von 08.10.2010

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Ein Exemplar der taz belastet die Umwelt mit 300 Gramm Kohlendioxid-Äquivalent – das entspricht einer Autofahrt von zwei bis drei Kilometern. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Öko-Instituts (PDF) im Rahmen eines Projekts des Bundesforschungsministeriums, die sich auf Daten aus der taz aus dem Jahr 2007 bezieht. Daher werden wir jetzt komplett auf Recyclingpapier umstellen – und die Klimaschädlichkeit der taz damit halbieren.

Das Papier ist bisher der mit Abstand größte CO2-Verursacher, seine Herstellung und sein Transport machen mehr als die Hälfte des Ausstoßes der taz aus. Der zweitgrößte Posten sind mit 12,5 Prozent der Emissionen die Redaktion, die Verwaltung und die EDV. Hier wurden neben dem Energieverbrauch des Berliner Redaktionshauses auch die Wege zur Arbeit sowie Dienstreisen berücksichtigt, die nach einer Befragung von MitarbeiterInnen hochgerechnet wurden.

Als dritter großer Bereich trägt der Druck der Zeitung mit 11 Prozent zum CO2-Ausstoß bei. Der Energieverbrauch für die Druckmaschinen fällt dabei stärker ins Gewicht als die Herstellung von Druckfarben und Aluminiumdruckplatten. Der Versand der Zeitung bis zum Kiosk beziehungsweise per Post oder Träger bis in den Briefkasten der AbonnentInnen hat mit 3,4 Prozent den geringsten Anteil. Doch in Zukunft wollen wir den CO2-Ausstoß der taz von 301,5 Gramm auf 157,5 Gramm senken:

Der linke Kreis zeigt die bisherige Aufteilung des CO2-Ausstoßes, der rechte Kreis die Situation ab kommendem Jahr. Die roten Balken links zeigen, welcher CO2-Ausstoß durch das Papier bisher verursacht wird. Die grünen Balken links zeigen, wie stark die taz den CO2-Ausstoß durch die Umstellung auf Recyclingpapier ändern kann. Die blauen Bereiche (Druck, Redaktion und Verwaltung sowie Vertrieb) bleiben unverändert.

Die wichtigste Klimaschutzmaßnahme für die taz ist die Umstellung des Zeitungspapiers. Bisher wird die Zeitung nur teilweise auf Recyclingpapier gedruckt: 2007 lag der Anteil in der Frankfurter Druckerei bei 70 Prozent, in Hamburg bei 12 Prozent. Die Berliner Druckerei nutzt bisher für den taz-Druck gar kein Recyclingpapier. Im Mittel ergibt sich somit ein Anteil von 35 Prozent – weniger als beim Axel-Springer-Verlag, wo im Nachhaltigkeitsbericht von 2007 (PDF) ein Recyclingpapieranteil von 58 Prozent genannt wird. FAZ und Süddeutsche geben mehr als 95 Prozent an.

Nach der bisher gültigen Berechnungsmethode waren die Klimavorteile von Recyclingpapier relativ gering. Zwar wird bei der Herstellung weniger Energie verbraucht, aber der Rohstoff selber – Holz statt Altpapier – sei bisher als klimaneutral bewertet worden, erläutert Stefan Seum vom Ökoinstitut. Der Grund: beim Wachstum des Baumes wird genau so viel Kohlendioxid gebunden wie später beim Verbrennen oder Verrotten des Papiers freigesetzt wird.

Inzwischen hat sich die Bewertung geändert. Die Nachfrage nach Holz ist deutlich gestiegen, etwa für Pellets oder Hackschnitzel. „Die Frage ist nicht mehr, ob das Holz für die Papierherstellung genutzt wird oder verrottet“, sagt Seum, „heute ist die Alternative, ob daraus eine Zeitung entsteht oder ein klimaneutraler Brennstoff.“

Um diese neue Konkurrenz zu berücksichtigen, hat das Öko-Institut bei der Bewertung der taz die alternative Nutzungsmöglichkeit des Holzes erstmals einberechnet. Weil in Deutschland 71 Prozent des Zeitungspapiers im Recycling landen, könnte das Papier insgesamt auch zu 71 Prozent aus Altpapier bestehen, so die Argumentation. Für einen geringeren Anteil wird in der Berechnung nun ein Malus vergeben, also ein Aufschlag auf den CO2-Ausstoß. Wird ein höherer Wert erreicht, gibt es den entsprechenden Bonus.

Nicht zuletzt wegen dieser neuen Berechnung, bei der sich die taz-Klimabilanz durch den geringen Altpapieranteil deutlich verschlechtert, hat die Geschäftsführung des Verlags nun beschlossen, auf 100 Prozent Altpapier umzustellen. „Weil wir bei den Druckereien nur einer von vielen Kunden sind, steigt durch den Papierwechsel vermutlich der Arbeitsaufwand und damit der Preis“, sagt Geschäftsführer Kalle Ruch. „Aber Umweltschutz hat eben seinen Preis.“ Tatsächlich ist der Effekt riesig: Wenn die Umstellung in allen drei Druckereien umgesetzt ist – also vermutlich im zweiten Quartal 2011 -, liegt der CO2-Ausstoß pro verkauftem taz-Exemplar nur noch bei 157 Gramm – er ist damit fast halb so hoch wie zuvor.

