von 24.01.2012

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Von Sabine Mohamed

Die letzte Workshopeinheit im Konferenzraum der taz fand am vergangenen Sonntag statt – eine Rückschau:

Kritik gibt’s Gratis. Kritik sollte kein Problem sein. Bei uns schien es auch so. Vielleicht weil die Zeit ihr übriges tat. Denn vor der Kritik war kaum Raum für Gedankenausuferungen einer wie auch immer gearteten Kritik am Baby. Die Texte mussten produziert werden. Das Zeitkorsett ziemlich eng geschnürt. Das mag kritisch klingen. War es auch. Immerhin: alle Texte waren redigiert und eingespeist in die Maske. Aber die Hände von taz.de Redakteurin Franziska Seyboldt erreichten sie kurz vor knapp. Eigentlich kein Problem, wenn Ihre Aufgabe nicht die der Seiten- und Textkritik gewesen wäre.

Trotzdem sitzen wir mit erwartungsvollen Augenpaaren auf den Stühlen. Wer weiß, vielleicht sitzt auch die Kritik. Auf dem Tisch unserer Kritikerin stapeln sich zehn von ungefähr 20 Texten. Der Rest vermutlich im Laufwerk A,B,C,D, et cetera der taz-Rechner. Mehr ging leider nicht, sagt sie. Einen Blick auf unsere Seite, die als Beilage in der Montagsausgabe erscheinen soll, hat sie geworfen. Geworfen, weil es Verzug mit der Produktion gab. Ausgerechnet heute: Probleme mit dem Provider und andere technische Komplikationen, die ich selbst nicht verstand. Ein wenig verflixt war das schon. Franziska sagt zur Seite: „Optisch ganz gut“.

Kritik austeilen geht gut. Kritik bekommen geht auch. Mit Kritik umgehen? Das hängt dann doch wieder von einem Selbst und an der Form der Kritik ab. Die Kritik, um die es hier gehen soll, das war zumindest mein Gedanke, richtet sich an uns, die Teilnehmenden. Aber es kommt anders. Vorerst.

Eine der ersten Fragen, machte sich das Thema zum Thema. Warum denn „Internet-Hauptstadt Berlin“ gewählt wurde, fragt die Kritikerin, blickt in unsere Runde. Damit fragt sie nach der Urheberschaft des Themas. Einer von den Mitverantwortlichen sitzt direkt neben ihr, taz.de Chef Matthias Urbach. Er erklärt knapp die Genese. Ok. Andersrum. „Wart ihr denn mit dem Thema zufrieden? Sagt einfach mal“, schlägt sie vor.
Die meisten von uns, ich eingeschlossen, mussten sich erst einmal durchs Netz googlen, um das Thema zu verstehen. Und wie bereits im Editorial unserer Seite festgestellt wurde: Hier twittert niemand. Nur wenige im Besitz eines Smart Phone. Nicht wirklich repräsentativ, oder etwa doch?

Das vorgegebene Thema am ersten Tag des Workshops zu ändern, die Wahl, wir hatten sie. Vor Ort lockte die Aussicht das Thema tatsächlich zu ändern, vor allem sich auf ein neues zu einigen, nicht sonderlich. Also abgelehnt. Alles bleibt wie es ist. Wir wollten einfach loslegen. Das mit dem „einfach“, das steht auf einem anderen Blatt. Berlin, eine Internet-Hauptstadt? Sagt wer? Berechtigte Fragen, wir hätten sie stellen sollen. Taten wir. Wir haben einen Film (Knotenpunkt; allgemein zum Netz) dazu. Einen kritischen Text etwa im Post-Privacy Kommentar, ihn gab es ja auch. Zugegeben, irgendwie fehlte doch die kritische Auseinandersetzung in verschrifteter Form.

Nächster Punkt: Die Anzahl der Start-ups, die in Form von Bericht und Portraits verfasst wurden. Sie sagt, es waren viele. Stimmt auch. Warum gibt es keinen allgemeinen Text zu den Start-ups, fragt die Kritikerin. Wie viel gibt es davon in Berlin, seit wann, und warum? Das habe ihr schon etwas gefehlt. Wo bleibt eine kritische Perspektive? Auch bei den einzelnen Texten: Warum gibt es eben jenes Start-up? Bei einigen fehle ihr so gar eine tiefreichendere Hintergrundinformation. Was macht das Unternehmen so besonders? Schön, dass es Start-ups gibt, sagt sie. Aber wo, bleibe denn eine Zusammenschau? Das wäre schön gewesen. Was bringt mir das?

