vonAchmed Khammas 13.10.2015

Der Datenscheich

Erneuerbare Energie, Science Fiction, Technikarchäologie und Naher Osten – verifiziert, subversiv, authentisch.

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Da ich in den letzten Monaten zunehmend mehr schreiben mußte – und zwar hauptsächlich Übersetzungen, also beruflich –, bin ich nicht dazu gekommen, ganz so viel wie sonst zu lesen. Trotzdem gab es natürlich das eine oder andere neue Buch, von dem ich nicht die Hände und Augen lassen konnte… und hie und da sogar ein älteres. Fangen wir also mit den neuen an.

Beginnen möchte ich mit dem Werk Der Geschmack von Wasser von Emmi Itäranta (2012/2014), denn dies ist die ausgesprochen gut geschriebene Geschichte einer fast wasserlosen Zukunft, in welcher Noria die Aufgaben ihres Verstorbenen Vaters übernimmt: Teezeremonien auszurichten. Für die man natürlich Wasser benötigt, und am besten frisches, klares Quellwasser. Wie gut also, daß es da eine geheime Quelle entsprechender Güte gibt, auch wenn das Geheimnis nicht auf immer gewahrt werden kann. Was sich hier so einfach anhört, entpuppt sich in Wirklichkeit als zarte, berührende und mitreißende Erzählung, die ihre weltweite erfolgreiche Verbreitung wahrlich verdient.

Der Geschmack von Wasser

Control von Daniel Suarez (2014/2014) ist ein SF-Thriller, der sich eines äußerst wichtigen Themas annimmt – und dies auf eine spannende und zum Teil sogar lustige Art und Weise. Diese mag dem Thema der Unterdrückung neuer Innovationen zwar nicht angemessen erscheinen, doch alles andere wäre ja nur direkt in die Depression führen. Denn tatsächlich: Ist Ihnen irgend eine Basisinnovation aus der Zeit nach 1945 bekannt?! Wo bleibt die Anti-Schwerkraft? Wieso gibt es nicht weltweit holographische Schulbücher? Und überhaupt, wer ist eigentlich dafür verantwortlich, daß wir noch immer auf dem Planeten festsitzen?!

Tomorrow & Tomorrow von Thomas Carl Sweterlitsch (2014/2015) wird sicherlich einmal als besonders akkurate Form einer Vorhersehung bezeichnet werden – sobald nämlich die diversen ‘Glasses’ u.ä. Technologien zu Massenartikeln geworden sind. Was ja nicht mehr allzu lange dauern dürfte. Denn eine Virtualität, in der auch Zeitreisen in die Vergangenheit möglich sind, auf denen man – Dank gespeicherter Informationen wie Videos, Fotos usw. – dort auch völlig neue Sachen ent- und aufdecken kann, ist bestimmt nicht nur für die Strafverfolgung interessant…

Sterne in Asche von Uwe Post (2014) ist vielleicht nicht unbedingt sein bester SF, trotzdem gefällt mir die Idee der aus unerklärlichen Gründen ausgehenden Sterne – und der allgemeinen Verdrängung des Geschehens in der kosmischen Öffentlichkeit. Aber wann hatte SF schon was mit der Zukunft zu tun?! Neben Drohnen, Magnetbahnen, Solarpaneelen und Elektrolastwagen kommt in dem Buch auch eine „Spiralsäule der Heiligen“ vor – womit sich Uwe schon ziemlich weit aus dem Fenster lehnt, denn deren technische Beschreibung liegt im Teil D im Buch der Synergie vor.

Ultima von Stephen Baxter (2014/2015) ist die Space-Opera-Fortsetzung von Proxima und nimmt den Leser mit durch eine Reihe von Paralleluniversen, in denen mal die Römer, mal die Inkas die Entwicklungsleiter bis zur Raumfahrt geschafft haben. Wie sich herausstellt, aber nicht ohne fremde Hilfe. Mit von der Partie sind ein paar ganze und partielle KI’s, die mindestens ebenso wißbegierig und gewissenlos handeln, wie die Menschen. Eine lange und spannende Saga in bester Heinlein- oder Clarke-Manier.

