vonHildegard Willer 19.09.2011

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Am Samstag habe ich ein kulinarisches Opfer gebracht: Anstatt für umgerechnet 2 Euro so klangvolle Gerichte wie “Japanisches Schwein mit Thai-Reis”, “Lasagne a la Huancaina mit geschmorten Brustspitzen und Butterkäse aus Cajamarca” oder “Schwarze Nudeln auf Macho-Art” der besten Restaurants Lima zu kosten, habe ich eineinhalb Stunden angestanden, um eine Portion Pommes mit Wurst für 3 Euro zu essen. Grund dafür waren nicht etwa heimatliche Gefühle beim Anblick der Würstchenbude, sondern journalistische Neugier.

Der Hit auf der grössten Kulinarik-Messe Lateinamerikas “Mistura” in der peruanischen Hauptstadt waren nämlich nicht die Gerichte der Edelrestaurants sondern die Pommesbude. Schmeckt Wurst mit Pommes in Lima – der Heimat so schmackhafter Gerichte wie “Ceviche” (Roher Fisch, besser als jedes Sushi!), des Kartoffelgerichtes “Causa Limeña” oder der Fischsuppe “Parihuela” – etwa besser als in Berlin oder Brüssel? Ich machte die Probe aufs Exempel.

“Die Kartoffeln sind mit Schale, das macht sie besonders krustig”, sagt die 19-jährige Adriana, die vor mir in der Schlange steht,um eine Portion “Salchipapas” zu er”stehen”. Salchipapas – als die Mischung von salchicha, Wurst, und Pommes, papas fritas – ist sonst ein Strassengericht, das vor allem abends für den kleinen Geldbeutel und kleinen Hunger auf fahrbaren Wägelchen angeboten wird. Die Würstchen schmecken meist nach Sägespänen und den Hormonen, mit denen die später verwursteten Tiere gefüttert wurden,  und die Pommes triefen vor Fett. Dafür kostet eine Portion “Salchipapas” sonst denn auch nur umgerechnet 50 Cent.

Bei Mistura kostet die Portion umgerechnet drei stolze Euro. “Die sind hier einfach besonders lecker”, meint das 12-jährige Mädchen, das hinter mir steht. “Sie wollte unbedingt salchipapas”, sagt fast entschuldigend ihre Mutter. Die beiden jungen Männer vor mir schlagen die Wartezeit mit ihren iphones tod. Nach einer Stunde in der Schlage feixen sie, dass sie jetzt eigentlich auch keine Salchipapas mehr wollen, aber jetzt, wo man dem Ziel so nahe ist….

Das Ziel ist eine Würstchengrillerei in einem VW-Bus. Umgebaut hat ihn Juan Giuseppe Montalván, Industrie-Design-Student der Katholischen Universität von Lima. ” Wir haben einen Wettbewerb gewonnen, wie man am besten einen VW-Bus zu einer Würstchenbude für Lima umfunktionieren kann”, macht der junge Designer Werbung bei den Wartenden.

Der Salchipapa-Bus ist ein weiteres Projekt (“proyecto papeo”) – wie könnte es anders sein –  von Gaston Acurio, dem Begründer des peruanischen Gastronomie-Wunders. Was dieser sympathische Koch-Unternehmer anfasst, verwandelt sich in Gold. Mit dem Salchipapa-Bus sollen nun die bisher informellen Würstchen-Verkäufer in die formelle kulinarische Kette des Landes eingebunden werden. Die Stadt Lima will die ersten 10 Konzessionen für Würstchenbuden vergeben. Wird damit Limas Küche revolutioniert ?

Gleich werde ich es selbst probieren. Nach 90 Minuten bin ich am Ziel, sehe zu, wie ein junger verschwitzter Mann in Kochuniform drei Sorten geschnittener Würstchen  in eine Fritteuse tut, dasselbe macht er mit daumendicken Kartoffelstiften (mit Schale!). Die frittierten Kartoffeln werden auf einen Pappkarton getan, die frittierten Wurstscheiben (chorizo, chorizo picante und Wiener Würstchen) draufgeschichtet.

Fünf Saucen machen die Salchipapa perfekt: Mayonnaise, Senf, Huancaina, Aji und Aji Rocoto. Wer möchte kann noch eine Extra-Portion scharfe Sauce dazunehmen. Die Vielfalt der Saucen ist dann das peruanische an der Wurst. Allerdings fehlt hier entschieden der Curry-Ketchup!

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Schmecken tut das ganze für eine  peruanische Salchipapa ……. na ja. Die Würstchen schmecken immerhin nicht ganz so sägespan-mässig wie ihre Billigvariante, und die Pommes sind knusprig und schmecken tatsächlich nach Kartoffel. Ansonsten: viel Fett, viel Kohlehydrate, und viel bunte Sauce. Warum jemand dafür 90 Minuten ansteht, bleibt mir ein Rätsel.

Ich zumindest halte mich  beim Dessert für die verpasste kulinarische Gelegenheit schadlos: ein auf der Zunge zerfliessender Flan aus Quinoa, gefolgt von einem Pisco Sour mit dem Traubenschnaps aus Lunahuaná und, als zweites Dessert noch eine Creme aus Aguaymanto (Kapstachelbeere) gekrönt mit Eiweissschaum beweisen mir, dass Lima zurecht gastronomische Hauptstadt Amerikas genannt wird.

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