vonAchmed Khammas 28.01.2022

Der Datenscheich

Erneuerbare Energie, Science Fiction, Technikarchäologie und Naher Osten – verifiziert, subversiv, authentisch.

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Die Ceres Mission von A. G. Riddle (2019/2021) geht weit über das bisherige oeuvre des Thriller-Autoren hinaus, ist aber mit seiner üblichen Professionalität kurz und knackig geschrieben. Entgegen allen Klimabefürchungen wird es auf der Erde plötzlich immer kälter, so daß eine End-Eiszeit droht, für die es aber keine Erklärung gibt. Bis festgestellt wird, daß die Sonneneinstrahlung bewußt abgeschirmt wird, wofür aber keine irdischen Akteure verantwortlich sind. Der Roman weist ein überraschendes Maß an Emotionalität auf und glaubt an das Gute im Menschen und an die fast grenzenlose Kraft der Kooperation. Top!

Paradise City von Zoë Beck (2020) spielt in einem Deutschland der Zukunft – wo es allen gut geht, solange niemand Fragen stellt bzw. die Vorgaben des Staates nicht in Frage stellt. Hört sich doch sehr aktuell an, oder?! Während Liina ihrem Job als Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale nachgeht, sterben um sie herum Menschen – trotz der Komplettkontrolle der Gesellschaft und jedes Einzelnen. Sie muß sich mit DeebFakes, verwirrenden Medikationen und marginalisierten Menschengruppen auseinandersetzen, mit dem Thema Klonen und der Verfolgung durch Staatsschützer. Der etwas dünn gewebte Roman, in dem viele Personen orientalische Namen tragen, läßt sich aber gut lesen – weshalb ich auch das vorangegangene Buch der Autorin bestellt habe:

Die Lieferantin von Zoë Beck (2017) bezieht sich auf ein ‚London in einer nicht wirklich fernen Zukunft‘ und bespielt auf eine spannende Art und Weise das – auch verbal passende – Spannungsfeld von Drohnen und Drogen. Denn die etablierten drei kriminellen Familien, die sich das Geschäft bislang teilten, bekommen es mit einer neuen, technisch hochgerüsteten Konkurrenz zu tun, die nicht nur schnell und anonym, sondern auch höchste Qualität liefert. Es ist daher absehbar, daß dieser Konflikt nicht ohne Opfer ablaufen wird – wenngleich der schnell geschnittene und gut zu lesende Roman weitaus weniger brutal ist als die üblichen Thriller, die sich mit dieser Thematik befassen.

Die Verstoßenen von M. K. England (2018/2021) läßt sich angesichts des Alters der vier Helden und Heldinnen als ein moderner, Jugendroman verorten, der recht nett und zügig durch das Geschehen eilt. Es sind vier ‚Looser‘, welche durch die Aufnahmeprüfung der Raumfahrtakademie rasseln – und sich kurz darauf unverhofft in einem Geheimkrieg gegen die Kolonisierung anderer Planeten wiederfinden. Spannend, mit queeren Charakteren, viel Dialog-Witz und einem stark Islam-orientierten Umfeld hätte der SF dieser jungen Autorin ruhig etwas mehr Dichte vertragen. Mal sehen, ob sie dies in potentiellen Folgeromanen verwirklicht – ich würde mich jedenfalls freuen.

Erde 0 von Micaiah Johnson (2020/2021) gehört zu den Parallelwelt-Romanen, die mich häufig leicht verwirren, ähnlich wie Zeitreise-Geschichten. Abgesehen davon, daß sich das Buch etwas sehr zieht und mit relativ wenig Action auskommt, beinhaltet es auch nicht viel Innovatives, wie man es z.B. aus der Lange-Erde-Reihe von Stephen Baxter und Terry Pratchett gewohnt ist. Selbst die bei Johnson vorkommenden ‚Traverser‘ sind nichts anderes als die ‚Weltengänger‘ von Sergej Lukianenko, nur etwas ausgebleicht.

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