vonFalk Madeja 09.12.2008

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Jetzt meldet sich Amsterdams Polizei-Kommissar Hans Schönfeld mit harten Worten. In einem Artikel für die Meinungsseite der linksliberalen Zeitung „De Volkskrant“ schreibt er am Montag, dass ab jetzt bei den Serientätern „Vergeltung“ und „Prävention“ an erster Stelle stehen sollten – und nicht wie bisher deren Resozialisation. Diejenigen, die am laufenden Band Einbrüche oder Straßenüberfälle verüben würden, sollten „Strafen bekommen, die im Verhältnis zu ihrem andauernden kriminellen Verhalten“ stehen. Es geht ihm um Täter, die schon 5 oder 10 mal bestraft worden sind. „Wir sind viel zu geduldig mit den Serientätern“. Es sei gut, dass diese nun in einer speziellen Einrichtung (ISD-Maßregel) für bis zu zwei Jahre einerseits eingesperrt und andererseits in einem persönlichen Programm auf ihre Freiheit vorbereitet werden könnten.

Grund: die Serientäter würden großen Schaden verursachen und der Bevölkerung Angst einflössen. Die Zeit, in der diesen Leuten ihre Taten wegen ihrer „Gene, der Erziehung, der Gesellschaft oder einer Kombination dieser Faktoren“ vergeben worden sei, sei abgelaufen. Nun müsse eben auch über Vergeltung und Prävention nachgedacht werden. „Die Frage, ob eine Strafe für den Täter rechtens und nützlich ist, verschiebt sich Richtung der Frage, ob die Strafe für die Opfer rechtens und für die Gesellschaft nützlich ist.“

Er liet im Trend. Überall in de Niederlanden werden Themen wie Kriminalität, Drogen und Prostitution diskutiert. Das kommt einerseits durch das Aufkommen verschiedener populistischer Parteien, andererseits auch, weil das Thema Kriminalität tatsächlich bei den großen Parteien einige Jahre keine große Priorität hatte – während bei vielen Bürgern das Unsicherheitsgefühl wuchs.

So kamen vor ein paar Wochen Bürgermeister aus dem ganzen Land zusammen, die das Thema der Coffeeshops neuerlich diskutieren wollten. Grund: juristisch gesehen sind die Coffeeshops eine seltsame Konstruktion. So dürfen diese eigentlich nicht mit weichen Drogen beliefert werden, verkaufen dürfen sie die aber schon. In Eindhoven will die Gemeinde jetzt Teile dieser Distributionskette selbst in die Hand nehmen und eine städtische Marihuana-Zucht beginnen.

In Amsterdam will die Gemeinde 43 der rund 80 Coffeeshops schliessen, alle, die dichter als 250 Meter von einer Schule entfernt liegen. Ausserdem sollen im Rotlicht-Viertel „De Wallen“ die Hälfte der heute noch existierenden knapp 500 Schaufenster für Prostitutierte geschlossen werden. Ein Vorgang, der bereits eine Weile läuft. In etlichen der Schaufenster ist jetzt schon Mode und Kunst ausgestellt. Die Entwicklung wird durchaus auch kritisiert. So sagte der Schauspieler und Rotlicht-Viertel-Experte Rob van Hulst im Algemeen Dagblad, dass die Prostituierten jetzt auf der Strasse zurecht kommen würden. Schliesslich sei doch das Rotlicht-Viertel heute das am besten – durch Kameras – kontrollierte Stück Stadt. Er kennt sich aus, seit mehr als 15 Jahren gibt Rob van Hulst Führungen durch „De Wallen“. Er gibt zu bedenken, dass es in Amsterdam seit 400 Jahren Prostitution gäbe. Wer hier tatsächlich etwas ändern wolle, müsse an einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren denken.

Speziell in Amsterdam gibt es allerdings ausser dem Thema „Zurückdrängung von Kriminalität“ auch einen anderen Grund für die Schliessung der Coffeeshops und Schaufenster für Prostituierte. Im Grunde würde es die Stadt ganz gern sehen, wenn es weniger an Drogen und Sex und mehr an Kunst und Kultur interessierte Trouristen gäben würde.

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