Dark Zero von Douglas Preston (2014/2015) ist ein KI-SF, den der Verlag unter der Bezeichnung Data-Science-Thiller vermarktet – was vermutlich eine neue Begriffsvermischung ist, denn mir ist sie anderweitig bislang noch nicht untergekommen. In jedem Fall empfiehlt sich die Lektüre für all jene, die sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen. Oder ist euch schon einmal eine KI begegnet, die für ein Hunde-Simulationsprogramm namens Laika (!) so starke liebevolle Gefühle entwickelt, daß man sie darüber korrumpieren kann? Und die viel über Jesus nachdenkt? Also ich finde das schon sehr, sehr interessant.

Das Licht der letzten Tage von Emily St. John Mandel (2014/2015) ist ein poetischer Endzeit-Roman, der zwischen den letzten Tagen vor dem ‘Ende der Zivilisation’ (die hier durch eine tödliche Grippewelle ausgelöst wird) und dem Leben derjenigen, welche die Krankheit und den darauf folgenden Zusammenbruch überlebt haben. Im Mittelpunkt steht die Die fahrende Symphonie, eine Gruppe von Schauspielern und Musikern beiderlei Geschlechts, welche mit ihren Gespannen von einem der kleiner Orte im Amerika-20-Jahre-danach zum nächsten fahren, um die Kultur mit Shakespeare und klassischen Konzerten zu erhalten. Das Lob, mit dem die Autorin für ihren Roman überhäuft wurde, ist vollkommen verdient.

Red Rising von Pierce Brown (2014/2015) ist der erste Band eine Mars-Trilogie, die sich wohltuend von vielen anderen Mars-Romanen abhebt, welche zunehmen Konjunktur bekommen (damit meine ich keinesfalls den tollen ‘Marsianer’). Denn hier geht es um eine spätere Zeit, in welcher der Mars schon längst lebensfreundliche Bedingungen herrschen – wie der Sklave Darrow erfährt, der zusammen mit seiner gesamten Klasse noch immer in unterirdischen Kavernen darben und dienen muß, während die Herrschenden die Oberfläche schön für sich alleine haben. Der großartige Auftakt einer rasanten, intelligenten und dichten Space-Opera, für die auch schon die Filmrechte vergeben sind.

Der Sternenturm von William R. Forstchen (2014/2015) verdient ein besonders Lob, da er im Stile der Altmeister die technologische Verwirklichung des Weltraumaufzugs schildert, spannend, fundiert und geduldig über den Zeitraum hinweg, den ein solches Projekt benötigt, das neben der technischen Herausforderung auch noch mit diversen menschgemachten Widrigkeiten zu kämpfen hat. Klassisch aufgebaut – aber inhaltlich auf aktuellstem Stand, ein Rezept mit sehr leckerem Ergebnis. Gleichwohl reichlich viel geheult wird. Aber das ist wohl auch Geschmackssache.

Crux von Ramez Naam (2013/2015) ist der zweite Roman des ägyptischstämmigen US-Nerds, der mich schon mit seinem Roman Nexus umgehauen hat. Die schön-schreckliche Geschichte der Nanodroge Nexus wird weitererzählt – von der es inzwischen diverse Abwandlungen gibt. In die beispielsweise Hintertüren einprogrammiert sind, die nicht liebevollen, heimlichen Stelldichein dienen, sondern finsteren Steuerprogrammen, mit denen die Menschen manipuliert werden. Eine üble Sache, aber wieder sehr spannend geschrieben. Und die Grundidee einer Droge, welche die Menschen untereinander und mit dem Internet verbindet, finde ich noch immer großartig.