Ist erst die Papierumstellung als wichtigste Reduktionsmaßnahme umgesetzt, erfüllt die taz nach Ansicht des Öko-Instituts die Voraussetzung, um die verbleibenden CO2-Emissionen über Zahlungen für externe Klimaschutzprojekte zu kompensieren. Die Kosten lägen bei gut 60.000 Euro im Jahr. Ob der Verlag die bezahlt, ist derzeit noch nicht entschieden.

Doch nicht nur die ProduzentInnen der Zeitung können etwas tun, um die Klimabilanz zu verbessern, sondern auch die LeserInnen. Ganz einfach: Je konsequenter die alten Zeitungen ins Altpapier gegeben werden, desto geringer sind die Emissionen. Aber auch neue Abonnements helfen: Weil der Aufwand für Redaktion und Verwaltung trotz höherer Auflage gleich bleibt, sinkt der CO2-Ausstoß pro Exemplar damit.

Inwieweit es helfen würde, die taz statt auf Papier künftig am Bildschirm zu lesen, ist umstritten. Eine Papier-taz wird im Schnitt von zwei Personen jeweils 30 Minuten gelesen. Allein der Strom für eine Stunde Computernutzung produziert 75 Gramm CO2; zusammen mit dem Ausstoß der Internet-Server, über die die Daten laufen, und dem (anteiligen) Produktionsaufwand der Computer sehen diverse Studien zumindest bei klassischen PCs keinen Klimavorteil gegenüber einer Zeitung auf Recyclingpapier.

Gar keine gute Idee wäre es natürlich, auf die taz aus Klimaschutzgründen ganz zu verzichten. Denn dann entfiele ja auch der Klimanutzen, der von der Berichterstattung ausgeht. Wie groß dieser Schaden wäre, lässt sich allerdings auch mit noch so viel Aufwand nicht ermitteln. Stefan Seum: „Die positive Auswirkung von taz-Artikeln auf den Klimaschutz kann nicht mal das Öko-Institut seriös berechnen.“

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Wirtschaft & Umwelt

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https://blogs.taz.de/hausblog/jede-taz-verursacht-300-gramm-co2/

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kommentare

  • Keine Ahnung. Die Klimaschädlichkeit könnte man nur vergleichen, wenn man wüsste, wie viel CO2 die Produktion BILD-Zeitung verursacht. Darüber habe ich keine Informationen.

  • „…Ein Exemplar der taz belastet die Umwelt mit 300 Gramm Kohlendioxid-Äquivalent…“

    Muss man daraus schließen, dass die taz doppelt so schädlich wie die Bildzeitung ist?

  • @Alain

    Sparsame Reader sind unschlagbar in der CO2-Bilanz!

    Etwas ausfürhlicher:
    300 mAh allein reicht als Angabe nicht, die Spannung muss man nämlich auch wissen. Das ist würde man den monatlichen Kraftstoffverbrauch in gefahrenen Kilometern mit dem Auto angeben, was ja ohne Angabe des Verbrauchs pro Kilometer noch nicht sehr genau ist.

    Wenn man für Dein Gerät jetzt einfach mal 12 Volt Spannung annimmt, dann komme ich auf 0,0036 kWh, nicht besonders viel. Selbst bei dreckigstem RWE-Ekelstrom wären das bloß drei Gramm CO2, laut S. Heisers Angabe bei Ökostrom sogar nicht mal ein Hundertstelgramm: 0,0828 g (das stößt ein SUV für ganze 21 Zentimeter[!] Fahrt aus).

    Rechnung und Zahlen:

    0,3 Ampere mal 12 Volt über eine Stunde gleich 3,6 Wattstunden, macht 0,0036 kWh

    klima-luegendetektor.de: „Bei 216 Milliarden kWh erzeugtem Strom fielen 187 Millionen Tonnen des Klimagases an – pro Kilowattstunde stieß RWE also 866 Gramm Kohlendioxid aus.“

    TU-Dresden: „Wissen um den Klimawandel“ (PDF): „[…] ein Sport Utility Vehicle (Geländewagen) emittierte etwa 400 Gramm CO2 pro Kilometer.“

    Grüße
    Julian

  • anonym says:

    „Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, mit dem Atmen aufzuhören? Damit ließe sich der CO2 Ausstoß noch weiter verringern.“

    Bill „Illuminati“ Gates und seine hochgradige Bruderschaft haben nachgedacht: 10,2 Mrd. (10.200.000.000) US$ für Impfkampagnen in der 3. Welt, für’s Klima. Wer sich jetzt wundert, hat den heiligen Impfgedanken nicht kapiert: Quecksilber, Aluminiumhydroxid, Formaldehyd und Nano-Squalen. Prost Mahlzeit!

