vonAchmed Khammas 19.02.2019

Der Datenscheich

Erneuerbare Energie, Science Fiction, Technikarchäologie und Naher Osten – verifiziert, subversiv, authentisch.

Mehr über diesen Blog

Gleich in die Vollen? Dann sollte der folgende Roman eine besondere Empfehlung bekommen:

New York 2140 von Kim Stanley Robinson (2017/2018) ist im Grunde eine Liebeserklärung an diese Stadt und ihre Menschen – auch wenn sich die Situation drastisch verändert hat. Der ansteigende Meeresspiegel ließ die Straßen zu Kanälen werden, über die man sich wie im früheren Venedig mit Booten von Haus zu Haus bewegt. Das Leben ist stark durch Erneuerbare Energien geprägt, auf den Dächern wächst Gemüse und die Sozialstrukturen sind im Umbruch. Ein Buch von Wasser und Erde und Intelligenz, beeindruckend, opulent und verführerisch.

Sumerki von Dmitry Glukhovsky (2007/2018) erzählt die Geschichte eines Übersetzers in Moskau, der ausgerechnet einen Bericht spanischer Konquistadoren aus dem 16. Jahrhundert ins Russische übertragen soll – und sich plötzlich mit Manifestationen der dort beschrieben Ereignisse im Dschungel von Yucatan konfrontiert sieht. Ein mit spannenden Phantasmen garnierter Thriller von düsterer Brutalität, bei dem viel über die Geschichte Südamerikas und die Tiefe menschlicher Abgründe erfährt.

Killing Moon von David Peoreira (2018) gehört zu den vielen Büchern, die sich mit dem Abbau von Helium-3 auf dem Mond befassen (was ja auch ein Thema des grandiosen Films Iron Sky war, dessen 2. Teil übrigens am 21.03. in den Kinos anläuft!). Ein interessantes SF-Thriller-Debüt, denn natürlich gibt es widerstreitende Interessen, dunkle Machenschaften und die andauernde Gefahr, getötet zu werden – und dies nicht nur durch die lebensfeindliche Umwelt, sondern durch die schlimmste Bedrohung: den Menschen.

MEG von Steve Alten (1997/2018/2019) – eine erweiterte und überarbeitete Neuausgabe, die als Blockbuster verfilmt wurde – erzählt die erschreckende Geschichte eines überlebenden, und wesentlich größeren und blutrünstigeren Vorfahren des weißen Hais, der im Zuge von Veränderungen der Temperaturschichtungen im Meer aus den ozeanischen Tiefen aufsteigt und nun sein Unwesen nahe der Oberfläche treibt. Nicht ganz ein SF, aber auch nicht ganz kein SF.

Das Netz von Fredrik T. Olsson (2015/2016) ist ein Cyber-Thriller, der mit einem totalen Blackout in Stockholm beginnt und in ein rasante und spannende Jagd nach den Tätern, dem Motiv und der tatsächlich dahinter steckenden Wahrheit mündet. Schicht für Schicht entpuppt sich, daß es sich kaum um den üblichen Terrorismus handelt, wobei rotzdem jeden Moment mit weiteren Anschlägen gerechnet werden muß.

Das Imago Projekt von Robert Corvus (2018) knüpft gewissermaßen an den Vorläufer Feuer der Leere an, in dem die Reste der Menschheit durch das All fliehen. Bei ihrer Suche nach einem untergegangenen Imperium treffen die letzten freien Menschen auf ihren 28 Großraumschiffen nun auf eine fremde Intelligenz in Form einer gigantischen Sphäre, die eine ganze Sonne umhüllt. Nicht verwunderlich, daß sich die Kommunikation etwas schwierig gestaltet – während der Streit zwischen den verschiedenen Interessengruppen der Menschen sich auf einen offenen Krieg hinbewegt. Eine Space Opera mit Geschwindigkeit und Tiefgang, die Lust auf mehr macht.

BORNE von Jeff Vandermeer (2017) gehört zu den Büchern, die man keinesfalls SF-Neulingen in die Hände geben darf. Das Abschreckungspotential wäre zu hoch. Denn mit einem riesigen, fliegenden Bären namens Mord, mit erschreckenden biotechnologischen Abfällen, psychoaktiven Drogen und äußerst seltsamen Menschen, wie sie hier zuhauf auftreten, kommt nur ein eingefleischter Fan klar. Für den Liebhaber fantastischer Literatur der 3. Art bildet der Roman dagegen einen Leckerbissen erster Güte.

Die politische Anmerkung:

Die hat diesmal etwas mit der aktuellen Thematik ‚Uploadfilter‘ zu tun, die meine Söhne (12, 21) wesentlich mehr beschäftigt als mich. Was daran liegt, daß ich mich eigentlich gar nicht damit befassen will – und auch nicht genau weiß, um was es überhaupt geht.

Und solange die Jungs in ihrer Aufregung keine Zeit finden, mich tiefer einzuweihen, ziehe ich mich auf die folgende, sehr bequeme Position zurück: Alles nur eine Frage der Intelligenz. Denn wenn jemand einen Filter schafft – dann schafft es jemand anderes auch, diesen wieder außer Kraft zu setzen. Die viel interessantere Baustelle ist doch das Thema ‚Social Engineering‘, oder etwa nicht?!!

Und schon ganz ohne Filter wurden beispielsweise 2017 zwei der wichtigsten Seiten auf dem Sektor der neuen, bislang noch nicht verifizierten Energien und anderer Innovationen ‚eingefroren‘ – indem der Betreiber der einen starb, und der der anderen als Päderast angeklagt wurde, ohne daß sich jemand traute, dies öffentlich anzuzweifeln. Was definitiv ‚Social Engineering‘ in übelster Form ist.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/datenscheich/2019/02/19/literatur-ueberflutet/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert