Samstagabend in Halle 5, nachdem der Messestand gestaubsaugt und die Kaffeemaschine durchgespült ist, kommen die Herren von der Hallen-Security. Ob wir vielleicht die Musik ein bissssschen leiser … Und die Sektflaschen … „Na, da hamse aber Durst gehabt, haha.”
Ja, hatten wir, und nötig war es auch. Nachdem es zwei Tage pausenlos Schnee gestürmt hatte, trat erwartungsgemäß der nächste Teil des diesjährigen Leipzig-Dramas ein. Kein Zugverkehr mehr ab Leipzig Hauptbahnhof. Am Samstagabend, wenn 70 Prozent der verbliebenen Messe-Crew erschöpft die Heimreise antreten möchten. Frau K. aus unserer kleinen Pension erweist sich als patent und bezieht die Betten neu.
W. und U. werden in ein Zimmer geparkt, H. soll zu D.
Später, als alle gerade bei Pizza und schlechtem Wein sitzen, meldet sich H. fröhlich aus dem Taxi, welches die Bahn ihm von Leipzig nach Berlin bezahlt. St. Patricks Day ist eigentlich auch noch, aber bei Paddys in der Karl-Liebknecht-Straße ist die Hütte voll und nebenan, wo wir Unterschlupf gefunden haben, pfeift es eisig um die Heizpilze.
Ich verziehe mich zu S., die mich netterweise als Schlafgast aufgenommen hat.
Am Morgen ist Leipzig ein Wintermärchen, abgesehen davon, dass die Weichen um den Hauptbahnhof nur sehr zögerlich wieder auftauen. Ich finde mich schließlich in einem ICE wieder, der 80 Minuten braucht, um zu starten.
Ich schiebe meinen Koffer in den Gang im Speisewagen, nehme darauf Platz und hole Angelikas Klüssendorfs „Jahre später” hervor. Ein Buch. Endlich.
Anja Mierel