vonhausblog 12.07.2014

taz Hausblog

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taz-klimakonzept2Menschen regulieren ihre Körpertemperatur, indem sie schwitzen: Wenn Flüssigkeit verdunstet, hat das einen kühlenden Effekt. Mit dem gleichen thermodynamischen Effekt wird der taz-Neubau im Sommer gekühlt. Der Sieger-Entwurf des Architektenbüros E2A sieht vor, dass die Kälte für die Raumkühlung nicht mit einer Kältemaschine erzeugt wird, sondern mit hocheffizienten Nasskühltürmen im Keller, in denen Regenwasser vom taz-Dach verdampft. Mit dieser Art von Kälteerzeugung soll eine Leistungszahl (COP) von 30-80 erreicht werden, was gegenüber einem konventionellen System mindestens um den Faktor 10 besser ist. Für einzelne extreme Hitzetage gibt es einen zusätzlichen Kältespeicher unter dem Fundament.

Die Kälte wird in Form von gekühltem Wasser auf die Etagen transportiert, die Luft wird dann mit Umluftklimageräten gekühlt, die im Boden versenkt sind. Zur Raumkühlung auf 25 Grad Lufttemperatur im Sommer reicht es aus, das Wasser auf 19 Grad zu kühlen. Dieses hohe Temperaturniveau des Wassers bringt entscheidende Vorteile mit sich: Einerseits besteht keine Gefahr von Kondensation, wodurch die Kühlleistung auch an schwülen Sommertagen im vollen Umfang zur Verfügung steht. Zudem kann auf die Dämmung der Leitungen verzichtet werden, was Platz und insbesondere Investitionskosten spart. Zusätzlich schafft das die Voraussetzung für eine hohe Energieeffizienz bei der Kälteerzeugung.

Im Winter werden die Räume mit denselben Umluftklimageräten geheizt. Derselbe hocheffiziente Wärmetauscher ermöglicht sehr tiefe Systemtemperaturen mit 26 bis 28 Grad Vorlauf, was wiederum optimale Voraussetzungen für die Abwärmenutzung schafft. Das Change-over-System verhindert zudem sehr einfach und wirkungsvoll potenzielle Energievernichtung, die sich bei gleichzeitigem Heizen und Kühlen ergeben würde (und dies ohne aufwändige Regulierungen).

taz-klimakonzeptDie Regulierung der Kühlung/Heizung erfolgt mittels einfacher Ein/Aus-Steuerung der Ventilatoren. Für die Zirkulation des Wassers sind keinerlei Regelorgane/Ventile notwendig. Der Sollwert der Heizung bzw. Kühlung kann bei jedem Gerät individuell vom Nutzer verändert werden. Die vorgesehenen Ventilatoren sind hocheffizient (unter 3 Watt pro Gerät), geräuscharm, wartungsfrei und verlässlich (garantierte störungsfreie Betriebsdauer über 100.000 Stunden, also für über 25 Jahre). Da die Luft weit oben im Raum und damit staubarm angesaugt wird, werden keine internen Filter benötigt, die halbjährlich gewechselt werden müssten. Die Reinigung der Wärmetauscher ist mit normalen Staubsaugern möglich und wird je nach Bodenbelag nur alle zwei bis drei Jahre notwendig.

Abwärmenutzung

Durch den sorgfältigen und konsequenten Umgang mit den Systemtemperaturen zur Raumheizung und Kühlung sowie der direkten Wasserkühlung der Server ergeben sich optimale Bedingungen zur maximalen Nutzung von energetischen Synergien (Heizen/Kühlen). Somit werden die verschiedenen Energiebedarfe zum Heizen und Kühlen, die in Folge des teilweise ganzjährigen Kühlungsbedarfs oft auch gleichzeitig auftreten werden, gegenseitig genutzt.

Natürliche Lüftung mit Wärmerückgewinnung

Foto: E2A
Ansicht vom Besselpark (Foto: E2A)

Zur Lüftung (und um auf den umlaufenden Balkon zu kommen) kann die Fassade geöffnet werden. Um die Wärmeverluste im Winter durch das Lüften zu senken, werden zusätzliche Lüftungsklappen im Innern des Gebäudes vorgesehen.

Das Treppenhaus entspricht dem Zuluftkanal, der Frischluft von unten in die verschiedenen Geschosse fördert. Entlang der zentralen Steigzonen befinden sich zudem zwei natürliche Abluftkamine, welche die Abluft über Dach führen. Durch den Kamineffekt wird so eine zentrale natürliche Grundlüftung ermöglicht. Die Wärmerückgewinnung erfolgt mittels eines Kreislauf-Verbundsystems (KVS).

