglichen poltischen Dissens mit einem Polizeistaat zu unterdrücken. Auch die Berichterstattung über den Aufstand wurde massiv unterdrückt. Hier gibt es noch einen Link der Reporter ohne Grenzen dazu, leider noch nicht auf deutsch.

Die Nachrichten bleiben also spärlich. Meist sind es Videos, Fotos und Berichte von Augenzeugen, die den Weg ins Internet gefunden haben und über Blogs und Facebook verbreitet werden. Wer sich mehr informieren möchte, kann das entweder auf Englisch über den “The Moor Next Door” Blog tun oder auf französisch über nawaat.org. In jedem Fall sollten wir dafür sorgen, dass die Geschichte nicht im Weihnachts- und Neujahrsschlaf untergeht.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/worueber_nicht_berichtet_wird_elendsaufstand_in_tunesischer_kleinstadt/

aktuell auf taz.de

kommentare