vonHans Cousto 10.11.2019

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

Mehr über diesen Blog

In einem Interview mit der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig (CSU), das unter dem Titel „Viele sagen: Unser Modell funktioniert nicht – Drogenbeauftragte fordert neue Cannabis-Debatte“ am 10. November 2019 erschien, sagte sie zur Frage, ob man Cannabis legalisieren solle, dass wir einen neuen Dialog über Cannabis bräuchten. So erfreulich diese Erkenntnis ist, so absurd erscheint die Tatsache, dass immer nur von Cannabis die Rede ist, gibt es doch Drogen, die derzeit genau so wie Cannabis in den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes aufgelistet sind, obwohl viele Experten sie für weitaus weniger gefährlich halten, wie beispielsweise LSD und die Zauberpilze.

Dagmar Domenig und Sandro Cattacin von der Universität Genf veröffentlichten 2015 ein Werk zum Thema „Sind Drogen gefährlich? – Gefährlichkeitsabschätzungen psychoaktiver Substanzen“ im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen (EKDF). Genève: Université de Genève (Sociograph – Sociological Research Studies, 22a). Im Geleitwort zu diesem Werk schrieb Pascal Strupler, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit:

Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen (EKDF) kam 2015 zum Schluss, dass es eine ideale Regulierung gar nicht gibt. Ob der Konsum von Drogen gefährlich und schädlich für das Individuum oder die Gesellschaft sei, so argumentiert sie, hänge von vielerlei Faktoren ab. Die Gefahren sind vielfältig und reichen von einer möglichen Überdosis über Abhängigkeit und Krankheit bis hin zu Gewalt und Unfällen.

Doch nicht nur verbotene Drogen bergen diese Gefahren, sondern auch legale psychoaktive Substanzen wie Alkohol, Tabak und verschiedene Medikamente. Weil die Substanzen selbst und die Umstände, unter denen sie konsumiert werden, sehr verschieden sind, lassen sich auch der Zeitpunkt des Eintretens eines Schadens oder gar dessen Ausmaß nicht verlässlich bestimmen. Dieser Unvorhersehbarkeit müsse, so die EKDF, Rechnung getragen werden. Das wiederum bedeutet, dass sich die Gesetzgebung nicht an einzelnen Substanzen, sondern an den Konsumformen und -umständen orientieren müsse, die tatsächlich Schäden verursachen und in diesem Sinn problematisch sind.

Damit erneuert die Kommission zum Abschluss ihrer Tätigkeit ihr Postulat, wonach der Umgang mit Drogen ein gesellschaftliches und damit gesellschaftspolitisches Problem sei und nur als solches angegangen werden kann. Letztlich sei der gesellschaftliche Umgang mit psychoaktiven Substanzen und ihren vielschichtigen (Aus-)Wirkungen stets eine Gratwanderung zwischen Verklärung und Pathologisierung, zwischen Verharmlosung und Kriminalisierung.“

Im Vorwort des Werkes von Pascal Strupler (Direktor des Bundesamts für Gesundheit), Astrid Wüthrich (Wissenschaftliche Sekretärin der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen) und Silvia Gallego (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Integrierte Suchthilfe Winterthur) heißt es:

Der Konsum psychoaktiver Substanzen ist eine anthropologische Konstante. Er wird in der ganzen Menschheitsgeschichte beobachtet und kommt in allen Gesellschaftsformen vor. In diesen Substanzen suchen Menschen Entspannung, Lusterlebnisse, Entgrenzung und Berauschung. Oft werden diese Substanzen in kollektiven Ritualen eingenommen, in lebensgeschichtlich wichtigen Übergangsphasen konsumiert und zur Unterstützung transzendentaler Erlebnisse eingesetzt. Der gelungene Konsum ist in diesen Fällen in der Regel eine gewinnbringende und hilfreiche Kulturtechnik. Daneben können diese Substanzen auch zu Problemen oder einer Abhängigkeit führen.