Auf den Geschossen erfolgt die Luftverteilung ebenfalls natürlich (offene Raumvolumina). Dort, wo aus akustischen Gründen innenliegende Räume vorgesehen sind, werden diese durch Ventilatoren aus den umliegenden Räumen belüftet. Dadurch werden die innenliegenden Räume lufttechnisch mit dem Gesamtvolumen der jeweiligen Geschosse vereint. Die Lüftungssysteme weisen dabei hohe Schalldämmwerte und geringe Druckverluste auf. Entsprechend klein ist der Strombedarf (unter 5 Watt). Die Raumbelüftung wird gemeinsam mit dem Licht ein- und ausgeschaltet.

Fazit

Den Architekten war es wichtig, Architektur, Fassade und Gebäudetechnik gut aufeinander abzustimmen. Die hohe Energieeffizienz werde mit einfacher Technik erreicht. Die Architekten haben zudem den Grundsatz verfolgt, den Nutzern viel individuelle Einflussmöglichkeiten zu geben, keine Wärme ungenutzt entweichen zu lassen und die Lüftung und Kühlung möglichst natürlich zu gestalten.

Die Architekten folgten beim Gebäude- und Technikkonzept dem Grundsatz, dass das Gebäude selbst den Hauptanteil der „Arbeit“ verrichtet und die Technik nur noch die „Feinjustierung“ vornimmt. Dadurch möchten sie ein fehlertolerantes Gebäude schaffen. Die Heiz- und Kühlperioden sollen durch Gebäudehülle sowie die thermische Speicherfähigkeit der Tragstruktur möglichst kurz gehalten werden, so dass es zwischen diesen Perioden oft längere „energiefreie“ Übergangszeiten geben soll. Die offenen Raumstrukturen gleichen zudem etwaige klimatische Unterschiede zwischen den verschiedenen Fassadenausrichtungen natürlich aus. Durch die Reduktion der thermischen Lasten sollen die Energieumsätze in den Räumen auf ein Minimum reduziert werden.

Das Ziel der Architekten ist, einen Energiestandard zu erreichen, der mit dem eines Passivhauses vergleichbar ist. Der durch die hohe Energieeffizienz bei Heizung, Lüftung und Kühlung erreichte geringe Stromverbrauch für die Gebäudetechnik kann durch die auf dem Dach vorgesehene 200 Quadratmeter große Photovoltaikanlage gedeckt werden. Durch diese ausgeglichene Jahresbilanz soll seitens der Gebäudetechnik ein CO2-freier Betrieb erreicht werden.

Um darüber hinaus auch ökologisches Verhalten der Mitarbeiter und Gäste zu unterstützen, gibt es in der Tiefgarage keine Stellplätze für Autos, sondern nur für Fahrräder.

Damit wir dieses Haus bauen können, benötigen wir Ihre finanzielle Unterstützung! Mit 500 Euro können Sie Mitglied der taz-Genossenschaft werden, zahlbar auch in 20 Raten. Fordern Sie jetzt die Info-Broschüre über die taz-Genossenschaft an oder stocken Sie Ihre Anteile auf (Formular als PDF).

Siehe auch

Mehr Informationen über das Hausbauprojekt
– Die Pläne des Architektenbüros als PDF
Entwicklungskonzept des Bezirks (PDF) für das “Kunst- und Kreativquartier” rund um den neuen taz-Standort

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https://blogs.taz.de/hausblog/so-oekologisch-wird-das-neue-taz-haus/

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kommentare

  • Sehr geehrte Damen und Herren,
    bitte senden Sie mir die Berechnungen der Energetischen Kennwerte Ihres neuen Gebäudes zu. Die Formulierung “…Energiestandard, der mit einem PH vergleichbar ist…” suggeriert eine energetische Performance, die nur mit entsprechenden Zahlen zu verifizieren wäre, die ich aber bisher nirgends finden konnte. Wichtig wären Kennwerte zum (End)Energiebedarf für Heizung und Kühlung und natürlich für Beleuchtung und Bürokommunikation.
    Bevor ich solche belastbaren Zahlen nicht gesehen habe sehe ich mich außer Stande mich an diesem Gebäude finanziell zu beteiligen!

