Trotz Fortschritte in einigen wenigen Staaten der Erde wird der Drogenkrieg global ungehindert weitergeführt. Hinrichtungsmeldungen in Zusammenhang mit sogenannten „Drogendelikten“ belegen die weiterhin tödliche Dynamik einer destruktiven Drogenpolitk.
Todesstrafe im Iran
Gemäß Jahresbericht 2013 betreff Vollstreckung der Todesstrafe in der Islamischen Republik Iran vom 18. Oktober 2013 der Human Rights Activists News Agency (HRANA) wurden zwischen dem 11. Oktober 2012 und dem 10. Oktober 2013 im Iran 537 Häftlinge exekutiert, was im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um neun Prozent darstellt. Unter den Straftatbeständen waren Drogenkriminalität (62%), Mord (13%) und Vergewaltigung (11%) am häufigsten vertreten. Die Todesstrafe wurde auch weiter gegen minderjährige Straftäter verhängt. In der Kritik stehen nach wie vor die Gerichtsverfahren, die Menschenrechtsorganisationen immer wieder als unfair und mit internationalen Standards als unvereinbar bezeichnen. In etwa 60 Prozent der Fälle wird die Identität der Hingerichteten geheim gehalten. Bislang am deutlichsten brachte die dänische Regierung ihren Protest gegen die Todesstrafe im Iran zum Ausdruck. Nachdem mutmaßliche Drogenstraftäter in Massenhinrichtungen starben, kürzte sie ihren finanziellen Beitrag an das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung UNODC. Das Büro ist der Hauptgeldgeber des Iran für die Bekämpfung der Drogenkriminalität – dem Delikt, das dort am häufigsten mit dem Tod geahndet wird.
Nicht nur die Dänen protestierten gegen die Todesstrafe im Iran und zogen entsprechende Konsequenzen. Auch der irische Staatsminister im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Joe Costello, erklärte gemäß Meldung vom 23. Januar 2014 von UPI, dass es nicht die Position der Regierung sein könne, Beiträge zur Finanzierung der Todesstrafe bereit zu stellen. Die irische Regierung hat das UNODC in den Jahren 2005 bis 2011 mit einem Gesamtbetrag von 812.000 US-Dollar finanziert. Danach wurden gemäß RTE-News vom 8. November 2013 die Zahlungen eingestellt.
Und das Töten geht weiter. So berichtete Iran Human Rights am 15. Januar 2014, dass an diesem Tag in den Gefängnissen von Shahroud und Tabas insgesamt sechs Häftlinge wegen Drogendelikten gehängt worden seien. Und bereits am Dienstag zuvor sollen fünf Gefangene im Gefängnis von Shiraz und einer in Ardebil wegen Drogenbesitzes hingerichtet worden sein. Ein 45-jähriger Häftling sei wegen Drogenschmuggels in Yasouf gehängt worden. Schon am 7. und 8. Januar wurden sechs Hinrichtungen in den drei Gefängnissen von Qazvin, Gachsaran und Mashhad wegen Drogendelikten und Mordes durchgeführt.
Hinrichtungen als Rache für Überfall
Wie auf der Website der Tagesschau zu lesen war (Stand: 26. Oktober 2013) wurden als Reaktion auf den Tod von 17 Grenzsoldaten im Iran 16 inhaftierte Drogenschmuggler gehängt. Mit dem Überfall auf die Grenzsoldaten hatten die Männer direkt nichts zu tun, nach Darstellung der iranischen Behörden gehörten sie aber zu der gleichen Gruppe von „Banditen“. Es habe sich um „Rebellen mit Verbindungen zu regimefeindlichen Gruppen“ gehandelt. Sie seien in einem Gefängnis von Sahedan, der Hauptstadt der Sistan-Belutschistan Provinz, gehenkt worden, berichtete die Agentur Fars unter Berufung auf die regionale Generalstaatsanwaltschaft. Dies sei „als Antwort“ auf den Überfall zu verstehen.