Psychoaktive Substanzen haben damit vielschichtige, vielfältige Wirkungen. Dieser multiplen Bedeutung wird weder eine einseitige Verklärung noch eine Pathologisierung oder Kriminalisierung dieser Substanzen und damit einhergehender Verhaltensweisen gerecht. Vielmehr gilt es, einen Mittelweg zu finden, der die unterschiedlichen Konsumformen jeweils angemessen berücksichtigt. […] Wenn wir wollen, dass Menschen auch im Umgang mit psychoaktiven Substanzen „konsum- und gesundheitskompetent“ ihr Leben führen und gestalten können, dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Dies bedeutet: Wir dürfen das Thema des Rekreationskonsums psychoaktiver Substanzen nicht tabuisieren, die Substanzen aber auch nicht bagatellisieren, und wir sind angehalten, differenzierte Regulierungsmodelle zu entwickeln, die in Realität umgesetzt werden können und gleichzeitig den wichtigsten gesellschaftspolitischen Zielen Rechnung tragen.

Drug, Set und Setting

Psychoaktive Substanzen – dies gilt vor allem für Psychedelika – sind somit immer auch Träger von soziokulturell beeinflussten, individuellen Bedeutungswelten und kollektiven Sinngebungen, die sich im Laufe der Zeit verändern. Der Versuch psychoaktive Substanzen zu isolieren und Ursache und Wirkung auf das Individuum alleine an der Substanz festzumachen, muss daher scheitern. Die sogenannte „Gefährlichkeit von Drogen“ kann somit nicht alleine von der Substanzwirkung definiert werden. Die Wirkung einer Drogeneinnahme hängt nicht nur von der Substanz ab, sondern maßgeblich auch vom Set und Setting. Die drei Begriffe Drug, Set und Setting zur Beschreibung therapeutischer und ritueller Drogensitzungen wurden in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts von dem Harvard Professor für Psychologie, Timothy Leary, eingeführt. Der Begriff Set bezieht sich auf das, was jemand in die Konsumsituation einbringt, so die persönlichen Erinnerungen, die eigene Lernfähigkeit, das individuelle Temperament, das vertraute emotionale, ethische und rationale Wertesystem und vor allem die gestellte Erwartungshaltung an die Drogenerfahrung. Das Setting bezieht sich auf das soziale, räumliche und emotionelle Umfeld, das einen vor, während und nach dem Drogengebrauch umgibt. Der wichtigste Aspekt des Settings ist jedoch das Verhalten, das Verständnis und das Einfühlungsvermögen der Person oder Personen, welche die Drogen dem oder den Konsumenten mitbrachten und überreichten. Informationen zu den Eigenschaften der Drogen (Drug), das heißt die rein substanzbezogenen Informationen, können aus Büchern oder Broschüren entnommen werden. Demgegenüber entziehen sich die interagierenden Faktoren der inneren Bereitschaft (Set) und der äußeren Umstände (Setting) einer normierten Betrachtungsweise. Die sogenannte Gefährlichkeit von Drogen respektive das Risiko nach deren Konsum Schaden zu erleiden hängt eben nicht nur von der Substanz ab, sondern maßgeblich auch von Set und Setting.

Die Studien von David Nutt et al.

Die Einstufung als legale beziehungsweise illegale Droge korreliert wenig mit der Einschätzung der Gefährlichkeit wie bei den Studien von David Nutt et al. (Nutt et al. 2007 und 2010). So figurieren beispielsweise Cannabis und Ecstasy weit unten auf der Liste im Unterschied zu Alkohol und Tabak, die als viel gefährlicher eingestuft werden. Expertinnen und Experten prüften 2010 in einem eintägigen Workshop somit nicht nur eine grössere Anzahl Drogen im Vergleich zur Studie von 2007, sondern punkteten diese mit einer 0-100 Ratio-Skala auch mit einer grösseren Anzahl Kriterien, wobei von den insgesamt sechzehn Kriterien sich neun Kriterien auf den individuellen und sieben auf denjenigen Schaden beziehen, den die Droge anderen zufügt (siehe folgende Abbildung).

Gefährlichkeit von Drogen (individuelle und gesellschaftliche Gefährdung insgesamt) gemäß Studie von David Nutt et al. aus dem Jahr 2010.

In dieser Abbildung wie auch in allen folgenden Abbildungen sind die Werte für Alkohol und Tabak rot gekennzeichnet, die für Cannabis grün und die für LSD und Zauberpilze violett, damit eine schnelle Orientierung möglich ist. Die oben stehende Abbildung zeigt die Gefährlichkeit von Drogen (individuelle und gesellschaftliche Gefährdung insgesamt) gemäß Studie von David Nutt et al. aus dem Jahr 2010. Die relative Gefährlichkeit wird hier in einer Skala von 0 bis 100 angegeben, 0 heiß null Gefährdung und 100 heißt höchstmögliche Gefährdung. Alkohol rangiert hier auf Rang 1 mit 72 Punkten, Tabak auf Rang 6 mit 26 Punkten und Cannabis auf Rang 8 mit 20 Punkten. LSD liegt hier auf dem vorletzten Rang mit 7 Punkten und die Zauberpilze liegen auch hier auf dem letzten Rang mit 6 Punkten und weisen somit gemäß dieser Studie auch hier die geringste Gefährlichkeit auf.