    Bitte lassen Sie sich auch im eigenen Interesse eine entsprechende transparente Berechnung (Energieausweis) vorlegen, bevor Sie Entscheidungen treffen.
    mfg B. Kaufmann

    • Es gibt keinen Energieausweis und keine Berechnung der energetischen Kennwerte. Ein PH-Energiestandard ist das Ziel, das die Architekten sich gegeben haben. Auch für uns war die energetische Optimierung des Gebäudes eines der Kriterien bei unserer Auswahl (alle Kriterien: http://www.competitionline.com/de/taz).

      Von den neun Phasen der Leistung, die Architekten erbringen, sind wir derzeit bei Phase drei: https://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsphasen_nach_HOAI

      Eine seriöse Berechnung irgendwelcher konkreten Werte wird nicht möglich sein, bevor die Ausführungsplanung vorliegt. Wenn die Ausführungsplanung unseren Vorstellungen nicht entspricht, haben wir die Möglichkeit, das Haus nicht zu bauen oder uns für einen anderen Entwurf zu entscheiden. Bei den anderen Entwürfen liegen allerdings ebenfalls keine Ausführungsplanungen vor.

      Das ist natürlich misslich, hat aber andere Vorteile:

      – Große Auswahl zu kleinen Preisen: Wir wollten möglichst viele Büros beteiligen, um eine große Auswahl zu haben. Bei Preisgeldern von 88.000 Euro und 25 Teilnehmern lag die durchschnittliche Preisgelderwartung pro Entwürf bei 3.520 Euro. Für Entwürfe mit Ausführungsplanung hätten wir deutlich mehr Geld zahlen müssen.

      – Schnelle Juryentscheidung noch vor der Genossenschaftsversammlung: Wir wollten das Ergebnis vor der Versammlung haben, damit dort auf einer besseren Grundlage über das Projekt diskutiert werden kann.

      Ob die Architekten ihr Ziel erreichen, können wir jetzt noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen. Uns macht aber Hoffnung, dass die Architekten ein ähnliches technisches Konzept bei der Heinrich-Böll-Stiftung bereits verwirklicht haben: http://www.boell.de/de/navigation/neubau-3615.html

      Ich freue mich, dass Sie sich an dem Gebäude beteiligen wollen, nachdem Sie belastbare Zahlen zum Energiekonzept gesehen haben. Wir werden weiter kontinuierlich über die Arbeit der Architekten berichten und insbesondere natürlich, sobald es Neuigkeiten in dieser Sache gibt.

      • Sehr geehrter Herr Heiser,
        na ja, auch mit einem Vorentwurf kann man eine (vorläufige) Energiebilanz eines Gebäudes erstellen. Diese kann die einfachsten Fehler aufzeigen und sie kann bei der Entscheidungsfindung helfen. Mindestens den Siegerentwurf sollte man auf diese Weise evaluieren und überprüfen. Was mich irritiert sind diese blumigen Formulierungen wie ‘natürliche Lüftung mir Wärmerückgewinnung’. Aber wenn Sie das Gebäude der Heinrich Böll Stiftung gesehen und gefühlt haben will ich nichts gesagt haben. Problematisch finde ich allerdings neben den fehlenden Zahlen die großen Glasflächen, vor denen ich keine ausreichende Verschattung erkennen kann. Ob Sie damit im Sommer glücklich sein werden? Bitte stellen Sie solche Fragen im eigenen Interesse. mfg B. Kaufmann

        • Laut der vorläufigen Energiebilanz soll das Gebäude die Energie, die es verbraucht, durch die Solarzellen auf dem Dach selbst zu produzieren (wenn auch nicht immer zu dem Zeitpunkt, zu dem die Energie verbraucht wird, aber übers Jahr gesehen). Im Winter entspricht das Treppenhaus dem Zuluftkanal, der Frischluft von unten in die verschiedenen Geschosse fördert. Entlang der zentralen Steigzonen befinden sich zudem zwei natürliche Abluftkamine, welche die Abluft über Dach führen. Durch die thermische Fluiddynamik (Kamineffekt) wird so eine zentrale natürliche Grundlüftung ermöglicht. Die Wärmerückgewinnung erfolgt dabei mittels eines Kreislauf-Verbundsystems (KVS). Außerdem wird die Abwärme der Server genutzt.

          Das Veranstaltungsgeschoss der Heinrich-Böll-Stifung ist vollverglast und wir haben dort jährlich im Sommer die Jahresversammlung der taz-Genossenschaft mit 300 bis 400 Teilnehmern …

          Sie hatten ursprünglich nach den Zahlen gefragt, weil Sie diese für Ihre Entscheidung brauchten, ob Sie uns Geld für den Neubau leihen möchten. Dies ist inzwischen nicht mehr möglich, da die erforderliche Summe erreicht wurde.

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