Sie sei gestolpert. Gestolpert über den Begriff „Netzgemeinde“, das sei irgendwie pauschal. Die in der print schreiben vielleicht so, aber in der online Redaktion passiere dies nicht so häufig. Was sie denn sagen würde, anstatt „Netzgemeinde“? Sie überlegt: „user“. Und damit ging dann auch ein weiteres Feld auf: moderner Sprachgebrauch. Heißt es ein App/eine App? Das blog/der blog?

Und dann sagt sie: „Mir fehlt die Metaebene.“ Jetzt greift Kritikerin Nr. 2, Elisabeth Schmidt, ein. Sie hat wohl so ziemlich alle Texte von uns gelesen, teilweise mehrmals redigiert. Sie sagt, die Texte seien stilistisch schön, bei jedem war etwas zu entdecken. Was Eigenes, Kreatives, Sprachliches und in den Texten, die es sich nicht zum Thema machten, fanden sich kritische, philosophische Gedanken/Ansätze.

Aber auch Kritikerin Nr. 1 fand die Texte schön, einige davon sprachlich sehr gelungen etwa den von Hannah, der zeitgleich gut über das nachhaltige Netz zu informieren wusste. Aber Kritik muss sein. Sie war auch gut. Nur reichte es nicht für alle Texte. Die Texte sind vielseitig, interessant und spannend geworden. Jeder von ihnen hätte eine Kritik verdient.

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https://blogs.taz.de/hausblog/im-hagelsturm-der-kritik-%e2%80%93-stellt-sich-die-frage-ob-und-wenn-an-wen/

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kommentare

  • @Sabine Aha, danke für den Hinweis. Ich neige ja zu Unterspezifikation, daher wurde vielleicht nicht ganz klar, dass meine Ausführungen unabhängig von der Welt waren, die Ausgangspunkt für Ihren Text war, sondern sich nur auf den Text bezogen, der am Ende herauskam. Aber gut: da es einen Bericht und mehrere Portraits gab, hätten Sie einheitlich einen generischen Singular benutzen können „in Form von Bericht und Portrait“ oder auch jede andere grammatikalisch korrekte Form, z.B. „in Form eines Berichtes und mehrerer Portraits“. Wie dem auch sei: viel Erfolg beim Dranbleiben! Das ist nicht böse gemeint, aber es wäre gut, wenn Sie an sich arbeiten. Gerade weil es in (Online-)Redaktionen keine Lektoren gibt, die Ihnen behilflich sein können.

  • Vielen Dank für die konstruktive, wichtige Kritik/Bemerkungen/Vorschläge zu meinem Text!

    Meine Aufgabe war es über die letzte Workshopeinheit einen Blogbeitrag zu verfassen. Thema der Einheit dort: Blattkritik.
    Hier, in den Kommentaren, gab es mehr Kritik. Teilweise ziemlich destruktiv. Immerhin hat sich meine These bewahrheitet: Kritik gibt’s Gratis.

    Beste Grüße
    Sabine Mohamed

    @monochromata: Es gab übrigens nur einen Bericht (Sg.), aber dafür mehrere Portraits (Pl.) über Start-ups. Darüber hinaus noch mehr Texte rund ums Netz (in Berlin), aber lest selbst: http://www.taz.de/Internet-Hauptstadt-Berlin/!t186/

  • @ Awes0me

    Wieso schreiben Sie hier Kommentare, gibt es keine wichtigeren Dinge im Leben, denen Sie sich widmen könnten?
    Den Blogeintrag schlicht für sinnentlehrt zu erklären, das geht nun wirklich zu weit und an dessen inhaltlichen Darlegungen völlig vorbei. Sie suchen wohl Streit mit solcher unangemessenen Nörgelei?
    An einem Punkt von geradezu philosophischer Dialektik ist Ihnen aber Recht zu geben: was fehlerbehaftet ist, ist richtig, Fehlerbeseitigung ist fehlerhaft.

  • Bitte, liebe taz, bringt weiterhin ganz viele Blogeinträge mit sinnentleerten und werbenden Inhalten samt fehlerbehafteten Ausdrucksweisen!
    Denn es ist äußerst beruhigend zu wissen, dass die taz den ewig-nörgelnden Lesern mit Tendenz zur Korinthenkackerei sowie Streitsucht immer wieder genug Aufreg-Potential bietet! Außerdem, so frage ich mich, was bloß passieren würde, wenn sich jene genannten Personen (oder ist es gar hier nur eine? :D) sich den wirklich wichtigen Dingen im Leben widmen würden?

  • Liebe monochromata,

    ich finde, dass Sie Recht haben und möchte Sie darin bestärken, das Handwerkszeug für Ihren Beruf ernster zu nehmen, als die Artikelschreiberin offenbar bereit oder in der lage ist, es zu tun.