Nutt ist davon überzeugt, dass die aktuelle Einstufung von Drogen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt und sieht darin einen Missstand. Er denkt, dass es falsch ist, Zauberpilze und LSD für ebenso gefährlich zu halten wie Heroin, Crack und Crystal (Methamphetamin). Als Konsequenz daraus müsste dann logischerweise eine Gesetzesreform folgen.

Die Studie von Jan van Amsterdam et al.

Jan van Amsterdam et al. stellen auf der Basis der Studie von David Nutt et al. (Nutt et al. 2007) eine Studie vor (van Amsterdam et al. 2009), in der 19 Freizeitdrogen (17 illegale Drogen plus Alkohol und Tabak) von einem niederländischen Expertenpanel mit 19 Expertinnen und Experten mit unterschiedlichem Expertenwissen (Toxikologie, Pharmakologie, Klinik, Sozialwissenschaft, Epidemiologie, Polizei) nach ihrem Risiko eingestuft worden sind. Dabei verwendeten sie nur drei Indikatoren, nämlich (akute und chronische) Toxizität, Abhängigkeitspotenzial sowie (individueller und gesellschaftlicher) sozialer Schaden.

Akute Gefährdung durch Vergiftungserscheinungen nach der Einnahme verschiedener Drogen gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt die akute Gefährdung durch Vergiftungserscheinungen nach der Einnahme verschiedener Drogen, auch akute Toxizität genannt. Die relative Gefährlichkeit wird in einer Skala von 0 bis 3 angezeigt. Null bedeutet keine Gefährdung, 3 zeigt ein Höchstmaß an Gefährdung an. Crack und Heroin haben den höchsten akuten Gefährdungswert von 2,4; gefolgt von Methamphetamin mit 2,0 Gefährdungspunkten, gefolgt von Kokain, Alkohol (Rot markiert) und Methadon mit jeweils 1,9 Punkten. Die Zauberpilze (Violett markiert) liegen mit 0,9 Punkten auf Rang 15 der Gefährlichkeitsskala und Cannabis (Grün markiert) mit 0,8 Punkten auf Rang 16 der 19 untersuchten Substanzen. Dass LSD mit 1,5 Punkten im Mittelfeld liegt, offenbart, dass das Setting in der vorgenommenen Studie nicht berücksichtigt wurde. Erfahrene Psychonauten, die LSD auf Festivals genießen, verspüren sehr selten unangenehme Nebenwirkungen. Für diese Konsumenten tendiert die Gefährlichkeit von LSD gegen Null. Für unerfahrene Konsumenten von LSD, die die Substanz in einem ungünstigen Setting einnehmen, kann LSD jedoch die relative Gefährlichkeit von 3 erreichen.

Chronische Toxizität, das heißt die Gefährdung nach Dauerkonsum von verschiedenen Drogen gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt die chronische Toxizität, das heißt die Gefährdung nach Dauerkonsum von verschiedenen Drogen. Alkohol liegt hier mit 2,5 Punkten auf Rang 3 der Gefährlichkeitsskala, Cannabis mit 1,5 Punkten auf Rang 8, LSD mit 0,7 Punkten auf dem vorletzten Rang und die Zauberpilze liegen mit 0,1 Punkten auf dem letzten Rang (Rang 19). Zauberpilze haben gemäß dieser Studie mit Abstand die geringste chronische Toxizität.

Das sogenannte Abhängigkeitspotenzial von Drogen gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt das sogenannte Abhängigkeitspotenzial von Drogen, das heißt die Gefahr, sich von einer bestimmten Droge abhängig zu machen. Auf Rang 1 mit 2,9 Punkten liegt hier Tabak, gefolgt von Crack mit 2,6 Punkten. Alkohol liegt hier mit 2,5 Punkten auf Rang 3, Cannabis mit 1,5 Punkten auf Rang 8 und LSD sowie die Zaubepilze mit 0,8 und 0,1 Punkten auf den letzten Rängen 18 und 19. Das Risiko süchtig zu werden, wird in dieser Studie beim Alkoholkonsum deutlich höher eingeschätzt als beim Cannabiskonsum, beim Genuss von Zauberpilzen tendiert das Risiko süchtig zu werden gegen Null.

