Nachdem der Ex-Libertine und Teilzeitbabyshamble Pete Doherty die letzten Wochen in Regensburg verbracht hat, um dort an den Aufnahmen für sein Spielfilm-Debüt an der Seite von Charlotte Gainsbourg und August Diehl zu arbeiten, ist er diese Woche wieder in seiner Rolle als Solokünstler mit Akustikgitarre unterwegs. A propos Gitarre! mag der boulevarderfahrene Popblogleser denken und sich sofort an den Zwischenfall während der Regensburg-Dreharbeiten zurückerinnern, als Doherty von Kollege August Diehl bei einer nächtlichen Sauftour angestiftet wurde, ein Schaufenster zu zerschlagen und eine Gitarre zu klauen (rechtlicher Hinweis: Scherz. Natürlich hat Diehl nicht den Doherty angestiftet, offiziell waren beide nur „dabei“ und ein ominöser Dritter hat den eigentlichen Raub vollzogen) – das klingt natürlich wie eine Bestätigung aller Doherty-Vorurteile und lässt keineswegs einen nüchternen, pünktlichen, professionellen Pete auf der Bühne erwarten.
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Und doch kommt Doherty kurz nach 22 Uhr auf die Bühne, wie immer in den drogenabstinenteren Zeiten mit dem einen oder anderen Pfündchen mehr auf den Rippen und stimmt gut gelaunt seine Solo-Single „Last Of The English Roses“ vor einem überraschend enthusiastischen und wohlwollenden Publikum im Berliner Postbahnhof an. Scheinbar hat das Abebben des Hütchenträgerhypes in der Post-Kate-Moss-Zeit den Vorteil, dass die wildesten Hipster zuhause bleiben und auch die Junkietrainspotter das Interesse verloren haben. Es bleibt bei der alten Regel, dass Hypereduktion ein Absinken der Arschlochdichte im Publikum nach sich zieht.
Gerne würde ich ja einen Text über Doherty schreiben, ohne dabei auf der What-A-Waster-Welle zu surfen und auf dem verschenkten Potential eines begnadeten Songwriters herumzureiten, aber was soll ich machen, wenn jemand in der Mitte des Sets seine drei besten Songs in Folge spielt – und ich mich wieder daran erinnere, dass alle drei – What A Waster, Don’t Look Back Into The Sun, Killamangiro* – „nur“ Singles waren und nicht einmal den Sprung auf die jeweiligen Alben geschafft haben.
Beweis für die Doherty’sche Spielfreude sind auch die zusätzlichen, verschollenen Zeilen, die er zu alten Libertines-Klassikern hinzufügt (die „Chinese Takeaway“-Strophe in „Tell The King“ und die „Teach Me How To Play“-Stelle in „Can’t Stand Me Now“). Überhaupt ist Setlist und Songauswahl bei Doherty-Auftritten ein wildes Hin- und Herspringen in der eigenen Vergangenheit, zwischen Solostücken, Libertines-Songs und Babyshambles-Liedern, unveröffentlichten Schätzen, frischen Demos.
Erstaunlich ist dabei, dass einerseits kaum ein Qualitätsabfall zwischen den Songs zu beobachten ist (was gegen die auch von mir vertretene, landläufige These des perfekten Debüt-Albums mit nachfolgend schwächeren Werken spricht) und andererseits manche Songs in ihrer Akustikversion deutlich hinzugewinnen. Bestes Beispiel ist der Schlußsong des regulären Sets, „Delivery“. In seiner von Stephen Street produzierten Babyshambles-Variante ein amtlicher Rocker, der sich ein Kinks-Riff leiht, wird die Akustikversion ein übermelodisches Geschrammel, das auch Dohertys Text wieder in den Vordergrund rückt („All you skins and mods now get together / Make pretend it’s 1969 forever / Find a girl, have a drink / have a dance and pray. / This song might deliver me / straight from the harshness of misery“).
Die Zugabe bestreitet Doherty mit „Fuck Forever“ sowie „Albion“ und „Music When The Lights Go Out“, zwei Liedern aus dem Backcatalog, die zwar auf Punkalben erschienen sein mögen, aber immer für einzelne Menschen mit Akustikgitarren gedacht waren. Kein Wunder also, dass neben „Delivery“ und „Time For Heroes“ gerade die beiden Slowies am Ende das verzückte Publikum am meisten begeistern.
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Setlist:
* Last Of The English Roses (Solo-Veröffentlichung veröffentlicht, Demo aus Libertines-Zeiten)
* Arcady (Solo-Veröffentlichung, Demo aus Libertines-Zeiten)
* What A Waster (Libertines-Veröffentlichung)
* Sheepskin Tearaway (Solo-Veröffentlichung, Demo aus Babyshambles-Zeiten)
* Don’t Look Back Into The Sun (Libertines-Veröffentlichung)
* Killamangiro (Babyshambles-Veröffentlichung, Demo aus Libertines-Zeiten)
* Tell The King inkl. der unveröffentlichten „Chinese Takeaway“-Strophe (Libertines-Veröffentlichung)
* Puff The Magic Dragon (Cover)
* I Love You But You’re Green (Babyshambles-Veröffentlichung)
* Beg, Steal & Borrow (Babyshambles-Veröffentlichung)
* Can’t Stand Me Now inkl. der unveröffentlichten „Teach Me How To Play“-Strophe (Libertines-Veröffentlichung)
* New Love Grows On Trees (Solo-Veröffentlichung)
* Fixing Up To Go (unveröffentlichtes Demo aus Babyshambles-Zeiten)
* She Is Far (unveröffentlichtes Demo)
* Death On The Stairs (Libertines-Veröffentlichung)
* Lady Don’t Fall Backwards (Solo-Veröffentlichung)
* Time For Heroes (Libertines-Veröffentlichung)
* Smashing (unveröffentlichtes Demo aus Libertines-Zeiten, inklusive der französischen Strophe, die auf dem Demo von einer Frau gesungen wird)
* For Lovers (Wolfman-Kollaboration)
* Back From The Dead (Babyshambles-Veröffentlichung & Wolfman-B-Seite)
* The Ha Ha Wall (Libertines-Veröffentlichung)
* Delivery (Babyshambles-Veröffentlichung)
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Zugabe:
* Salome (Solo-Veröffentlichung)
* Fuck Forever (Babyshambles-Veröffentlichung)
* Albion (Babyshambles-Veröffentlichung, Demo aus Libertines-Zeiten)
* Music When The Lights Go Out (Libertines-Veröffentlichung)
* ja, „Killamangiro“ war auf dem Babyshambles-Debüt enthalten, aber in einer anderen, von Mick Jones „heimlich“ mitgeschnittenen Soundcheckversion, weil Doherty sich dem vernehmen nach immer geweigert hatte, bereits veröffentlichte Singles auf Alben zu nehmen
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=vxAk6D0q0l4&feature=related[/youtube]
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Weitere Auftritte:
* 13. April Köln Essigfabrik
* 15. April München Backstage
Gestern Carl Barât gesehen. Weniger akustisch, der is mit kompletter band inkl. Cello und Kontrabass unterwegs. Und die Libertines-Songs gab’s in „laut“. Wirklich gutes Konzert, bei dem die Band auch ne gute Zeit gehabt zu haben schien.
Beide grade gleichzeitig in Deutschland, aber naja… Wunschdenken.