    Ich gebe Ihnen aber zwei Ratschläge, obwohl man das eigentlich nicht tun sollte:

    1. Eignen Sie sich die Regeln des richtigen und guten Schreibens an, aber setzen Sie nicht unbedingt Kritikfähigkeit voraus bei Leuten, die lange Aufsätze über Kritik schreiben, aber die elementaren Regeln der Schriftsprache nicht beherrschen oder beherzigen. was erwarten Sie, dass Frau Mohamed in die Volkshochschule geht, um sich dort den Unterschied zwischen Satzgliedern und Gliedsätzen beibringen zu lassen, samt den zugehörigen Zeichensetzungsregeln? Solche Fehler macht man nicht aus Flüchtigkeit, sondern aus Unkenntnis.

    2. Beschränken Sie sich keinesfalls auf das Elementare, sondern üben Sie sich tunlichst in fundamentaler und differenzierter Sprachkritik, welche die Freunde der Einfachheit nicht mehr verstehen, die ihr umgangssprachliches Gestammel für korrektes Schriftdeutsch halten! Die Früchte Ihrer berechtigten Kritik ernten Sie sonst sogleich von Leuten wie Hawa. Die kreisen um sich, halten ihr ganz persönliches Geschmacksurteil („Habe den Text sehr genossen“) für ein Qualitätskriterium, und da sie selbst nichts Besseres als „nichts besseres“ zu schreiben wissen, machen nicht sie die Fehler, sondern die als „Kleinkacker“ diffamierten Kritiker.

    So tief müssen Sie sich doch nicht herablassen, sich so jemandem gegenüber auch noch zu rechtfertigen! Und wenn jemand anders gnädig schreibt:
    „dass angehende Journalisten ihren eigenen Stil finden und sich im Folgenden darin, inhaltlich und im Rahmen des sprachlichen, ausbreiten können.“, dann hüten Sie sich tunlichst davor, sich in solchem „Rahmen des sprachlichen“ (!) auszubreiten.

    Aber auch und erst recht hier gilt: Erwarten Sie dann bitte nicht, dass ein Selbst, das solche kruden Sätze schreibt, wie: „Das hängt dann doch wieder von einem Selbst und an der Form der Kritik ab.“, eine differenziertere Sprachkritik auch nur versteht! Sie sind aber eine ausgezeichnete Übung für die eigene Vervollkommnung.

    Ich würde z.B. einen Artikel mit einer solchen Nonsens-Überschrift erst gar nicht lesen, wenn ich nicht annehmen könnte, dass der Artikel von jemand anderem stammt.

    Der von Ihnen angezeigte Satz enthält z.B. wahrlich mehr an Tücken als nur einen peinlichen, aber vergleichsweise vernachlässigbaren Kommafehler.

    „Eine der ersten Fragen machte sich das Thema an sich zum Thema.”

    a) Eine Frage macht (sich) nichts zum Thema, sondern eine Frage hat etwas zum Thema, das der Fragende zum Thema macht.
    b) „etwas zum Thema machen“ ist nicht reflexiv. Das „sich“ ist hier deplatziert.
    c) Es ging eben gerade nicht um das Thema „an sich“, das ist hier als reine Floskel deplatziert, sondern um ein konkretes Thema (Internethauptstadt). Das Thema an sich zu thematisieren hieße, über die Bedeutung von „Thema“ zu reflektieren.

    Das könnte man so den ganzen Text über exerzieren, da würde man allemal fündig. Allein die kritische Analyse dieses einen Satzes aber erhellt, dass der Gestus des Telegrammstils reine Staffage ist. Von den grammatischen und syntaktischen Fehlern und Holprigkeiten bereinigt, könnte man den Sätzen getrost die fehlenden Prädikate hinzufügen und man bekäme einen flüssig, gut lesbaren und prägnanten Text, der journalistischen Qualitätsansprüchen genügte.

    Hier einige Vorschläge zu Übungssätzen:

    „Einer von den Mitverantwortlichen“
    – Einer der Miverantwortlichen

    „Hier twittert niemand. Nur wenige im Besitz eines Smart Phone. Nicht wirklich repräsentativ, oder etwa doch?“
    – Wer oder was ist nicht repräsentativ, niemand twittert, nur wenige besitzen SmartPhone? Wer soll die Frage „oder etwa doch?“ beantworten?

    „Einen kritischen Text etwa im Post-Privacy Kommentar, ihn gab es ja auch“
    – Einen kritischen Text, (!) etwa im Post-Privacy (wat ’n dütt?) Kommentar, gab es auch.

    „in verschrifteter Form“
    „verschriftet“? Was für eine verblödete Form, in „schriftlicher Form“ heißt das.

    und so weiter ad absurdum.

  • > Heißt es ein App/eine App?

    Erstmal heißt es allgemein engl. Application im Sinne von einem Stück Software, welches zu Anwendung kommt. Wenn man es denn eindeutschen will, dann DIE Application.
    Wichtig: Application meint ausdrücklich JEGLICHE Art von Anwendungsprogrammen, die bsw. unter Linux, Windows, Unix, MacOS, Android oder sonstigen Systemen laufen können. Also ALLE Anwendungsprogramme.

    Daß heutzutage offenbar nur noch an IPhones oder IPads gedacht wird, wenn jemand „App“ ausspricht. Nun ja, das Marketing von Apple ist halt nicht das Schlechteste …

    Ich persönlich würde mich da nicht auf eine Marke reduzieren lassen. Für mich sind nach wie vor alle Programme auf allen Plattformen Applikationen im Sinne von Anwendungsprogrammen.

    mal auf die Kommentare achten :-) :
    http://www.iphone-ticker.de/aus-dem-patent-und-markenamt-app-und-apps-in-wort-und-bildmarken-18247/

    > Das blog/der blog?

    DAS (We-)blog(-buch)!

  • Danke Frau Mohamed für diesen sprachlich und inhaltlich sehr bereichernden Text! Ich finde Sie haben hier auf einer sprachlichen Ebene kunstvoll eine Verbindung zu dem eigentlichen Thema geschlagen.

    Weiter so! Die Welt braucht Journalisten, die nicht nur kritische Texte verfassen können, sondern sich auch wortspielerisch an eine bedeutungsträchtige Metaebene annähren können!

    Den Einwand zur Rechtschreibung finde ich zwar berechtigt, jedoch kommt es in erster Linie nicht darauf an (soll aber trotzdem nicht aus den Augen verloren werden), vielmehr scheint es mir wichtiger zu sein, dass angehende Journalisten ihren eigenen Stil finden und sich im Folgenden darin, inhaltlich und im Rahmen des sprachlichen, ausbreiten können.

    Also: Bleiben Sie dran!

  • @Hawa Das tut mir leid, dass ich Sie betrübe. Sie können sicher sein, dass ich durchaus noch anderes zu tun habe, als (angehende) Journalisten darauf hinzuweisen, was an den Früchten ihrer Arbeit verbessert werden kann und sollte. Statt meine Kritik emotional zu verarbeiten, kann man sie auch rational nehmen: sollte ein Autor, der in der Lage ist, spannende Artikel zu schreiben, nicht auch das dazu notwendige Handwerkszeug – die Sprache – beherrschen?

    Ich denke, es ist richtig, wenn einige Konsumenten Produzenten auf Fehler in ihrer Arbeit hinweisen. Sonst würde ich vermuten, dass jemand, der immer nur liest, dass sein Texte genossen wurde, irgendwann denkt, er könne nichts mehr an seiner Arbeit verbessern. Welche Qualitätsansprüche gelten, bestimmen natürlich nicht der Autor oder ich. Mit Posts dieser Art von mir will ich aber meinen Teil in der Aushandlung von Qualitätsansprüchen beanspruchen und für höhere Anforderungen an Textqualität plädieren.

  • Habe den Text sehr genossen!

    @ monochromata: Sie scheinen nichts besseres zu tun zu haben als diese Kleinkackerei, das finde ich richtig traurig.

  • „Trotzdem, wir sitzen mit erwartungsvollen Augenpaaren auf den Stühlen. Wer weiß, vielleicht sitzt auch die Kritik.“

    „Eine der ersten Fragen, machte sich das Thema an sich zum Thema.“

    Vielleicht könnte die Autorin weniger an anstrengenden Wortspielen feilen und mehr auf die Zeichensetzung achten. Das schließt auch die schon von einem anderen Kommentator unter einem anderen Hausblog-Eintrag gewünschte Vermeidung von Deppenleerzeichen ein.

    „Nächster Punkt. Die Anzahl der Start-ups, die in Form von Bericht und Portraits verfasst wurden.“

    Man kann sich zwar erschließen, was mit diesem Satz ausgedrückt werden soll. Aber das Lesen tut schon sehr weh: wie wäre es mit einem Doppelpunkt nach „Nächster Punkt“, der einheitlichen Verwendung von Singular- bzw. Pluralformen statt „Bericht und Portraits“ und der Aussage, dass es sich um Berichte und Portraits über Startups handelt, statt um verfasste Startups?

    Es wäre schön, wenn die Workshopteilnehmer für sich herausfinden, dass ein Texte schreibender Journalist nicht nur interessante Texte schreiben, sondern auch (nahezu) fehlerfrei schreiben können sollte.

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