vonhausblog 01.07.2024

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Finanzminister Christian Lindner hat dem Internetportal „Nius“ unter dem ehemaligen Bild-Chef Julian Reichelt ein Interview gegeben. Wegen des besonderen politisch-publizistischen Charakters von Nius wurde Lindner daraufhin in den sozialen Medien harsch kritisiert. Lindner reagierte auf „X“ (Ex-Twitter) mit einem Bezug auf das Interview, das er kürzlich der taz gegeben hatte:

Die Pluralität der Medienlandschaft ist ein hohes Gut. Neulich habe ich mit der @tazgezwitscher gesprochen, heute mit @drumheadberlin . Themen: Haushalt, Steuern, Energie, Migration. CL.“

Die Chefredaktion hat Christian Lindner deshalb am Montag einen Brief geschrieben. Wir dokumentieren den Brief nachfolgend im Wortlaut:


Berlin, 01. Juli 2024

Sehr geehrter Herr Lindner,

mit einer Mischung aus Irritation und Ratlosigkeit haben wir wahrgenommen, wie Sie die taz in einem Beitrag auf X anführen, um Ihr Interview mit der Online-Schleuder Nius zu rechtfertigen: In der von Ihnen benannten „Medienlandschaft“ markieren Sie die taz und Nius demnach als zwar entfernte, aber vergleichbare Orte.

Bei Nius handelt es sich um eine unappetitliche, rechtslastige Website. Sie ist das Spielzeug eines von seinem Eishockeyclub offenkundig gelangweilten Milliardärs, der ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Springer-Verlags um sich versammelt hat, die dort nicht mehr satisfaktionsfähig waren. Der Chef von Nius zählt zu den Qualifikationsmerkmalen seiner Leute aktuell das tägliche Duschen und lässt auf der Plattform ansonsten Ressentiments und Gehässigkeit auch gegen Ihre Kabinettskolleginnen und -kollegen auswalzen und verbreiten. Wenn Sie inmitten einer Koalitionskrise beschließen, mit einer solchen Website zu sprechen, mag das Rückschlüsse auf neue Wähler- und Wählerinnenschichten zulassen, die Sie womöglich im Blick haben. Zur Begründung des Interviews allerdings „Pluralität“, also die Pressefreiheit zu bemühen, die unsere Demokratie von Autokratien und Diktaturen so essentiell unterscheidet, schmerzt unbeteiligte Zuschauerinnen wie uns.

Wie Sie in diesem Zusammenhang indes auf die taz zu sprechen kommen, ist uns vollständig schleierhaft. Wir möchten höflich darauf hinweisen, dass die taz – im Gegensatz zu Nius – ein journalistisches Medium ist, das nach presseethischen Grundsätzen arbeitet.

Mit besten Grüßen aus der Friedrichstraße,

Barbara Junge und Ulrike Winkelmann,
Chefredakteurinnen


Hier der Scan des an den Bundesminister der Finanzen verschickten Briefs:

 

 

Und ein Screenshot des Tweets:


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