vonChristian Ihle 12.03.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Ich schau mich um und seh‘ nur Reunions und ich kann nicht sagen, dass ich eine Vorliebe für Wiedervereinigungen großer Bands der Vergangenheit hätte. Noch mehr gilt das für all jene, die in ihrer Jugend dem Punk eine Stimme gaben. Nichts ist schwerer als im Punk zu altern.
Für die Fehlfarben mag dies im Besonderen gelten, waren sie doch 1980 mit „Monarchie & Alltag“ für das vielleicht beste, wichtigste Album deutscher Sprache überhaupt verantwortlich.

fehlfarben

Umso angenehmer war die Überraschung als die beiden neuen Fehlfarben-Alben (und das eigene Tribute-Werk „26 ½“) überwiegend gelungen waren und die dazugehörigen Livekonzerte vom Altern bei der Bürde jener Vergangenheit erzählten. Der Grund dafür liegt in der Person des Sängers Peter Hein und seinem ewigen Kampf gegen das Ankommen. Fehlfarben-Konzerte sind dank ihm immer auch ein Ringen um Würde, um Haltung. Die Gleichzeitigkeit des Sehnens nach Bestätigung mit der unwirschen Abwehr aller Verehrungsbekundigungen sind zum Leitmotiv geworden.

Nur konsequent also, dass das Fehlfarben-Livealbum „Hier und Jetzt“ die Stimme von Peter Hein nach vorne mischt und sie jeden Song dominieren lässt. Die Auswahl der Lieder ist eine Art „best of der Peter-Hein-Jahre“ (die Älteren werden sich erinnern: Hein stieg bereits nach dem Debütalbum 1981 bei Fehlfarben aus, eine weitere, wenig beachtete Platte wurde zehn Jahre später mit ihm aufgenommen und erst seit „Knietief im Dispo“ 2002 ist Peter Hein wieder Fehlfarbenmitglied). Zwei damals auf der zweiten Fehlfarben-Platte von Thomas Schwebel gesungenen Songs gibt es als Bonus, von denen vor allem „Die Wilde 13“ natürlich seinen Platz im Kanon des deutschen Post-Punks nicht weniger als alle Hein-Stücke verdient hat. Beide übrigens hier von Hein selbst intoniert.

Wie bereits auf dem letzten Studioalbum „Handbuch für die Welt“ mischt sich bei den neueren Stücken durchaus auch der eine oder andere verzichtbare Füller („Am Ende das Meer“) in die ansonsten beeindruckend gute Songauswahl – beinahe bizarr, dass man aber auf den großen „Hit“ der Fehlfarben-Neuzeit, „Club der schönen Mütter“, verzichtet hat. Der dafür enthaltene, neu geschriebene Song „Www“ entschädigt mit einem Peter Hein in bester Family-5-Punklaune und die schönste Wiederentdeckung hebt sich die Band dann auch für den Schluss auf: „Nichts erreicht meine Welt“, das auf jener untergegangenen „Platte des himmlischen Friedens“ 1991 enthalten war und hier selbst „Paul Ist Tot“ in den Schatten stellt. (christian ihle)

Fehlfarben im Popblog:
* Das Nein als Prinzip: ein Fehlfarben-Konzert
* Albumkritik „Handbuch für die Welt“
* Gig Guide November 2008

Im Netz:
* Homepage
* Indiepedia
* MySpace

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/album_des_monats_februar_platz_2_fehlfarben_-_hier_und_jetzt_live/

aktuell auf taz.de

kommentare