Individuelle soziale Schädigung durch Drogen gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt die individuelle soziale Schädigung durch Drogen, respektive die soziale Gefährdung der Konsumenten. Hierunter versteht man das Risiko, dass der Konsument eingeht, sozial ausgegrenzt zu werden. Die Skala wird hier von Crack mit 2,6 Punkten angeführt, gefolgt von Heroin mit 2,5 Punkten. Auf Rang 3 liegt Alkohol mit 2,2 Punkten gefolgt von Tabak mit 2,1 Punkten. Cannabis liegt hier mit 1,3 Punkten auf Rang 10, LSD mit 0,8 Punkten auf Rang 16 und die Zauberpilze mit 0,7 Punkten auf Rang 18 der Gefährlichkeitsskala.

Sozialer Schaden für die Gesellschaft durch Drogen gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt die soziale Schädigung der Gesellschaft durch Drogen, respektive die soziale Gefährdung der Gesellschaft als Ganzes oder insbesondere im Umfeld der Konsumenten. Alkohol wird in der Studie als gefährlichste Droge für die Gesellschaft eingestuft und liegt mit 2,8 von 3 möglichen Punkten vor allen anderen Drogen, gefolgt von Tabak mit 2,3 Punkten. Cannabis liegt hier mit 1,5 Punkten im Mittelfeld der Gefährlichkeitsskala und die Zauberpilze mit 0,4 Punkten und LSD mit 0,3 Punkten im unteren Bereich der Gefährlichkeitsskala.

Individuelle Schädigung durch Drogen insgesamt gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt die individuelle Schädigung durch Drogen insgesamt, das heißt die gesundheitliche und soziale Gefährdung insgesamt von Konsumenten von Drogen. Das höchste Risiko gehen Konsumenten von Crack und Heroin ein. Crack liegt mit 2,63 Punkten auf Rang 1 der Gefährlichkeitsskala gefolgt von Heroin mit 2,53 Punkten. Auf Rang 3 liegt Tabak mit 2,20 Punkten gefolgt von Alkohol mit 2,16 Punkten. Cannabis liegt mit 1,19 Punkten auf Rang 12, LSD mit 0,55 Punkten auf dem vorletzten Rang und die Zauberpilze liegen mit 0,40 Punkten auf dem letzten Rang der Gefährlichkeitsskala.

Gesellschaftlichen Schaden durch Drogen insgesamt gemäß van Amsterdam et al. 2009

Die oben stehende Abbildung zeigt den gesellschaftlichen Schaden durch Drogen insgesamt. Auch hier liegt Crack auf Rang 1 (mit 2,41 Punkten). Auf Rang 2 folgt hier Alkohol mit 2,36 Punkten. Tabak liegt auf Rang 4 mit mit 2,27 Punkten, Cannabis auf Rang 11 mit 1,26 Punkten. LSD liegt hier auf dem vorletzten Rang mit 0,46 Punkten und die Zauberpilze liegen auch hier auf dem letzten Rang und erreichen gerade einmal 0,31 Punkte.

Cannabis Social Clubs legalisieren

Auf Grund der Studien von Nutt et al. (Imperial College London) und von van Amsterdam et al. 2009 (Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu, RIVM) gibt es keinen vernünftigen Grund, Cannabis Social Clubs in Deutschland nicht zu legalisieren. Cannabis Social Clubs organisieren für ihre Mitglieder den Anbau und die Verteilung psychoaktiver Hanfprodukte in kontrollierter Qualität jenseits von Schwarzmarktstrukturen. Gesundheitsgefährdende Streckmittel werden verhindert. Damit wird ein wichtiger Schritt in Richtung Gesundheitspolitik getan. Ökonomisch wird ein Abwandern von Gewinnen in dunkle Kanäle blockiert, da die Cannabis Social Clubs sich als non-profit Unternehmen verstehen (gemeinnützige Genossenschaften oder Vereine) und nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Cannabis Social Clubs sind in der Lage, sich in sozialer und kultureller Hinsicht zu engagieren und eine sinnvolle, nicht auf Abstinenz ausgerichtete Prävention zu unterstützen. Cannabis Social Clubs sind ein Modell, in dem transparent, kontrolliert und reguliert Hanf angebaut und verteilt wird und somit auf diese Weise die Sicherheitspolitik des Landes unterstützt wird. In Spanien gibt es bereits hunderte von Cannabis Social Clubs, die erfolgreich funktionieren.

