Wie diskutieren in Zeiten von Kriegen, Krisen und der Klimakatastrophe? „Was geht?“, wollte die taz wissen. Und setzte mit dem Motto „Zukunft und Zuversicht“ ein Zeichen gegen Hoffnungslosigkeit und Resignation: In über 70 Veranstaltungen begrüßten die Moderator:innen der taz eine Vielzahl prominenter Gäste, die teils auch im Berliner taz-Haus anwesend waren. Robert Habeck, Luisa Neubauer, Stella Assange, Saskia Esken, Maja Göpel, Katja Kipping, Igor Levit, Claudia Major, Carlo Masala, Ulrike Herrmann, Boris Palmer, Gilda Sahebi und viele weitere Gäste waren eingeladen, um digital und vor Ort zu diskutieren.
Klimakrise, Realpolitik und systemische Schwierigkeiten, den Klimawandel zu bekämpfen war ein Schwerpunkt in den Slots:
Gehen Wachstum und Klima zusammen, gibt es einen grünen Kapitalismus? taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann fragte in der Auftaktveranstaltung den Journalisten Hannes Koch und Ulrike Herrmann, Wirtschaftskorrespondentin der taz: Ja, findet Koch, nein, sagt Herrmann: „Wir brauchen einen Plan B, deswegen appelliere ich daran, zumindest über grünes Schrumpfen nachzudenken.“
Zwischen Klimawandel, Krieg und Realpolitik
„Eine Stunde Zukunft“: Wirtschaftsminister Robert Habeck (B’90/Grüne) sprach mit taz-Chefreporter Peter Unfried über Lösungsansätze, Blockaden und Akteur*innen zwischen Klimawandel, Krieg und Realpolitik: „Wenn der Preis für Wiedergewähltwerden Nichtstun ist, kommen wir nicht weiter“, konstatiert Habeck.
„Bis heute müssen wir das Gefühl haben, dass der Kanzler im Kern grundfossil ist und an Klimaschutz eigentlich kein echtes Interesse hat“, beklagt FFF-Aktivistin Luisa Neubauer. Wie aber gehen Freiheit und in Zeiten der Klimakrise notwendige Beschränkungen miteinander einher? „Freiheit ist nicht die absolute Abwesenheit jeglicher Abhängigkeiten voneinander, sondern die Akzeptanz davon, dass wir in gewissen Abhängigkeiten leben.“ Schließlich: Merz oder Habeck? „Wir sind nicht in der Situation, wählerisch zu sein“, meint Neubauer.
„Ich bin immer noch Mitglied, das möchte ich betonen“, schmunzelt Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen und Reizfigur mit derzeit ruhender grüner Parteimitgliedschaft. Die große Provokation blieb in Palmers Talk aus. Er gibt zu bedenken: „Wer das Klima schützen will geht i.d.R. an die Uni und nicht in die Handwerksausbildung. Das wäre aber im Moment die wichtigere Entscheidung. Man braucht jetzt Leute, die das, was wir politisch entschieden haben, in materielle Wirklichkeit umsetzen.“
Liebe in Berlin, Hobbits und strahlender Sonnenschein
Auch der Krieg in der Ukraine und die Debatte um Pazifismus und deutsche Waffenlieferungen bleiben Thema. Claudia Major, Politikwissenschaftlerin und Expertin für Sicherheitspolitik formulierte eindeutig: „Zu glauben, die Ukrainer hätten die Wahl zwischen Krieg und Frieden, ist eine sehr unzureichende Annahme.“
Neben allen schwerwiegenden Fragen ging es in den vielen Talks jedoch auch um Liebe in Berlin, um Bücher und warum sie wunderbar sein können, sogar um Hobbits und ihre Bedeutung für den Kapitalismus. Bei strahlendem Sonnenschein versammelten sich etliche Besucher*innen beim großen Kiezfest mit zahlreichen Ständen, Workshops und einer Spielstraße im Besselpark neben dem taz-Gebäude in der Berliner Friedrichstraße 21, zum gemeinschaftlichem Public Viewing und auch zum analogen Diskutieren mit vielen Gästen vor Ort.
Das taz lab 2023, der große Kongress der taz ging mit regem Publikumsinteresse zu Ende: Mehr als 3500 Zuschauer*innen bislang hatten sich online zugeschaltet, rund 1500 Besucher*innen begrüßte die taz vor Ort.
taz lab Talks ein Jahr lang im Stream
„Das Experiment, ein taz lab als hybride Veranstaltung auszurichten, ist geglückt“, sagt taz lab Kurator Jan Feddersen. „Sowohl die Podien und Panels in Präsenz rund ums taz Haus wie auch die inhaltlichen Angebote im puren digitalen Stream wurden so gut angenommen wie nie. Das taz lab, der Think Tank der taz seit 2009, wird mehr denn je auch von jungen Menschen genutzt: Die meisten Moderationen absolvierten die U30-Kolleginnen der taz, die Besucherinnen, zumal jene, die bis weit nach Mitternacht blieben, machten das taz lab zu einem jungen Happening.“
Highlights aus dem Programm sind auf taz.de/tazlab abrufbar. Der Zugang zu allen Streams ist hier, alle Talks sind für die Dauer eines Jahres abrufbar. Das nächste taz lab findet voraussichtlich am 27. April 2024 statt.
Liebes Taz-lab-Orga-Team,
ich war am Samstag bei Euch auf dem tazlab und fand es ganz großartig. Es hat mir gut gefallen, die Stimmung, die Interview-Partner:innen, die Moderator:innen. Ich hab mir viel angehört und war/bin ganz inspiriert von den vielen Menschen und Themen. Auch das Schlendern auf dem Markt und die Versorgung mit Speis und Trank, alles prima.
Einen Wunsch hätte ich für das nächste tazlab: Das Format “Mainstream” fand ich nicht so gelungen. Zunächst fand ich es einfach nur schade, dass man die klugen und interessanten Menschen, mit denen die Gespräche und Diskussionen geführt wurden, nicht richtig erleben konnte. Aber auch umgekehrt kam die Stimmung im Publikum, kleine Lacher oder lautes Lachen oder Volksgemurmel und Unruhe auch nicht beim Podium an. Und das fand ich schade.
Herzliche Grüße und ein dickes Dankeschön an das Orga-Team !!!
Barbara