Nennen? Oder nicht nennen? Die Berichterstattung über den am Dienstag begonnenen Prozess zum Anschlag von Halle hat auch in der taz eine Diskussion ausgelöst. Soll oder muss sogar der Name des Attentäters in den Texten stehen – auch, um ihn zur Verantwortung ziehen zu können?
Oder ganz im Gegenteil: Sollte man ihn verschweigen – schon um die Opfer zu schützen? Früher ging es bei dieser Frage vor allem um den Täterschutz. Laut Pressekodex ist aufgrund der Unschuldsvermutung Zurückhaltung geboten – außer bei Taten von überragender Bedeutung. Die ist in Halle zweifelsohne gegeben.
Was aber, wenn ein Täter mit seiner Tat bekannt werden will? Was, wenn sich Nachahmer angestiftet fühlen könnten? Nach dem Anschlag 2019 in Christchurch hatte Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern erklärt, den Namen des Täters zu verschweigen, um seinen Wunsch nach Berühmtheit nicht zu erfüllen.
Sollte man den Namen verschweigen?
Sie nannte ausschließlich die Opfer beim Namen. Beim Prozess von Halle forderten Opfervertreter nun, dem Täter keine Bühne zu bieten und auf die Namensnennung zu verzichten. Bei der Redaktionskonferenz der taz am 22. Juli wurde die Frage lange diskutiert. Einige plädierten für, andere gegen die Namensnennung.
Einige AutorInnen haben den Täter in ihren Texten benannt. Die Autorin des Texts der Ausgabe vom 22. Juli hat darauf verzichtet. Es ist etwas in Bewegung geraten. Die Redaktion wird sich mit ExpertInnen und Betroffenen beraten, um eine generelle Linie für die taz zu finden.
Von Gereon Asmuth, Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Themenchef und gelegentlich Seite-1-Redakteur.
warum ist die tat «von überragender bedeutung»?