Ikaros von Adreas Brandhorst (2015) ist ein weiterer großartiger Abenteuerroman, bei dem es um das größte Geheimnis der Galaxis geht. Hört sich gewaltig an, ist es aber auch. Und ebenso empfehlenswert.

Die Brücke von Monica Byrne (2014/2015) ist ein Roman, wie ihn wohl nur eine Frau schreiben kann. Hört sich vielleicht blöd an, aber entspricht einfach meinem ehrlichen Gefühl. Einerseits eine dermaßen weite Phantasie, die sich ein riesiges Wellenkraftwerk vorstellen kann, das sich zwischen Indien und Afrika erstreckt – und dann die Idee, über dieses von der einen Seite zur anderen zu wandern. Wer unter vielen Büchern wenige auswählen muß, sollte diesen Roman besonders ins Auge fassen. Denn man kann und sollte ihn ruhig mehr als einmal lesen.

Echopraxia von Peter Watts (2014/2015) spielt an der Schwelle zum 22. Jahrhundert, Evolution ist zum Alltagsprodukt geworden und genetische optimierte Menschen können ihr Bewußtsein manipulieren (also mal ehrlich, das kann man doch auch ohne, oder?). Auf jeden Fall gibt es ausgesprochen interessanten Ideen zu folgen, faszinierende Figuren kennenzulernen und mitreißende Abenteuer zu erleben.

Das Syndrom von John Scalzi (2014/2015) beschreibt einen bösen Virus, der Menschen ins Wachkoma versetzt, von denen nur wenige über ein neurales Interface mit der Außenwelt on Kontakt treten können. Um dann in ausgeliehenen Körpern umher zu wandern. Womit klar ist, daß das Verbrechen nicht weit ist. Ein klassische-guter SF-Krimi.

Auslöschung, Autorität und Akzeptanz sind die Titel einer Trilogie von Jeff Vandermeer (2014/2015), die nicht allzu leicht zu lesen war, die aber dennoch so spannend und seltsam ist, daß ich hintereinander weg und fast ohne Pause dran bleiben mußte. Es geht um ein Areal, das plötzlich von etwas Fremdem besetzt wird, das sich nun daran macht fast alles umzuwandeln, mit dem es in Berührung kommt. Es gab schon den einen oder anderen Roman, der mit diesem Element spielte, auch wenn mir gerade keine Titel einfallen. Das abgeschlossene Gebiet hat jedenfalls eine Art Zugang – und so wird eine Expedition nach der anderen hinein geschickt, deren teilweise äußerst verschachtelten Geschichten wir hautnah miterleben können. Kleines Detail am Rande: Sehr nett ist auch die detaillierte Beschreibung der Fresnel-Linse eines Leutturmes, der letztlich sogar eine ganz besondere Bedeutung zukommt.

Sanctuary – Letzte Zuflucht von Andreas Kammel (2015) beschreibt ein Endzeit-Szenario, bei dem sich – ausgehend von einem Punkt inmitten Afrikas – eine dunkle Barriere immer weiter ausbreitet, die alles und jeden auf nimmerwiedersehen verschlingt, für Funk u.ä. undurchdringlich ist … und demzufolge immer mehr Flüchtlinge vor sich her schiebt. Und nein – es ist nicht der IS. Denn der wäre ja nicht in der Lage, auch nur ein Fitzelchen dessen zu verwirklichen, was auf dem genau gegenüberliegenden Teil des Planeten geschieht, wo nämlich zeitgleich zur vorwärts rückenden Barriere plötzlich ein kompletter neuer, voll bewachsener aber unbewohnter Kontinent erscheint. Genau da, wo früher der Ozean war. Alles sehr spannend, wenn auch etwas an den Haaren herbeigezogen (ich hätte nicht gedacht, daß ich so etwas je sagen würde…<g>). Da es ganz aussieht, daß es einen Folgeroman geben wird, versprechen ich aber schon jetzt, diesen zu kaufen und zu lesen. Denn wer einen Bürgerkrieg in Saudi-Arabien vorhersagt, hat sowieso meine Sympathie (Grund: hier).

Marsbound von Joe Haldemann (2008/2015) beginnt mit einem Weltraumaufzug, wie ihn jeder ordentliche Planet haben sollte, solange die Antigravitation noch nicht in Umlauf ist. Den Aufzug besteigt die junge Carmen mit ihrer Familie, um letztlich zu den ersten zu gehören, die als Kolonisten auf dem Mars landen. Nun ja, um es kurz zu machen: Da ist schon jemand. Sehr empfehlenswertes Jugendbuch für Mädchen, die einen nervigen kleinen Bruder haben.

Zeitfuge von Michael J. Dullivan (2014/2015) ist ein Zeitreise-Roman mit Überschwang, denn anstatt nur ein paar Jahre wird der Held gleich 2.000 davon in die Zukunft geschleudert. Wo er eine sehr stark veränderte Welt vorfindet, in welcher es z.B. keine Geschlechter mehr gibt und der ganze Planet durch die Steuerung des Kerns eine klimatisch ausgeglichene Oberfläche besitzt. Und trotzdem ist es der Fremdling aus tiefster Vergangenheit, der die Gegenwart rettet – nicht zuletzt, weil er noch männlich-aggressive Chromosomen besitzt. Also Machos, das richtige Buch für Euch!

Dunkelheit in Flammen von Adam Christopher (2014/2015) klingt zwar spannend, ist tatsächlich aber ein düsterer und nicht besonders gelungener Roman, dem sowohl das passende Umfeld als auch eine Menge Details fehlen. Was schade ist, denn aus der Geschichte eine in Räumung befindlichen Raumstation, die sich um eine etwas seltsame Sonne dreht, hätte sich im Grunde viel mehr machen lassen.

Cibola Brennt von James Corey (2014/2015) ist der 4. Band einer Space Opera um ein interstellares Portal (der archetypische Wunschtraum!), deren 1. Band wirklich umgehauen hat, während der Rest eher solides Handwerk ist. Packend geschrieben, aber ohne allzuviel genuine Ideen.

Abyssos von Jan Aalbach (2015) gehört zu den schnell gelesenen Thrillern, an die man sich später nicht mehr allzu ausführlich erinnert. Die Fantasy-Geschichte, in der es einmal wieder um Blut geht, hier allerdings verbunden mit Langlebigkeit, Flug- und Verwandlungsfähigkeit sowohl der Guten als auch der Bösen ist gut geschrieben und spannend, aber irgendwie ohne ein befriedigendes Ende. Außerdem werden viel zu viele Sachen in die Story gepackt, was das Ganze wie einen leicht verkochten Eintopf wirken läßt.

Rho AgendaWurmloch von Richard Phillips (2012/2015) ist der dritte und abschließende Band der Trilogie um eine Gruppe von Studenten, die bei Roswell ein weiteres UFO finden, sich mit der Kalten Fusion beschäftigen – und irgendwie auch noch die Welt retten. Ebenso spannend wie seine Vorgänger befriedigt der Roman besonders, weil irgendwann einmal auch Schluß sein muß.

Terra Nullius von Bertwin Minks (2014) ist ein nicht unspannender Roman, der mich allerdings durch die vielen Selbstgespräche und einen Stil, der etwas an ‘Raumpatrouille Orion’ erinnert, leicht ermüdet hat. Auch hätte der Plot lebendiger gestaltet werden können.

Alien Wars – Sterneninvasion von Marko Kloos (2014/2015) gehört zum Genre der Military-SF, das ich eigentlich nicht besonders mag. Schließlich wird schon in der Realität viel zu viel geballert.