Für den Überfall am Freitagabend, 25. Oktober 2013, auf iranische Grenzposten an der Grenze zu Pakistan sind nach iranischen Angaben Mitglieder der Dscheisch-Al-Adl-Gruppe verantwortlich. Sie sollen 17 Soldaten getötet, fünf schwer verletzt und weitere vier entführt haben, wie Fars weiter berichtete.Über Belutschistan laufen Schmuggelrouten aus dem benachbarten Pakistan. Die Grenzregion zu Pakistan ist die Hauptroute für Drogenschmuggel von pakistanischen und afghanischen Kartellen in den Iran. Die Drogen werden dann via Iran nach Europa und in die arabischen Golfstaaten gebracht. Tausende iranische Soldaten sind in den letzten Jahren im Kampf gegen diese bewaffneten Gruppen bereits ums Leben gekommen.
Von der Dscheisch-Al-Adl-Gruppe ist wenig bekannt. Es handelt sich nach iranischen Angaben hauptsächlich um bewaffnete Drogenschmuggler und Geiselnehmer, die in Pakistan sesshaft sind. Zudem gehören die Mitglieder der Gruppe dem Islam sunnitischer Glaubensrichtung an. Sie stünden deshalb den Schiiten im Iran feindselig gegenüber.
Willkür, Mord und Folter – systematische Menschenrechtsverletzungen gefallen der UNO, wenn sie im Drogenkrieg vollzogen werden
Yuri Fedotow, stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen, Generaldirektor des Büros der Vereinten Nationen in Wien (UNOV), und Generaldirektor des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), findet es nicht für Notwendig, Maßnahmen gegen diese Hinrichtungswelle einzuleiten und findet statt dessen wohlwollen Worte für die Handlungsweise der Behörden im Iran. Dies ist seit Jahren so und währt bis heute. So berichtete die Tagesschau bereits am 16. Januar 2012:
„Die UNO würdigt den Kampf des Iran gegen den Drogenschmuggel. Das Land, so Yuri Fedotov, Chef der UN-Drogenbehörde UNODC, sei unverzichtbar bei der Sicherstellung von Drogen. Der Iran ist eines der wichtigsten Transitländer. Jede Tonne Rauschgift, die dort vernichtet oder konsumiert wird, landet nicht in Europa oder Amerika. Wohl deshalb drücken viele im Westen ein Auge zu, wie der Iran mit Schmugglern verfährt.“
UNODC-Budget
Das Budget des UNODC umfasste für die beiden Jahre 2012-2013 insgesamt 576,7 Millionen US-Dollar, davon entfielen etwa 43 Millionen (7,4%) auf das reguläre UNO-Budget und 533,7 Millionen waren freiwillige Beiträge verschiedener Nationen und der Europäischen Union. Zu den Hauptgeberländer zählten u.a. die USA, Australien, Deutschland, das Vereinigte Königreich, Schweden, Norwegen, Finnland, Frankreich, Kanada, Kolumbien, Japan, Brasilien und die Türkei.
Die Mini-Dublin-Gruppe
Das UNODC-Landesprogramm für die technische Zusammenarbeit in der Islamischen Republik Iran wurde in enger Zusammenarbeit mit der Mini-Dublin-Gruppe, einem der wichtigsten Partner von UNODC im Iran, entwickelt. Die Mini-Dublin-Gruppe ist eine flexible, informelle Organisation zur Koordinierung des Kampfes gegen Drogen im Iran. Das Büro der Mini-Dublin-Gruppe in Teheran besteht aus Vertretern der Botschaften von Australien, Kanada, Staaten der Europäischen Union, Japan, Norwegen, Österreich und des UNODC sowie von Beobachtern einschließlich von der Russischen Föderation und der Türkei. Den Vorsitz hat derzeit Deutschland inne.
Ja, Deutschland spielt eine wichtige Rolle im internationalen „War on Drugs“ und verliert dabei offenbar die Menschenrechte aus dem Blickfeld. Man hört zwar oft aus dem Munde der Bundeskanzlerin oder anderen Mitgliedern der Bundesregierung klagende Worte über Menschenrechtsverletzungen in diversen Ländern der Welt, doch über Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem „War on Drugs“ wird nur äußerst selten gesprochen und Initiativen dagegen gehen von Deutschland keine aus. Oder kann sich jemand erinnern, dass die Bundeskanzlerin oder der Außenminister öffentlich die vielen Hinrichtungen wegen sogenannten Drogendelikten anprangerten und eine Änderung dieser mörderischen Politik forderten?
[…] Vergl. hierzu in diesem Blog den Artikel vom 15.04.2014 Menschenrechte, Drogen und die UNO und den Artikel vom 15.02.2014 UNODC finanziert Irans blutigen War on Drugs […]