Von Baran Korkmaz
Die taz musste sich heute vor dem Arbeitsgericht wegen Diskriminierung verantworten. In der Redaktion gibt es vier bis sechs Volontariatsstellen – und eine davon ist ausdrücklich einer Frau mit Migrationsgeschichte vorbehalten. Auf diese Stelle bewarben sich über 100 Frauen – und ein Mann. Als gebürtiger Ukrainer erfüllte er zwar das in der Ausschreibung genannte Kriterium der Migrationsgeschichte, aber nicht das des weiblichen Geschlechts. Die taz schickte ihm eine Ablehnung – und später den Hinweis auf eine andere Volontariats-Ausschreibung, die für Männer und Frauen offen steht. Doch der Student bewarb sich nicht um diese Stelle, sondern zog stattdessen vor Gericht.
„Mit Ihrer Stellenausschreibung diskriminieren Sie Millionen von Menschen“, sagte der Kläger heute in der Verhandlung.
Rechtlich argumentierte er mit § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, das sich gegen „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ richtet. Er verlangte eine Entschädigung in Höhe von drei Volontärs-Monatsgehältern, was rund 2.000 Euro entsprechen würde.
Die taz argumentierte mit § 5 des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzes. Das ist sozusagen eine Ausnahme zu § 1 und dort heißt es, eine unterschiedliche Behandlung sei „zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen“. Sprich: Wenn Frauen und Migranten in den Medien diskriminiert werden, dann darf dieser Nachteil durch eine gezielte Bevorzugung ausgeglichen werden. Dazu muss der Arbeitgeber allerdings nachweisen, dass eine solche Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt existiert.
Umstritten war vor Gericht, ob es ausreicht, wenn einerseits Frauen benachteiligt werden und andererseits Migranten. Oder ob die taz nachweisen muss, dass gerade Frauen mit Migrationshintergrung besonders stark benachteiligt werden.
Frauen sind in den Medien zumindest in den Führungsetagen deutlich benachteiligt. Auch Migranten werden von Verlagen und Sendern diskriminiert: Laut „Mediendienst Integration“ hat in Deutschland jeder fünfte Einwohner einen Migrationshintergrund, aber nur jeder fünfzigste Journalist. Dort gibt aber keine nach Geschlecht differenzierten Zahlen. Der Richter hat der taz heute in der Verhandlung aufgetragen, dazu Untersuchungen vorzulegen – am 5. Juni wird die Verhandlung fortgesetzt.
Nach der Verhandlung gab es noch eine Plauderei im Gerichtssaal. Es gebe selten solche Klagen wegen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, sagte der Richter. Die Arbeitgeber wüssten, wie man Stellenausschreibungen so formuliert, dass sie nicht in den Verdacht kommen, damit gegen das Gesetz zu verstoßen. „Als Arbeitgeber hätte ich das nie so gemacht“, sagte der Richter über die taz-Ausschreibung.
Andere Unternehmen schreiben in ihre Stellenausschreibungen, dass zum Beispiel Frauen oder Behinderte „bevorzugt eingestellt“ werden oder dass deren Bewerbung „besonders willkommen“ ist. Der taz-Justiziar entgegnete: „Wir wollten aber eine deutliche Haltung zeigen.“
Ob diese Haltung erlaubt ist, wird dann das Gericht zu entscheiden haben.
Das hier ist eine statistische Größe. Daraus lässt sich mitnichten eine Benachteiligung und schon gar keine „strukturelle“ ableiten.
Aber Wahrhaftigkeit kann bei diesem Komplex nicht mehr erwartet werden. Ideologie vernebelt den Blick. Auch Frauen sind davor nicht geschützt. Warum sollten sie auch. Sie sind ebenso Menschen, und keine Götter.