von 28.09.2012

taz Hausblog

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In einem Artikel auf taz.de berichteten wir über ein Verbrechen. Mehrere Leser haben dann über die Kommentarfunktion über den Migrationshintergrund und die Religionszugehörigkeit des Tatverdächtigen spekuliert. Unser Autor hatte in dem Artikgel genau darauf verzichtet, da er keinen Zusammenhang zwischen der Herkunft und der Religion des Tatverdächtigen sowie der Tat sieht. Dies entspricht auch Richtlinie 12.1 des Pressekodex: „In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“ Im Pressekodex heißt es ausdrücklich, dass die Publizistischen Grundsätze auch für Leserkommentare gelten. Dennoch wurden die Leserkommentare zunächst von der Online-Redaktion freigeschaltet, die dazu jetzt wie folgt Stellung nimmt:

Liebe taz-FreundInnen,

vielen Dank für eure Kommentare und Hinweise. Wir sind selbst über das Ausmaß an Häme und menschenverachtender Kommentare betroffen.

Es ist auch nicht damit zu entschuldigen, dass wir immer wieder darauf hinweisen, dass wir zu wenig Personal haben, um dieses Forum angemessen zu betreuen.

Die einzige derzeitige Alternative ist, die Kommentarfunktion abzuschalten. Aber das käme einem Einknicken vor sogenannten Trollen und Pöblern gleich – Menschen, die kein Interesse am Dialog haben, sondern mit populistischen und hetzerischen Kommentaren rassistische und aggressive Stimmung verbreiten.

Beim Freischalten von Kommentaren bewegen wir uns oft auf einem Drahtseil und müssen zwischen Meinung und Beleidigung, eigener Erfahrung und rassistischer Stimmungsmache unterscheiden. Es gibt viele Fälle, bei denen die Bewertungen dazu selbst bei uns auseinandergehen. Nicht so bei den Kommentaren zu diesem Artikel. Sie freizuschalten, waren schlicht Fehler unsererseits und wir bitten, diese zu entschuldigen.

Nur zu oft sind es Leute aus rechten Foren, die sich bei entsprechender Nachrichtenlage auf unserer und anderer Seiten versammeln. Das führt zu einer unsäglichen Atmosphäre, die nicht den Geist unserer Leserschaft widerspiegelt, sondern diese nur irritiert und Distanz schafft.

Aber lässt sich das belegen? Nein, das ist viel mehr eine individuelle Interpretation der Sachlage. Es erfordert eine intensive Betreuung und Moderation und ein konsequentes Löschen von den angesprochenen Kommentaren – auch wenn man sich dann mit der allseits beliebten Antwort konfrontiert sieht: Zensur.

Wir arbeiten an einer Lösung die Kommentarfunktion zu verbessern und hoffen, dass sich der Hauptteil unserer Leserschaft nicht abwendet. Denn wir gehen davon aus, dass nur ein sehr kleiner Teil der Kommentierenden für die aggressive Stimmung und die meiste Arbeit verantwortlich ist.

Uns ist der Dialog mit unseren LeserInnen und eine pluralistische Debatte wichtig, aber natürlich müssen Grenzen gewahrt werden. Der Diskurs innerhalb der taz und ihrer Leserschaft war immer intensiv und keine andere Zeitung in Deutschland hat so sehr von der Unterstützung ihrer LeserInnen und GenossInnen profitiert.

Wir wollen und brauchen den Dialog, aber wir brauchen auch euer Engagement gegen die rechten Trolle, die unsere Seite für ihren Dreck missbrauchen wollen.

Eure taz.de-Redaktion

Siehe auch: Eine Typologie der Trolle von taz.de

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https://blogs.taz.de/hausblog/rassistische-kommentare-wir-bitten-um-entschuldigung/

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