Vor knapp 19 Jahren startete am 23. August 1997 die erste Hanfparade in Berlin. Das Motto der ersten Hanfparade lautete „Legalisierung jetzt!“. Am Samstag, 13. August 2016, wird die Hanfparade zum zwanzigsten Mal wieder in Berlin für die Legalisierung von Cannabis demonstrieren. Das Motto heißt dieses Jahr „Legalisierung liegt in der Luft“.
Die Hanfparade soll dieses Jahr einmal mehr dazu animieren, Ideen zu entwickeln, wie die Legalisierung vorangetrieben werden kann. Die Hanfparade kämpft seit nunmehr 19 Jahren dafür, dass die Menschen in Deutschland Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel ohne Strafverfolgung nutzen können. In diesem Zeitraum hat sich außer für ein paar wenige Patienten so gut wie nichts geändert – ja, heute haben knapp Tausend Patienten eine Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, die es ihnen erlaubt, Hanfblüten in der Apotheke als Heilmittel zu erwerben.
Das Leiden der Patienten
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn (BfArM) hatte im Frühjahr und Sommer 2000 einigen Antragstellern auf eine Erlaubnis zur medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten eine Absage erteilt. Die Anträge folgten dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Januar 2000. Dort hatten nämlich die höchsten deutschen Richter festgestellt: „Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist danach auch ein öffentlicher Zweck, der im Einzelfall die Erteilung einer Erlaubnis […] rechtfertigen kann.“ Ein entsprechender Antrag sei daher „nicht von vornherein aussichtslos.“
Am 27. November 2003 erhielt ein Patient mit der unheilbaren und phasenweise sehr schmerzlichen Darmkrankheit Morbus Crohn die richterliche Erlaubnis zum Anbau und zur Verwendung von Cannabis. Der Richter Michael Zimmermann vom Amtsgericht Tiergarten urteilte, dass sich der Angeklagte in einer Notstandslage befunden habe und die medizinische Verwendung von Cannabis daher gerechtfertigt sei. Dies war das erste rechtskräftige Urteil, in dem ein Richter die Notstandslage eines Patienten anerkannt hatte. In der Folge gab es mehrere analoge Gerichtsurteile bis zuletzt das Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig am 6. April 2016 [BVerwG 3 C 10.14] im Fall eines Multiple-Sklerose Patienten gegen die Bundesrepublik Deutschland dem Patienten das Recht bescheinigte, in seiner Notlage Cannabis selbst anzubauen. Das BfArM muss ihm eine Ausnahmegenehmigung zum Eigenanbau erteilen. Da für den Kläger keine alternative Therapie zur Verfügung steht und die Krankenkasse die Kosten der Behandlungen mit Blüten nicht übernehmen will, wurde „das der Behörde eröffnete Ermessen auf Null reduziert“. Den seit Mai 2000 gestellten Antrag des Klägers auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Anbau von Cannabis zur medizinischen Selbstversorgung lehnte das BfArM mit Bescheid vom 6. Dezember 2007 und Widerspruchsbescheid vom 10. August 2010 ab. Das Bundesverwaltungsgericht hob die Bescheide auf und verpflichtete die Beklagte, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Bundesregierung und die Notstandslage
Der Bundesregierung ist die Notstandslage der Patienten seit weit mehr als zehn Jahren bekannt, wurde sie doch verschiedentlich von Gerichten anerkannt. Hierzu ist auf den Seiten des Deutschen Hanfverbandes (DHV) folgender Kommentar zu lesen: „Das aktuelle Urteil ist das Ergebnis von über einem Jahrzehnt des Kampfes von schwerkranken Patienten gegen die Behörden. Seitdem ist einiges an Fortschritt für die Betroffenen erzielt worden, aber leider nicht durch die Bundesregierung, die in dieser Frage stets nur gebremst hatte. Alle Fortschritte wurden von Patienten und den sie unterstützenden Vereinigungen (ACM/SCM) mühsam vor Gericht erkämpft. Die Bundesregierung hat nur soweit nachgegeben, wie es durch Gerichtsurteile „alternativlos“ wurde. Das war schon bei den ersten Genehmigungen für Cannabisblüten der Fall.“
Abbildung 1 zeigt eine Grafik der Bundesregierung, in welcher sie sich als fortschrittlich in Sachen Cannabis als Medizin darstellt. Grafik: Bundesregierung.
Menschenrechte und Freiheit
Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen) ist einer der Grundtexte, mit dem am 26. August 1789 die Demokratie und Freiheit in Frankreich und in der Folge in ganz Europa begründet wurden. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte beinhaltet eine Präambel und 17 Artikel. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte gehört zu den Grundlagen moderner freiheitlich demokratischer Rechtsstaaten. So heißt es in Artikel IV:
Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.
Und in Artikel V heißt es:
Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. […]
Der Genuss psychotrop wirkender Substanzen (sprich: die Seele bewegend) wie Cannabis beeinträchtigt die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und darf deshalb aus ethischer Sicht auch nicht strafbewehrt sein. Dazu gehören auch Vorbereitungshandlungen wie der Anbau, Erwerb und Besitz. Jeder muss auf seine Art genießen können. Und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören.
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) hingegen verstößt in gravierender Weise gegen dieses Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte, die jedem die Freiheit einräumen, all das zu tun, was keinem anderen schadet. Die Hanfparade setzt sich dafür ein, dass die Artikel IV und V der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte im Deutschen Recht verankert werden und in der Rechtspraxis umgesetzt werden.
Wer für ein Ende der Prohibition und des Krieges gegen Drogen ist, wird hiermit aufgerufen, die Forderungen der Hanfparade zu unterstützen und die größte deutsche Demonstration für die Legalisierung von Cannabis mit seiner Teilnahme zu bereichern. Nach der Auftaktkundgebung beim Hauptbahnhof wird der Demoumzug mit etwa einem Dutzend Musikwagen Richtung Gesundheitsministerium ziehen, wo eine Zwischenkundgebung stattfinden wird. Danach geht es weiter Richtung Alex, wo die Abschlusskundgebung stattfinden wird.
Kundgebungen der Hanfparade am 13. August 2016
13:00 Uhr Hauptbahnhof – Washingtonplatz
Mit der Auftaktkundgebung soll gezeigt werden, wie nützlich Hanf sein könnte, wenn es kein bürokratisches Erlaubnisverfahren gäbe. Die Hanfparade fordert freie Samenwahl auch für CannabisbäuerInnen!
15:00 Uhr Bundesministerium für Gesundheit
Der erste Zwischenstopp sollte daran erinnern, dass Patienten immer noch nur in Ausnahmefällen Hanf nutzen dürfen. Gefordert wird kostenfreie Cannabismedizin für alle, die sie benötigen.
16:00 Uhr Spandauer Straße / Alexanderplatz
Die große Abschlusskundgebung der Hanfparade 2016 bietet unter anderem Livemusik und Reden auf der LEAFLY-Bühne, ein Nutzhanfareal, das SENSI SEEDS-Forum für Hanfmedizin sowie viele Infostände und Mitmachangebote.
22:00 Uhr Ende
Vergleiche hierzu in diesem Blog:
[25.11.2015] Mehrheit der Berliner wollen Coffeeshops
[20.11.2015] Cannabis: Mehrheit der Deutschen glaubt an baldige Legalisierung
Als „Senior“ interessiert mich mal was anderes in dem Zusammenhang: Wer beliefert eigentlich die Apotheken?
Nachdem ich 45 Jahre Erfahrung im Eigenanbau habe und noch länger dafür verfolgt werde ist es mir inzwischen nämlich wurscht, ob ich das darf oder nicht. Ich würde aber jede Wette halten, dass die Apotheken kein so gutes Zeug haben wie ich (Wir), daher wäre es angemessen, „die Senioren“ an diesem wie auch immer kommenden Markt zu beteiligen.
Kiffer – das ist keine pubertierende Jugendgruppe…. das sind lauter alte Säcke inzwischen. Und sie werden auch nicht aus sterben, DIESER Holocaust läuft weiter…