NOVA – Ausgabe 23 vom Februar 2015: Im allgemeinen verfolge ich SF-Magazine nicht, obwohl dort jede Menge guter Autoren ihre Stories veröffentlichen. Diesmal mußte ich allerdings eine Ausnahme mache, denn in dem vorliegenden Band taucht mein Maschinen-Messias auf, personifiziert in der entsprechenden Song-Zeile von YES aus dem Jahr 1980 : „Hold me, machine Messiah / And show me the strength of you singular eye.“ Dazu muß man wissen, daß es im Grunde um eine Maschine geht, die als Quelle (arab. identisch mit Auge) für Süßwasser und elektrischem Strom dient und das ganze Gewese auf diesem traurigen kleinen Planeten um Öl und Macht auf einen Schlag beendet – sprich: uns erlöst. Die Details dazu finden sich im Teil D meiner entsprechenden Online-Publikation.

Deutsche Demokratische Rechnung von Dietmar Dath (2015) wird als Liebeserzählung angepriesen – und beschreibt die allmähliche Annährung der abgebrochenen Mathe-Studetentin Vera an das Erbe ihres verstorbenen Vaters, einem Mathematiker, welcher einst die Neue Ökonomische Politik von Walter Ulbricht beeinflussen wollte. Eine interessante Überlegung, denn in einer Parallelwelt existiert die DDR ja noch immer…

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra von Robin Sloan (2012/2014) ist eigentlich kein SF, sondern eher ein liebenswerter, weil unblutiger – aber trotzdem äußerst spannender Roman, in dem es um alte Manuskripte, chiffrierte Informationen und große Geheimnisse geht. Ein Leckerbissen für alle, die sich mit Typologie und Schriftsatz befassen. Außerdem ist es eine leichte und angenehme Lektüre, die großartig wird, wenn z.B. über eines der Google-Projekte gesagt wird: „Sie entwickeln eine neue Form von erneuerbarer Energie, die sich aus Selbstüberschätzung speist.“ LOL

Avogadro Corp. von William Hertling (2014) will und weismachen, daß aus ein paar selbstoptimiereden Algorithmen von alleine eine aktive und augenscheinlich selbstbewußte KI ‘entsteht’ – mit der sich ihre Programmierer nun herumschlagen müssen. Ohne auch nur einen einzigen Versuch der Kontaktaufnahme werden bald ganze Serverfarmen in die Luft gesprengt, um dem ‘Virus’ Herr zu werden – und dies, obwohl die KI allen Indizien zufolge (aus dem Hintergrund agierend) immense Erfolge bei der Befriedung dieser zerstrittenen Welt erreicht. Alles nicht sehr schlüssig.

Nun zu den älteren Romane, die ich in den vergangenen fünf Monaten vertilgt habe – in zeitlich absteigender Reihenfolge:

Das Atlantis Gen von A. G. Riddle (2013/2013) ist der erste Band einer Trilogie, die damit beginnt, daß in der Antarktis ein Höhlenlabyrinth aus atlantischer Vorzeit gefunden wird. Worauf es mächtig zur Sache geht, mit allem, was ein Thriller an Explosionen, Intrigen, Überfallen und Geheimnissen braucht, um zu einer rasanten Fahrt mit immer wieder neuen Wendungen zu werden. Schon ganz zu Anfang wird das Foto eines Wohnhauses in der Tiergartensstraße in West-Berlin erwähnt (ehemals bei mir um die Ecke), später ein Elektro-Lastwagen im Jahr 1917 (die es damals tatsächlich schon gab) und sogar das mysteriöse Projekt ‘Glocke’, dem nun eine wichtige Rolle zukommt. Ein Roman für Fachleute sozusagen.

Die verlorene Bibliothek von A. M. Dean (2012/2013) ist ein Thriller vom Feinsten, in dem es – wie der Name schon sagt – um einen verloren geglaubten Schatz geht, nämlich die Bibliothek von Alexandria (die ja mehrfach Opfer der Flammen wurde… wobei meist vergessen wird, daß sie vom Umfang her eher einer Stadtteil-Bibliothek glich, verglichen mit dem Haus des Wissens in Bagdad, dessen Inhalt von mehr als 1 Mio. Bände, Rollen und Tafeln wiederum von den Mongolen komplett in den Fluß geworfen wurde). Perfekte Urlaubslektüre.

Insignia – Die Weltenspieler von S. J. KinCaid (2012/2012) beschreibt eine nahe Zukunft, in welche die Konzerne den Laden hier unten übernommen haben – und den Krieg zwischen ihnen sinnvollerweise ins All verlegt haben. Die Helden dieser Generation sind die jungen Akteure, die von ihren Konsolen aus mit ferngesteuerten Raumschiffen Angriffe auf die ebenso ferngesteuerten Einheiten der Gegenseite fliegen und deren Basen zerstören. Sehr sympathisch wird erzählt, wie inmitten der andauernden Spannungen trotzdem zwischen den Jugendlichen insgeheime Freundschaftsbande über alle Grenzen hinweg entstehen.

Ascheregen von Risto Isomäki (2007/2011), dessen Roman Gottes kleiner Finger um den Bau eines riesigen Aufwindkraftwerks in Afrika mich schon begeistert hatte, ist ein Öko-Thriller um gestohlenes Lithium 6, das zusammen mit Plutonium für einen terroristischen Anschlag auf die USA genutzt werden soll. Hochspannend!

Gott bewahre von John Niven (2011/2011) spielt – ein weiteres mal – die Rückkehr Jesu’ auf Erden durch, wobei die Szenerie im Himmel ausgesprochen sympathisch wirkt. Ich meine, wenn der SOHN zusammen mit Jimi Hendrix kifft und jammt, dann kann das nur gut sein! Nicht so gut schneidet dagegen Moses ab, denn der ist der eigentlich verantwortliche für die Sauerei hier unten – weil er aus dem einen einzigen Gebot Gottes „Seid lieb!“ gleich zehn drakonische Verbote herausgemeißelt hat, mit denen die Menschheit seitdem getriezt wird. Kein SF, aber trotzdem sehr lustig zu lesen. Sogar für mich, der ich schon seit 1975 in das Original dieser Geschichte involviert bin… womit ich SEINE Rückkehr meine (siehe hier). Kiffen tue ich allerdings schon länger.

Die Arche von Boyd Morrison (2010) gehört zu der Flut von Endzeit-Thrillern, die seit einigen Jahren (aus meiner Sicht allerdings mit beträchtlicher Verspätung) über die Leserschaft hereinbricht. Wieder einmal geht es um eine fanatische Sekte, welche die Menschheit zum größten Teil ausrotten will – wobei diesmal ein Relikt aus der Arche Noah herhalten muß. Natürlich spannend geschrieben, und einige kleine Aha’s gibt es auch, wenn von einer ‘Kirche der heiligen Wasser’ die Rede ist, die Protagonisten in (Elektro-)Teslas herumfahren, oder ein Projekt ‘Whirlwind’ genannt wird.

Zone von Philip Palmer (2008/2008) trägt den schönen Untertitel „Irgendetwas ist nicht in Ordnung mit dem Universum…“ und ist ein spannend aufgebautes kosmisches Piratenabenteuer mit viel Humor. Und wie krass ist das denn, wenn sogar über eine üble ‘IS-Seuche’ berichtet wird – auch wenn es sich nicht auf eine bewaffnete, sondern auf eine medizinische Seuche bezieht, die nur schwarze Einheimische unter 18 Jahren befällt.

Projekt Babylon von Andreas Wilhelm (2006) beschäftigt sich mit geheimnisvollen Zeichen und Symbolen, die an den Wänden einer Höhle gefunden werden – und einem blauen Leuchten, das aus einem dahinter liegenden Raum dringt. Doch jeder, der diesen betritt, verfällt dem Wahnsinn. Das internationale Team, das sich der Lösung des Rätsel widmet, verstrickt sich dabei – wie es sich für einen handfesten Thriller gehört – in einem schier unentwirrbarem Netz an Geheimbünden, – diensten und -interessen. Leselust pur.