Plädoyer für Magic Mushroom Social Clubs

Magic Mushroom Social Clubs sind ein Pendant zu Cannabis Social Clubs. Sie bieten die gleichen Vorteile wie Cannabis Social Clubs, sind jedoch nicht auf die Kultur von Pflanzen, sondern auf die Kultur von Zauberpilzen ausgerichtet. Das Züchten von Zauberpilzen verlangt mehr Sachkunde als das Züchten von Cannabispflanzen, insbesondere, da bei einigen Arbeitsgängen steril gearbeitet werden muss. Gemeinschaftlich gelingt dies oft besser, als wenn ein Laie beginnt, mit der Pilzzucht zu experimentieren. Da Zauberpilze als weniger gefährdend eingestuft werden als Cannabis und viele andere Drogen, ist auch die Schwelle für eine amtliche Genehmigung von Magic Mushroom Social Clubs wohl niedriger einzustufen als dies bei den Cannabis Social Clubs der Fall ist. Magic Mushroom Social Clubs sind auf jeden Fall geeignet, den Bedarf an neue psychoaktive Substanzen (NPS) zu senken. Dies ist vor allem deshalb relevant, weil die Risiken, die mit dem Konsum von NPS verbunden sind, bis dato kaum bekannt sind, jedoch von vielen Experten als unberechenbar hoch eingeschätzt werden.

Fazit

Die Einstufung als legale beziehungsweise illegale Droge korreliert kaum mit der Einschätzung der Gefährlichkeit, wie sie in den hier zitierten Studien dargelegt wurden. So figurieren beispielsweise Cannabis, Ecstasy, LSD und Zauberpilze weit unten auf dem Ranking der Gefährlichkeitsskalen im Unterschied zu Alkohol und Tabak, die als viel gefährlicher eingestuft werden. Nutzen, Schäden und Risiken beim Drogengebrauch sind multidimensional und erscheinen auf vielen Ebenen.

Es ist sozusagen unmöglich, unabhängig vom sozialen Kontext die Schädlichkeit einzelner Drogen einzuschätzen, zu quantifizieren und mit der Schädlichkeit anderer Drogen zu vergleichen. Somit sind Gefährlichkeitsabschätzungen immer auch von den Auswirkungen regulatorischer Kontrollsysteme beeinflusst. Angesichts der fehlenden wissenschaftlichen Basis und Evidenz für die gegenwärtige Drogenpolitik sind diese Bedenken zweitrangig und die Arbeiten von Nutt et al. sowie von van Amsterdam et al. bedeuten einen großen Schritt vorwärts in Richtung einer rationaleren Drogenpolitik.

Dies bedeutet, dass eher der Umgang mit psychoaktiven Substanzen als Grundlage für Gefährlichkeitsabschätzungen dienen müsste als die einzelnen Substanzen selbst. Weiter erscheint es zentral zu sein, die soziale Einbettung einer Substanz insofern zu beachten, als dass Ritualisierungen wohl weit mehr als Verbote die Kontrolle über den Konsum psychoaktiver Substanzen übernehmen können. In dem Sinne sollten in erzieherischen und präventiven Programmen Ritualisierungen als Konsummuster stärker als bisher gewichtet werden.

Vor dem Konsum von Psychedelika wie LSD oder Psilocybin (Wirkstoff der Zauberpilze) sollte man jedoch auf jeden Fall Fachinformationen für den nichtmedizinischen Gebrauch von Psychedelika genau studieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob man die Psychedelika für spirituelle, rituelle, hedonistische oder ludische Zwecke nutzen will.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/drogerie/2019/11/10/sind-drogen-gefaehrlich/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Vielen Dank für diesen klugen Artikel!
    Es ist schade, wie offensichtlich eindimensional der Umgang mit Drogen in unserer Gesellschaft ist. Dabei begegnen uns psychoaktive Substanzen immer wieder. Aber scheinbar ist es leichter, diese Erscheinungen durch Klischees zu filtern als sich ganz unspektakulär mit den Fakten zu konfrontieren. Und die weisen eben darauf hin, dass es keine wirklichen Fixpunkte in der Debatte gibt und man daher flexiblere, individuell abstimmbare Modelle braucht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert