Die deutsche Ausgabe von Le Monde diplomatique (LMd), die seit 1995 im taz-Verlag hergestellt wird, hat jüngst zum zweiten Mal seit ihrer Gründung ihre Leser:innen befragt.
Wir glaubten lange, mit einer solchen Umfrage nicht viel anfangen zu können. Schließlich sind wir im Gegensatz zu den taz-Kolleg:innen keine Blattmacher:innen, sondern reproduzieren größtenteils eine bereits fertige Zeitung, die in Paris kuratiert wird. Zu den Eigenheiten der Berliner LMd gehören ein eigenes Logo und Layout, die Kunst des Monats und der Comic auf der letzten Seite, den seit über 15 Jahren Karoline Bofinger betreut, die außerdem im Wechsel mit Christiane Voß für das Seitenlayout der Monatszeitung verantwortlich ist. Beide gehören auch zum Team der taz.
Gute Rücklaufquote von 33 Prozent unter den Print-Abonnent:innen
Im Herbst 2020 haben 3200 Leser:innen unsere Fragen beantwortet, die von Professor Dr. Bernd Blöbaum vom Institut für Kommunikationswissenschaften an der Uni Münster und seiner Mitarbeiterin Johanna Klapproth ausgewertet wurden. Bernd Blöbaum, der seit 1992 das Publikum der taz erforscht und der 1997 auch die erste LMd-Umfrage begleitet hat, freute sich besonders über die gute Rücklaufquote von 33 Prozent unter den Print-Abonnent:innen.
Wie sieht nun, bezogen auf das reine Print-Abo, der typische LMd-Leser aus und was unterscheidet ihn von der typischen taz-Leserin? Die Leserschaft der taz ist eindeutig weiblicher (40,9 Prozent Frauenanteil gegenüber 27,3 Prozent bei LMd), dafür ist die der LMd jünger (durchschnittlich 45 Jahre gegenüber 59 Jahre). In der Altersgruppe zwischen 30 bis 39 ist der Unterschied sogar noch krasser: 30 Prozent der LMd-Abonnent:innen sind unter 40, aber nur 4,5 Prozent der taz-Abonnent:innen.
Die Leserschaft der taz ist eindeutig weiblicher, die der LMd urbaner
Auch das Wahlverhalten unterscheidet sich deutlich. Während taz-Leser:innen zu 64,2 Prozent eine deutliche Präferenz für Bündnis 90/Die Grünen angeben, ist bei den Print-Abonnent:innen von LMd das Verhältnis zwischen Linken (32,4 Prozent) und Bündnis 90/Die Grünen (33,3 Prozent) nahezu ausgeglichen. Und unter den Kiosk-Käuferinnen von LMd wählen sogar 40 Prozent die Linken.
Außerdem ist die LMd-Leserschaft ein bisschen urbaner: 44,9 Prozent leben in Städten mit über 500.000 Einwohnern, bei der taz sind es 35,2 Prozent. Bedenkenswert für den taz-Verlag dürfte noch dieses Umfrageergebnis sein: Über die Hälfte der LMd-Print-Abonnent:innen zwischen 30 und 49 Jahren haben Interesse an einem kombinierten Abo mit der taz am Wochenende.
Von Dorothee D’Aprile, seit 2003 Mitglied der Redaktion von Le Monde Diplomatique, Berlin.