Vor etwa einem dreiviertel Jahr ging ein Raunen durch die – auch im 20. Jahr des Band-nicht-mehr-Bestehens immer noch große – Fanschar der britischen Independent-Legende The Smiths:
Perrecy, ein bis dato unbekannter Künstler aus Ingolstadt, hatte sich daran gemacht, Smiths- und Morrissey-Songs ins Deutsche zu übersetzen und dabei mit seiner Ukulele zu begleiten. Was sich im ersten Moment nach einer grotesken Parodie à la Mambo Kurt oder Schlimmerem anhörte, stellte sich nach einem Besuch auf der myspace-Seite des Künstlers schnell als eine liebevolle und spaßige Hommage dar.
Am vergangenen Freitag spielte Perrecy zum ersten Mal einen offiziellen Live-Gig (nach einem Warmup-Termin eine Woche zuvor in München). Für diese und folgende Auftritte hat sich Perrecy eine Band zusammengestellt, die zu 50% aus Mitgliedern von Slut besteht und ebenso wie der Kopf der Gruppe an ihre Vorbilder angelehnte Künstlernamen trägt: Neben Perrey (nach Morrissey, Ukulele/Gesang) besteht die Band aus Co Marr (Johnny Marr, Ukulele), Andy Rourke’n Ucker (Andy Rourke, Bass) und No Joyze (Mike Joyce, Drums und Backing Vocals). Wie in der Umsetzung der Songs zeigt sich auch in der Bühnenshow die Liebe zum Detail und Original: Wo bei Morrissey große Leuchtbuchstaben den Namen des Meisters im Bühnenhintergrund buchstabieren, leuchtet ein animiertes “Perrecy” auf der Leinwand an Ingolstadt. Zuvor liefen dort Ausschnitte aus dem 60er-Jahre-“Beat Club”, eine – bewusste oder unbewusste – Andeutung des Morrissey-Vorprogramms der letzten Tourneen, welches aus Aufnahmen von Musikladen, Grand Prix d’Eurovision oder eben dem Beat Club bestand. Und auch Perrecys Band tritt “uniformiert” in weißen Hemden mit schwarzen Fliegen auf, während der Sänger selbst in braunem Hemd und Krawatte ans Mikro tritt – natürlich top-frisiert wie das große Vorbild.
Über allen Äußerlichkeiten stehen aber die Songs. Und wer bei “Ukulele” an Stefan Raabs Parodien mit dünnem Plingpling-Sound denkt, dem sei versichert, dass eine elektrisch verstärkte Ukulele einen durchaus rockigen Klang erzeugt und bei geschlossenen Augen keineswegs als exotisches Instrument zu vernehmen ist. Dann hört man nur noch diese wunderbaren 1:1-Transformationen der hochgepriesenen Lieder von Stephen Patrick Morrissey. Und wenn aus “Hairdresser on Fire” der “Haarschneider auf Flamme wird”, es statt “Some girls’ mothers are bigger than other girls’ mothers'” heißt “Manch Frauen Mütter sind dicker als and’rer Frauen Mütter” und der “Handsome Devil” zum “Hübschen Teufel” wird, dann zaubert dies ein Lächeln auf die Gesichter der Zuschauer, welches bis zum letzten Ton von “Da ist ein Licht, das niemals erlischt nicht mehr verschwindet. Was Perrecy und Co. aus diesem Smiths-Klassiker machen, vom gänsehauterzeugenden Backing-Gesang über das Ende /Doch-noch-nicht-Ende bis zu Übersetzungen wie “Wenn ein zweigeschoss’ger Bus / fährt uns zwei zu Mus / zu sterben mit Dir / ist so ein himmlischer Exitus / und wenn ein LKW / tötet uns bei-de / zu sterben mit Dir / ist eine Ehre und ein Plaisir” – das ist Liebe.
Alle Bilder: Team Tacheles
Die Band kehrt für eine weitere Zugabe zurück und muss gestehen, dass sie keine Songs mehr im Repertoire hat, aber einen Song würde sie noch einmal spielen. Da sich das Publikum nicht einigen kann, werden es doch zwei. Und nach lautstarken Protesten folgt dann sogar noch ein Dritter. Es hätte gerne noch ewig dauern können, wie ein Licht, das niemals erlischt. (Horst Motor)
Setlist (Reihenfolge u.U. etwas anders): Panik; Der erste der Jungs, der starb; Meine Freundin liegt im Koma; Stopp mich; Manch’ Frauen sind dicker als andere; Jeder Tag ist wie Sonntag; Hübscher Teufel; Dieser charmante Mann; Frag; Haarschneider auf Flamme; Preussisch Blut, Bayrisch Herz; Zugabe: Da ist ein Licht, das niemals erlischt;
Zugabe nach der Zugabe: Meine Freundin liegt im Koma; Panik; Preussisch Blut, Bayrisch Herz
Link: Die Bavarian Front Disko – Perrecy Fanclub bei myspace