vonHelmut Höge 26.06.2009

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt. Gonzo-Journalismus der feinen Art.

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Am 20.3. hörte ich mit der 13. Eintragung „Aus unserem Brigadetagebuch“ auf. Gemeint war damit unsere DDR-Recherche vom 1.Dezember 1989 bis nach den Märzwahlen 1990, für die wir, Sabine Vogel und ich, uns als Rinderpfleger auf der LPG „Florian Geyer“ in Saarmund bei Babelsberg verdingt hatten. Inzwischen hat sich eine Autorengruppe gemeldet, die die im blog bisher abgedruckten Photos für ein Buch verwenden möchte. Dazu fragten sie, ob es eventuell noch mehr gäbe. Hier sind sie nun:

So fing es an: Wir hatten aus Solidarität mit den zwei entlassenen taz-redakteurinnen sabine vogel und regine walther-lehmann unsere Mitarbeit bei der taz eingestellt, woraufhin uns das Künstlerhaus Bethanien ein Atelier zur Verfügung stellte, das vom taz-hausmeister Jens mit alten taz-möbeln eingerichtet wurde. Eigentlich brauchten wir kein Atelier. Wir waren auch keine Arbeitsgruppe, sondern ein kleiner Haufen von der taz Enttäuschter – die nun im Atelier auf den taz-drehstühlen ein bißchen hin und herkurvten. Auf dem Photo sieht man Michael Glasmeier, Thomas Kapielski und Christiane Seiffert. Als Kollektivnamen wählten wir den Namen der von Jörg Schröder in der Schweiz einst gegründeten Agentur zur Nichtproduktion von irgendetwas Verwertbarem: „Bismarc Media“. Schröder nahm mir das noch neulich – in der „Spex“ – übel.

Während wir noch 1989 im Atelier herumkurvten ging es plötzlich im Ostblock los: Zuerst hinten – in Russland, Rumänien, China, Ungarn, Tschechoslowakei, aber dann auch in der DDR. Um nicht wie blöd dauernd zu den ganzen demagogischen Spektakeln in Ostberlin hinzurennen, überlegten Sabine Vogel und ich uns, die von Egon Krenz verkündete „Wende“ von der Peripherie aus zu verfolgen – eben von der LPG „Florian Geyer“ aus, das hieß dann konkret: von der Rinder-Vormastanlage in Fahlhorst aus.

Und so fuhren wir dann jeden Morgen um 5 Uhr 30 mit unserem manilagrünen Audi von Kreuzberg über Steglitz und Teltow diese Landstraße nach Fahlhorst.

Auf der Rindervormastanlage zogen wir uns Blaumänner und Gummistiefel an und tranken erst einmal einen Kaffee im Sozialraum der Brigade, dem umgewidmeten Frauenruheraum.

Neben der Arbeit in Fahlhorst halfen wir später der LPG-Verwaltung noch, einen Stand mit Frischfleisch auf dem Neuköllner Wochenmarkt aufstellen zu können. Schon aus eigenem Interesse, denn der LPG-Vorsitzende befürchtete schon bald, keine Löhne mehr auszahlen zu können und suchte deswegen nach neuen „Finanzierungshebeln“ – und damit meinte er u.a. auch Selbstvermarktungsmöglichkeiten.

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2009/06/26/aus_unserem_brigadetagebuch_14/

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