  • Glückwunsch, taz.
    CO2 ist wichtiger Grundstoff allen Lebens,
    das CO2-Optimum für Pflanze, Tier und Mensch liegt bei ca. 1200 ppm, wir haben gerade mal ca. 350 ppm.
    btw: Seit 1995 gibt es LEIDER keine Erderwärmung, seit 2003 wird es ZUNEHMEND kälter.
    CLIMATEGATE – der größte Wissenschaftsskandal des Jahrhunderts. Emissionshandel-Abzocke, darum geht’s!

    RICHTIGER Experte:

    „Man muss eine gewisse Panik schüren, und dann fließt das Geld.“
    – Prof. John Christy, Lead author for IPCC reports

    http://klima-ueberraschung.de

  • @Brasas: Auf Seite 16 der Studie heißt es dazu: „Die Emissionen aus den Reisen der etwa 27 internationalen Korrespondenten wurden abgeschätzt. Grundlage der Schätzung waren die Anzahl der Meldungen der Korrespondenten in der taz zwischen 1.1.2007 und 31.12.2007 sowie Aussagen über den Prozentanteil, den die Korrespondenten für die taz arbeiten. Freie MitarbeiterInnen in Deutschland wurden nicht berücksichtigt, da die Emissionen, die letztlich auf die taz bezogen werden könnten, vernachlässigbar sind. Die freien MitarbeiterInnen bleiben im Prinzip vor Ort und stellen ihre Dienstleistungen mehreren Medien zur Verfügung.“

  • Man sollte bedenken, dass bei der Produktion solcher Geräte auch noch eine gehörige Menge CO2 und Schadstoffe anfallen.

    > Hättet ihr mal lieber ein gescheites iPad app programmieren lassen

    Gibt doch die taz als epub. Warum programmiert Apple (oder Amazon -> kindle) keine gescheite Anwendung, die epub kann? Dann würde das Teil auf einen Schlag ganz viele elektronische Bücher und Zeitungen können. Warum sollte jeder Verlag für jedes Device etwas eigenes machen nur damit Apple (oder Amazon) seine Marktmacht und sein Konto ausbauen kann?

  • Habt Ihr schon mal darüber nachgedacht, die taz auf etwas weicherem Papier zu drucken? Dann könnte man sie nach der Lektüre noch zu anderen Zwecken gebrauchen, wie z.B. als Küchen- oder Klopapier. Der Leser hätte damit nicht nur Geld gespart, sondern würde auch zu einer Minderung der CO2-Emmissionen beitragen.

  • Hättet ihr mal lieber ein gescheites iPad app programmieren lassen, damit liesse sich nämlich deutlich Papier und somit Rohstoffe und CO2 sparen.

    Ausserdem hättet ihr einen Abonnenten gewonnen, ein Papier-Abo schliesse ich nämlich nicht ab.

    Joe

  • Wird die CO2-Bilanz der Auslandskorrespondenten und zahlreichen freien Autoren in dieser Rechnung auch irgendwie berücksichtigt? Die sitzen, wenn sie taz-Texte schreiben, auch in Büros oder Wohnungen, in denen sie heizen und ihren Arbeitscomputer und ihr Arbeitstelefon mit Strom betreiben… und machen Internetrecherchen, für die sie evtl. auch mal Google nutzen, wo ja jede Suchanfrage schon soundsoviel CO2 verbraucht.

  • @Alain: Das kommt auf Ihren Stomlieferanten an. Im Bundesdurchschnitt verursacht jedes kWh 506 Gramm CO2. Bei einem Ökostrombetreiber sind es deutlich weniger – bei den Elektrizitätswerken Schönau zum Beispiel 23 g/kWh.

  • Gibt es Untersuchungen/Berechnungen, ab wann Taz-lesen via eBook Reader sich klimatechnisch rentiert?

    Finanziell ist es einfach: Bei 12,90€ bzw. 23,90€ Ersparnis im Monat zum ermäßigten/politischen Abo ist das bei aktuellen Preisen von 139€ und drunter für einen eBook Reader finanziell sogar fix wieder drin: 6-11 Monate!

    Sony bsp. gibt leider für mein Modell nur 7500 Seitenumschäge an. (Der aktuell neue Oyo: 8000 Seitenumschläge: 1200 mAh.) Allerdings ist bei mir bereits nach circa 3 Tazen Schluss. Also könnte man aktuell grob 300 mAh pro Taz veranschlagen. Wieviel CO² wäre das?

  • Hey. Eigentlich hatte ich erwartet, dass das bei der taz schon lange so ist.
    Der Kindle hat einen Akku von 1750 mAh. Ich kann damit locker 1 1/2 Wochen jeden Tag die komplette überregionale taz lesen (taz Ruhr gibt’s ja leider nicht mehr). Natürlich kommen da Kosten für Server und so weiter hinzu, aber ich denke schon, dass echte eBook-Reader (also iPad ebenfalls ausgeschlossen) pro Ausgabe einen deutlichen positiven Effekt haben.
    Das große Aber in dem Fall ist, dass Produktion und Transport des Geräts sich erst mal (klimabezogen) amortisieren müssten – das würde mich aber echt mal brennend interessieren, wie es damit aussieht!

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