Americam Gods von Neil Gaiman (2001/2003) ist eine Pflichtlektüre für alles, die sich mit modernen Mythen beschäftigen, denn in diesem rasanten Roman tauchen alle ‘alten’ Götter und Göttinen auf, welche von den Einwanderern mit nach Amerika gebracht worden sind. Natürlich haben sie sich inzwischen äußerlich etwas gewandelt – das Problem, mit dem sie jedoch um die Weiterführung ihrer Existenz zu kämpfen haben, die die neuen, jungen und rotzfrechen Abgötter, welche sich in den elektronischen Medien verstecken und so viel mehr Macht haben, als ein guter alter Voodoo-Zauber beispielsweise. Jedenfalls denken und verhalten sie sich so.

Die Deus Maschine von Pierre Ouellette (1993/1997) ist ein weiterer KI-Thriller, bei dem wieder einmal eine Verschwörergruppe die Macht in den USA an sich reißen will. Was klar macht, daß sich solche Gruppen damit wirklich schwer tun, neue lohnenswerte Ziele zu finden. Ich meine, wollen SIE die USA regieren müssen?! Der dabei wohl unumgängliche Wettlauf um Leben und Tod ist natürlich spannend dargestellt, und auch die Charakterisierung der KI hat einige Highlights. Und wie immer geht schließlich alles gut aus, sodaß man sich beruhigt dem nächsten Buch widmen kann.

TEK Power von William Shathner (1994/1996) – oder eben ‘Captain Kirk’ – ist ein wahrlich nicht schlecht geschriebener Androiden-Roman, in dem eine Verschwörung den US-Präsidenten selbst durch einen ferngesteuerten Doppelgänger ersetzen will. Wobei es kräftig zur Sache geht. Aber, wie kommt Kirk bloß auf die Idee, daß ein ‘Welt-Drogengerichtshof’ ausgerechnet in Berlin angesiedelt ist?!

Das Aleph System von Tom Maddox (1991/1993) behandelt das KI-Thema, wobei es diesmal der Computer einer Raumstation ist, der sich weiterentwickelt.

Vakuumblumen von Michael Swanwick (1987/1990) ist ein Cyberpum-Roman, der sich allerdings nicht auf die Erde beschränkt. Etwas für Kenner, von der New York Times als ‘erotisch und witzig’ bezeichnet.

Blutmusik von Greg Bear (1985/1988) ist keineswegs ein Roman über Biochips, wie es auf der Buchhülle heißt, sondern es geht um eine noch mindestens zwei Stufen kleinere Technologie – nämlich der von lebenden, intelligenten Zellen. Deren ihre Intelligenz eine kollektive ist, die bald die des ‘Wirts’ Mensch übersteigt. Frappierend, erschreckend und trotz seines Alters von 30 Jahren hoch aktuell!

Das Zeit-Tippen von Jack Dann (1980/1985): eine Story-Sammlung mit zum Teil ziemlich schrägen Kurzgeschichten, die aber nicht sehr nachhaltig sind.

Ticktack von John Sladek (1983/1985) ist eine böse, böse Roboter-Bio für alle, die schwarzen Humor mögen. Eine tolle Wortschöpfung (des Übersetzers?) für die ausgemusterten Modelle: Es sind Robdachlose.

Schafe blicken auf von John Brunner (1972/1978) gehört zu den phantastischen Romanen, die auf der realen Zeitschiene inzwischen zwar schon in der Vergangenheit spielen, aber dennoch so frisch und realistisch wirken, daß man sie getrost als zeitlos bezeichnen kann. Ein Mosaik an Katastrophen, immer noch einen Zacken schärfer und böser, als sie uns täglich aus den Nachrichten entgegenschallen. Äußerst empfehlenswert!

 

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